Ademir Calegari lässt keinen Zweifel daran, dass Gründüngungen (GD) für ihn in jedes Anbausystem gehören. Er kann stundenlang Beispiele aus aller Welt beschreiben, in denen GD Verbesserungen brachten. Aber: «Vielfalt ist das Wort», betonte der brasilianische Bodenforscher an einer Fachtagung des Inforamas Rütti und des LBBZ Schluechthof in Zollikofen BE. Denn jede Art – und auch jede Sorte – bringe ihre Charakteristiken in die Mischung und setze ein einzigartiges Muster an Wurzelexsudaten frei. Das wiederum erhöhe die Vielfalt der Mikroorganismen im Boden, die via Exsudate ernährt werden. Die Bodengesundheit sei ein Zusammenspiel aus physikalischen, chemischen und biologischen Faktoren. Entsprechend dienten eine Beurteilung der Struktur (Verdichtung), des Nährstoffgleichgewichts (Verhältnisse), die Menge organischer Substanz, Regenwürmer und Mykorrhiza als Indikatoren im Feld.[IMG 4]
Eigene Ziele kennen
«Kreuzblütler in den GD holen tiefer liegende Nährstoffe an die Oberfläche», fuhr Ademir Calegari fort. Mindestens vier Arten sollten es sein, sagte er – und berichtete von «fantastischen» Resultaten mit 16 Mischungspartnern. «Eine GD kann verschiedenen Zwecken dienen», gab Raphaël Charles vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zu bedenken. Beispiele dafür seien Bodenbedeckung, Mineralstoffrecycling, Stickstofffixierung oder Beweidung. Für die richtige Zusammenstellung der Sorten und die passende Anbautechnik solle man sich über die eigenen Ziele im Klaren sein und auch den Standort berücksichtigen. Der Vorteil von Mischungen gegenüber Reinsaaten steht für Charles fest: «Das sollte einfach nicht mehr infrage gestellt werden.»
Nur mit GD allein sei es aber nicht getan, fuhr der FiBL-Forscher fort. Ennet dem Röstigraben werde vermehrt mit dem Verhältnis Ton zu Humus als Index gearbeitet. «Für ein gesundes Ton-Humus-Verhältnis braucht es Zeit und vielleicht Hofdünger, Kompost oder Kunstwiesen mit Leguminosen in der Fruchtfolge», so Raphaël Charles. Eine dreijährige Kunstwiese biete den Pflanzen die Möglichkeit, tief zu wurzeln und so auch auf viehlosen Betrieben mehr organische Substanz im Unterboden aufzubauen. Ademir Calegari misst Tieren im System grosse Bedeutung bei und empfiehlt daher das Beweiden von GD.
Auf Pflugfurche gesät
[IMG 2]«Bei der Gründüngungsmischung sollte man nicht sparen, sonst wird man im Frühling bestraft», sagte Wolfgang Sturny. Der Bodenschutzexperte von Swiss No-Till präsentierte Ergebnisse aus 25 Jahren Forschung auf dem Oberacker in Zollikofen, wo Direktsaat und Pflug verglichen werden. «Auch im Pflugsystem haben wir keine Saatbettbereitung gemacht», schilderte Sturny, «sondern mit einer Direktsaatmaschine auf die Pflugfurche gesät.» Denn auch das Verfahren mit Pflug sollte möglichst schonend sein. «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Feinheit des Saatbetts und Ertrag», versicherte der Fachmann. Allfällige Schollen würden mit der Zeit von selbst zerfallen. GD wurden auf dem Oberacker wo immer möglich in die Fruchtfolge eingebaut.
Nach 25 Jahren zeigen sich vor allem im Oberboden auf den Direktsaatflächen mehr Humus und deutlich mehr Regenwürmer als beim Pflugeinsatz. «Die Regenwurmpopulation korreliert mit der Wasserinfiltration und beides ist in diesen Direktsaatböden mit benachbarten Wiesen vergleichbar», so Wolfgang Sturny. Ausserdem habe man zehn Mykorrhiza-Arten entdeckt, die nur im Direktsaatsystem auftraten. «Das hat uns schon beeindruckt.»
