In wenigen Wochen hat Linus Rüegg aus dem zürcherischen Dällikon seine dreijährige Lehre als Gemüsegärtner abgeschlossen. Seine Ausbildung absolvierte der bald 19-Jährige auf dem Betrieb Hubergemüse bei Reto Huber in Sünikon ZH. Auf insgesamt 140 Hektaren produziert der Betrieb Lager- und Frischgemüse im Freilandanbau. Trotz bestandener Lehrabschlussprüfung hat Rüegg aber noch lange nicht ausgelernt. «Das Berufsfeld mit seinen zahlreichen Kulturen ist so breit, da hat man nie fertig gelernt», erklärt er.
Er will aufs Podest
Anfang September nimmt Linus Rüegg an den Swiss Skills teil, zusammen mit zehn anderen jungen Gemüsegärtnerinnen und -gärtnern. Nervös ist er deshalb nicht: «Ich bereite mich auch nicht wirklich auf den Wettkampf vor. Was ich weiss, das weiss ich, und was nicht, halt nicht», sagt er selbstbewusst. Für den Zürcher steht weniger der Wettbewerb, sondern vielmehr das Zusammensein mit seinen Berufskollegen im Vordergrund. Unter die Top Drei zu kommen, fände er aber trotzdem schön, verrät Rüegg.
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Mit dem Beruf Gemüsegärtner in Kontakt kam der Zürcher schon früh. Bereits in seiner Kindheit half er auf dem Gemüsebetrieb Gebrüder Meier seiner beiden Onkel mit. «Damals aber noch zur Sackgeldaufbesserung und nicht aus Interesse an der Arbeit», erzählt er. Beim Schnuppern für die Lehrstelle machte der Gemüsegärtnerberuf dann aber doch das Rennen. «So richtig entfacht ist die Leidenschaft dann aber erst nach einigen Wochen Arbeiten auf dem Lehrbetrieb», berichtet er.
«Ich will gefordert werden»
Heute gefällt ihm besonders die Abwechslung im Beruf. «Weil man vom Wetter abhängig ist, lässt sich nicht weit vorausplanen», erklärt Rüegg, der gerne draussen arbeitet – auch wenn er zugibt: «Manchmal, wenn es nur regnet, stelle ich mir auch vor, wie es wäre, drinnen im Büro zu arbeiten.» Monotone Arbeiten wie Rüsten oder Abpacken liegen dem Zürcher weniger. Lieber beschäftigt er sich mit dem Anbau der Kulturen. «Ich mag Arbeiten, bei denen ich gefordert werde und mitdenken muss.»
Am Beruf fasziniert ihn die Vielfalt im Gemüseanbau. «Jeder Betrieb hat seine eigene Strategie», erklärt er. Motivierend sei zudem die Wertschätzung seines Chefs gegenüber seiner Arbeit. «Wenn am Wochenende Hilfe benötigt wird, helfe ich gerne, weil ich weiss, dass meine Arbeit estimiert wird. Man sieht zudem direkt, was man geleistet hat», sagt er. Auch das persönliche Miteinander in der eher kleinen Gemüsebranche gefällt ihm: «Man kennt sich untereinander.»
Vom Wetter unabhängig
Ein Lieblingsgemüse hat Linus Rüegg auch – und zwar die Tomate. «Obwohl ich sie gar nicht esse», sagt er und lacht. «Es ist einfach eine schöne Pflanze mit ihren grünen Blättern und den roten Früchten, da würde man am liebsten hineinbeissen.» Weil auf seinem Lehrbetrieb ausschliesslich Freilandgemüse angebaut wird, arbeitete Rüegg zur Ergänzung zwischendurch im Gewächshaus seiner Onkel mit. Die Unabhängigkeit vom Wetter schätzt er dort besonders. «Bei den Rüebli mussten wir in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit mehrmals säen, weil sie vertrocknet sind», berichtet er. Im Gewächshaus hingegen sei man meist selbst dafür verantwortlich, wenn etwas nicht wachse. «Gibt man sich Mühe, wird man dafür auch belohnt.»
Was nach der Lehre?
Nach der Lehre wird Linus Rüegg die Berufsmaturität absolvieren. Studieren möchte er danach aber nicht. «Ich will einfach mein Allgemeinwissen erweitern», erklärt er. Anschliessend folgt der Militärdienst. Eingeteilt ist der Zürcher bei den Lastwagenfahrern. «Den Lastwagenführerschein zu haben, schadet als Gemüsegärtner sicher auch nicht», sagt er. Wo es den 18-Jährigen danach hinzieht, weiss er noch nicht. «Meine Onkel sagen, ich solle nicht direkt im Anschluss auf den Betrieb zurückkehren und anderswo noch Erfahrungen sammeln. Aber das sehen wir dann. Ich lasse es auf mich zukommen», sagt er.
Auf Beruf aufmerksam machen
Neben dem persönlichen Erlebnis möchte Linus Rüegg an den Swiss Skills vor allem auf seinen Beruf aufmerksam machen. «Es gibt aktuell nur wenige, die den Beruf erlernen», erklärt er. Dabei nehmen die Herausforderungen im Anbau durch immer neu auftretende Schädlinge, Resistenzbildungen und strenger werdende Produktionsanforderungen stetig zu. «Der Schutz und die Pflege der Kulturen werden dadurch immer zeitintensiver», erklärt er. Umso wichtiger findet es Rüegg, dass die Branche wächst. «Gerade bei solchen Herausforderungen ist der Austausch unter Berufskollegen umso wichtiger – und je mehr Leute in der Branche tätig sind, desto besser», erklärt er.
Auch in der Bevölkerung wünscht sich der Lernende ein grösseres Bewusstsein gegenüber der Gemüseproduktion. «Viele kaufen das Gemüse im Supermarkt, aber wissen nicht, woher es kommt. Dabei sind Lebensmittel die Lebensgrundlage.» Weil der Beruf Gemüsegärtner zudem nicht so bekannt ist, werde ein Traktor auf dem Feld auch meist mit dem Beruf des Landwirts verbunden – und nicht mit dem Gemüsegärtner. «Vielleicht würde ein Schulfach zur Lebensmittelproduktion für die Sensibilisierung helfen», überlegt Rüegg.