Nach langem Bangen um das noch stehende Getreide sind nun die Motoren von einigen Mähdreschern angesprungen. Schaut man die Niederschlagsmengen der letzten Wochen an, ist es nicht erstaunlich, dass die Branche heuer eine spezielle Getreidesaison ankündigt. «Die diesjährige Getreideernte wird bei der Anlieferung sicher mehr Zeit in Anspruch nehmen als in den Vorjahren», weiss Beni Knecht von der Landi Aare Genossenschaft.
Jede Lieferung analysieren
Dies, weil viele Getreidesammelstellen heuer die Mykotoxingehalte, den Feuchtigkeitsgehalt und die Fallzahlen – ein Mass für die Aktivität des stärkeabbauenden Enzyms Amylase, das die Keimprozesse in Gang setzt – nicht nur stichprobenartig erheben, sondern bei jeder Anlieferung von Brotgetreide. Die Landi Aare habe ihre Produzenten und Produzentinnen aber frühzeitig informiert und sich durch die erhöhte Analysetätigkeit möglichst gut auf die diesjährige Ernte vorbereitet, betont Beni Knecht.
Probleme können auftreten
Auch Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV), will die Getreideernte 2021 nicht schwarzmalen. Der Getreideproduzentenverband und Swiss Granum schätzen das Risiko der Mykotoxin-Belastung aktuell jedoch als mittel bis hoch ein. Pierre-Yves Perrin betont, dass es sich bisher um eine Einschätzung handle und noch keine Resultate von Analysen vorhanden seien. «Wir wissen, dass wir Probleme haben können, aber es wäre zu diesem Zeitpunkt unseriös, Zahlen zu nennen», so Perrin. Dem schliesst sich Beni Knecht von der Landi Aare an: «Es lässt sich noch keine konkrete Aussage bezüglich Mykotoxin-Belastung machen.»
Mit einer wetterbedingten Verzögerung ist die Gerstenernte nun auch im Mittelland angelaufen oder wieder aufgenommen. Pierre-Yves Perrin, Geschäftsleiter des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV), bestätigt, dass vereinzelt mit Mykotoxinen kontaminierte Ähren gesichtet worden seien. Dies sei aber auch in anderen Jahren so. «Das bedeutet aber nicht, dass die gesamte Lieferung belastet ist», so Perrin. «Daher kann es gut sein, dass die Qualität grösstenteils dennoch gut ist und es nur punktuelle Kontaminationen gibt», merkt der SGPV-Geschäftsführer an.
Deklassierung als Option
Die Sammelstellen seien bereit und die Produzenten wurden über die erhöhte Analysetätigkeit informiert und entsprechend sensibilisiert, bekräftigt Pierre-Yves Perrin. Weist die Lieferung des Brotgetreides eine Mykotoxin-Belastung über 1,25 ppm (parts per million) auf, wird die Ware entweder über den Futtergetreidesektor vermarktet oder bei Werten über 5 ppm entsorgt.
Die Annahme, dass der Zeitdruck bei der Getreideernteaufgrund der vorangegangenen Schlechtwetterphase dieses Jahr noch stärker ist, bestätigt Beni Knecht: «Da sich die Gerstenernte in der Region Bern beispielsweise um rund zwei Wochenverzögert hat, wird die Konzentration innerhalb der Schönwetterfenster sicher steigen», so Knecht. «Jetzt muss teilweise der Weizen, Raps und Gerste gleichzeitig geerntet werden», so Beni Knecht. Aber dass die Raps- und Getreidesammelstellen in der Annahme-Hochsaison praktisch rund um die Uhr Betrieb haben, sei aber nicht abnormal, sagt Beni Knecht. «Es ist die Nässe der vergangenen Wochen, welche die Saison speziell macht».
Schlechtes Wetter kommt
In der Westschweiz ist die Getreideernte vielerorts bereits fortgeschritten und die ersten Posten werden analysiert. Doch die bevorstehende Schlechtwetterphase am kommenden Wochenende wird wohl auch diesen Produzenten und Annahmestellen Sorge bereiten, da dies den Auswuchs und dasBefallsrisiko erneut negativ beeinflussten könnte, wie einige Getreidesammelstellen vermuten.