Vorwurf wegen Fusarien
Mehrfach sei dem Oberacker-Team vorgeworfen worden, mit direkt gesätem Winterweizen nach Silomais Fusarien zu fördern. «Erhöhte Mykotoxinwerte traten nur auf, bis wir die Maisstoppeln zu zerkleinern begannen», erzählt Sturny. Ihm zufolge gibt es keinen agronomischen Grund, eine Fläche tief zu pflügen. Auf dem Oberacker sei jeweils 12 bis 15 cm tief gearbeitet worden, ohne einen Nachteil festzustellen. «Es ist nur schonender, braucht weniger Diesel und gibt weniger Verschleiss.»[IMG 3]
Günstige Margherita
«Tief lockern und flach wenden», das sei das Credo bei Regenerativ Schweiz, sagte Berater Simon Jöhr in der anschliessenden Podiumsdiskussion. Er sah sich an der Tagung bestätigt, was den Wert diverser Gründüngungsmischungen angeht. «Ich stelle mir vor, dass man sie wie eine Pizza bestellt», sprach ein Tagungsteilnehmer Niklaus Althaus von UFA-Samen an. «Man hat eine Grundmischung plus Extras.» Tatsächlich führe UFA 15 verschiedene Gründüngungsmischungen im Katalog und mixe etwa die doppelte Anzahl nach individuellen Bedürfnissen von Landwirten zusammen. «Das ist ein Mehraufwand und daher kann es einen Mehrpreis geben», so Althaus. Im Kanton Genf gebe es mehrere Grundmischungen, die die Landwirte je nach Fruchtfolge ergänzen könnten, bemerkte Raphael Charles. «Das grössere Volumen reduziert die Saatgutkosten.» Die günstige Margherita wird somit je nach Eignung mit Salami, Pilzen oder Peperoni belegt – um beim Bild zu bleiben.
Wenn es darum gehe, in der Schweiz die Flächen mit reduzierter Bodenbearbeitung und GD auszudehnen, brauche es vor allem das nötige Bewusstsein bei den Landwirten, findet Swiss-No-Till-Präsident Reto Minder. «Die Ausbildung ist auch wichtiges Instrument. Manchmal habe ich das Gefühl, da sind wir noch nirgends.» Böden, regenerative und konservierende Landwirtschaft, aber auch Gründüngungsmanagement – all das werde in der EFZ-Lehre künftig ausführlicher bearbeitet, stellte Lisa Casarico vom Schweizer Bauernverband (SBV) in Aussicht. Dafür soll es überarbeitete Lehrmittel geben.
Keine Branchenorganisation
Die Rolle der Politik sahen die versammelten Fachleute zwiespältig. «Es gibt Signale, bis wann eine GD gesät werden muss», gab Peter Hofer vom Amt für Landwirtschaft des Kantons Bern ein Beispiel. «Das sind politische, nicht fachliche Ansätze.» Lisa Casarico unterstrich das Anliegen des SBV, dass generell möglichst viele Landwirt(innen) von Bundesbeiträgen profitieren können sollten. «Für GD gibt es keine Branchenorganisation, nur öffentliche Gelder», bemerkte Raphaël Charles. Richtlinien für den Anbau bewertet er kritisch und hofft, dass die Verbreitung von GD weiterhin «von unten her» zunimmt, statt von oben verordnet zu werden.
«Ich stelle fest, dass mehr Getreide in stehende GD gesät wird», sagte Reto Minder. Andere Lohnunternehmer beobachteten dasselbe und das gehe auch bei nassen Bedingungen wie heuer. «Jeder Landwirt muss selbst ausprobieren – und Fehler machen. Denn das bringt einen weiter», so Minder.
Helfende Mikroorganismen
Ademir Calegari erzählte von guten Erfahrungen mit der Ausbringung von Mikroorganismen im Ausland. Mit lebenden Azospirillum-Bakterien liessen sich etwa Biomasse und Proteingehalt von Ackerkulturen steigern. Dabei handelt es sich um stickstofffixierende Mikroorganismen, die sich an Pflanzenwurzeln ansiedeln. In der Schweiz sind verschiedene Biostimulans-Produkte mit Azotobacter erhältlich, ebenfalls stickstofffixierende, aber frei im Boden lebenden Bakterien.
Calegari sprach weiter über den Einsatz von Trichoderma gegen Fusarien. Beides sind Pilzarten. Trichoderma ist Studien zufolge einer der aggressivsten Konkurrenten für Fusarium. Präparate mit Trichoderma von verschiedenen Anbietern sind ebenfalls in der Schweiz erhältlich.

