Die bunte Pracht war von kurzer Dauer. Nur wenige Tage lang zeigte sich das Feld weiss-pink und mit dem Abfallen der Blütenblätter kamen nach und nach die festen, grünen Samenkapseln zu Vorschein. Diese bergen die Samen, aus denen in den nächsten Monaten Öl gewonnen wird. Für Michael Frauenfelder vom Wylandhof im zürcherischen Henggart ist es das dritte Jahr, dass er Ölmohn anbaut. «Die Idee dazu kam mir, als die Trinkwasser-Initiative die Frage nach mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft aufwarf», erzählt der Landwirt. Bis anhin hatte er Raps angebaut, diese benötigt jedoch viel Pflanzenschutzmassnahmen. «Beim Mohn reichen dagegen ein Herbiziddurchgang oder mehrere Hackdurchgänge. Zudem gibt es kaum Schädlinge.» Was Frauenfelder ebenfalls dazu bewog, sich an die ihm bis anhin unbekannte Ackerbaukultur zu wagen, war seine Vorliebe für Mohngebäck. 

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Die Ernte erfolgt Anfang August

Der Zürcher bezieht das passende Saatgut aus Österreich, wo der Mohn in der Küche eine lange Tradition hat. Seine Wahl fiel auf Blaumohn, der für Speisezwecke kultiviert wurde. Die Samen sind sehr fein, benötigt werden lediglich 800 g/ha. Die Ansaat erfolgt im März unter Einsatz einer Gemüsesämaschine. Die einjährige Kultur kommt mit einer Düngegabe von 60 kg N/ha aus. Da es nur wenige zugelassene Pflanzenschutzmittel gibt, ist auch Handarbeit gefragt. Dass sich auch Klatschmohn und Kamille sichtbar zwischen die Reihen mischen, stört nicht gross. Nach der Blütezeit, welche dieses Jahr auf Ende Juni fiel, lässt man die Samenkapseln austrocknen. 

Schliesslich wird der Mohn Anfang August gedroschen. Letztes Jahr betrugt die Ernte 1,2 Tonnen Samen. Beim Verlesen, das sich aufwendiger ­gestaltet als bei Raps und Sonnenblumen, hilft ein Saatgutproduzent aus der Region. «Um Bäckerqualität erlangen, müssen die Samen zu 100 Prozent rein sein», sagt Michael Frauenfelder. Er fand einen kleinen Mühlenbetrieb im thurgauischen Hüttwilen, welcher die Ernte in einem Kaltverfahren zu Öl presst. Dieses füllt die Familie Frauenfelder in Flaschen zu 100 und 250 ml ab.

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Das Öl ist noch kaum bekannt

«Die grösste Herausforderung ist die Vermarktung», sagt Michael Frauenfelder. Zwar war der Anbau von Mohn in der Schweiz bis zum Zweiten Weltkrieg weit verbreitet, bis er von ertragreicheren Kulturen verdrängt wurde. Nicht verwunderlich, dass das Öl hierzulande kaum bekannt ist. «Seine Verwendung muss man den Konsumenten zuerst erklären», so der Landwirt. Mohnöl hat einen nussigen, leicht süsslichen Geschmack. Es eignet sich für die kalte Küche, beispielsweise für den Salat. Auch für Desserts kann es eingesetzt werden. Ein Geheimtipp ist es, Tropfen davon mit Vanilleglace zu kombinieren, verrät Frauenfelder. Wird das Öl allerdings erhitzt, verliert es sein feines Aroma. 

Die Vermarktung des Mohnöls läuft hauptsächlich über den eigenen Hofladen. Auch einige Restaurants zählen zu den Kunden. Geplant ist weiter, regionale Läden für den Verkauf zu gewinnen. Ausserdem denkt Frauenfelder an Bäckereien, welche an den Mohnsamen als regionale Zutat interessiert sein könnten. Zwar ist Mohn punkto Pflanzenschutz weniger anspruchsvoll als etwa Rapsöl. Doch das Aufwendige daran ist die Weiterverarbeitung, was es teurer macht. Daher sieht es Frauenfelder realistisch: «Mohnprodukte werden wohl kaum mehr als eine Nische bleiben.» 

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Bewährte Standbeine reduzieren Risiko

Frauenfelders gehen zwar mit dem Mohnanbau ein gewisses Risiko ein. Dieses bleibt jedoch verhältnismässig klein und kann durch die anderen Standbeine abgedeckt werden. Zum Betrieb gehört etwa ein Rebberg von 230 Aren zur Produktion von lokalem AOC-Wein sowie weitere 240 Aren Grünspargel. Weitere Hauptkulturen sind Weizen, Urdinkel, Zuckerrüben, Chicorée, Körnermais und Sonnenblumen. Zwischendurch pflanzen sie zudem verschiedenerlei Gemüse an, um das Sortiment im Hofladen zu ergänzen. Dazu kommen Eier von den eigenen Hennen, selbst gemachte Konfitüren sowie Gemüse von einem Bioproduzenten aus der Region. 

«Neues auszuprobieren passt zu unserem Betrieb», sagt Michael Frauenfelder, der derzeit am Strickhof die Meisterlandwirtschule absolviert. Dies hat er auch etwa gezeigt, indem er vor zwei Jahren begann, Lupinen für das vegane Joghurt «Lupighurt» anzubauen, welches von einem befreundeten Käser aus dem Kanton St. Gallen entwickelt wurde.

Weitere Informationen: www.wylandhof.ch

Wertvolles Speiseöl
Mohn (Papaver somniferum L.), auch als Öl- oder Schlafmohn bekannt, ist eine uralte Kulturpflanze. Ursprünglich enthält sie Stoffe, aus denen Opium gewonnen werden kann. Beim Mohn, der hierzulande angebaut wird, handelt es sich um morphinarme Sorten. Wie beim Hanf gilt es, das Betäubungsmittelgesetz zu beachten.Interessant ist der Mohn vor allem für Speisezwecke, da sich daraus ein wertvolles Öl pressen lässt. Dieses verfügt über einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren (70 bis 75 % Linolsäure), Vitamine B1 und E, Mineralstoffe sowie Spurenelemente. Die Mohnsamen können auch für Backwaren verwendet werden. Weiter lässt sich Mohnöl in Medizinalprodukten und Kosmetika einsetzen.
Beim Klatschmohn dagegen handelt es sich um eine wild wachsende Pflanze, die häufig auf Feldern und an Wegrändern anzutreffen ist.