Sobald Regen fällt, sucht sich das Wasser seinen Weg. Im besten Fall sickert es an Ort und Stelle in den Boden ein. Im schlechtesten Fall, und ab einer Hangneigung von rund 2 Prozent, fliesst es oberflächlich von der Parzelle ab.

Im Gewässer gemessen

Dabei können im Wasser gelöste Pflanzenschutzmittelwirkstoffe (PSM) oder Bodenteilchen, an denen PSM gebunden sind, abgeschwemmt, aus der Parzelle in ein Gewässer transportiert und im Rahmen der Gewässerüberwachung gemessen werden. Bei zu hohen Konzentrationen und gehäuftem Auftreten kann dies schliesslich zu neuen Anwendungsauflagen oder Einschränkungen beim Einsatz solcher PSM führen. Das LZ Liebegg mahnt daher, die Vorschriften im Bereich Abschwemmung entsprechend umzusetzen, auch wenn es bis 2027 noch keine Sanktionen bei Nichteinhaltung geben wird. Über die Gewässerüberwachung ist nämlich eine indirekte Kontrolle sichergestellt. «Jeder Eintrag von PSM in Gewässer muss verhindert werden, damit Mittel erhalten bleiben», sagt Andreas Distel, Leiter Pflanzenschutzdienst und Feldbau an der Liebegg.

Wie bei der Abdrift sind die Vorschriften gegen Abschwemmung zweigeteilt:

Über den ÖLN geregelt ist und gilt für alle PSM: Ein Abschwemmungspunkt ist bei jeder PSM-Behandlung umzusetzen, wenn die Parzelle mehr als 2 Prozent Neigung in Richtung einer entwässerten Strasse/Weg oder Oberflächengewässer aufweist und dazu an die Strasse/Weg oder Oberflächengewässer grenzt.

«Eine Strasse oder ein Weg gelten als entwässert, wenn abfliessendes Wasser über einen Schacht direkt in ein Oberflächengewässer oder via ARA (und dann in ein Oberflächengewässer) abgeleitet wird», hält Andi Distel fest. Es spiele dann auch keine Rolle, wie weit der Schacht vom Feld entfernt liege.

Eine Strasse oder ein Weg gilt dann als nicht entwässert, wenn die Entwässerung «über die Schulter» stattfindet, also das Wasser oberflächlich versickert oder via Schacht abgeleitet und oberflächlich woanders auf einer bewachsenen Fläche in den Boden einsickert. In solch einem Fall muss kein Abschwemmungspunkt umgesetzt werden. «Der Bewirtschafter muss aber immer den Nachweis erbringen, ob und wo der Entwässerungsschacht versickert beziehungsweise das Wasser abgeleitet wird», betont Distel.

Über die Zulassung geregelt ist: Einzelne PSM haben zulassungsbedingte Punkteauflagen (1–4 Punkte, sogenannte SPe3-Auflagen), die nur gegenüber Oberflächengewässern (nicht Strassen oder Wegen) gelten. Die Punkte müssen für alle Parzellen bis in eine Entfernung von 100 m zum Gewässer umgesetzt werden, auch wenn die Parzelle nicht direkt an das Oberflächengewässer angrenzend ist. Dies aber nur, wenn die Parzelle eine Neigung in Richtung des Gewässers von mehr als 2 Prozent aufweist. Über die PSM-spezifischen Spe3-Auflagen gibt z. B. die Etikette Auskunft.

Es können bei einer Parzelle zwei Seiten von Auflagen betroffen sein, wenn sie z. B. zwischen einer entwässerten Strasse und einem Bach liegt und jeweils mehr als 2 Prozent zu diesen Seiten abfällt.

Es gibt online verfügbares Kartenmaterial (Neigungskarten, Fliesswegkarten usw.) dafür, besser beurteilen zu können, ob eine Parzelle von Abschwemmung betroffen sein könnte (siehe hier).

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Punkte von der anderen Parzelle

Liegt eine Parzelle X näher als 100 Meter an einem Gewässer und hat eine entsprechende Neigung, und eine andere Parzelle Y liegt zwischen Gewässer und der zu behandelnden Parzelle X, darf man auf Parzelle X die bereits umgesetzten Massnahmen gegen Abschwemmung anrechnen. Erfolgt also z. B. auf dem ufernäheren Feld (Parzelle Y) eine Direktsaat, die drei Abschwemmungspunkte gibt, gelten diese Punkte auch für die Parzelle X. «Vorausgesetzt, die Parzellen sind vergleichbar in der Grösse bzw. die ufernahe Parzelle Y ist nicht viel kleiner als Parzelle X», beschreibt Distel.

Um Abschwemmung zu reduzieren bzw. zu verhindern, stehen verschiedene Massnahmen zur Verfügung:

  • Pufferstreifen (Grünland): Muss zum Zeitpunkt der PSM-Anwendung auf der Parzelle durchgehend bewachsen und etabliert sein. Punkte je nach Breite des Streifens (6 m = 1 Punkt, 10 m = 2 Punkte oder 20 m= 3 Punkte). Maximal 6 m können zur Kultur angerechnet werden. Mulchen der Pufferstreifen ist erlaubt.
  • Pfluglose Bodenbearbeitung: Streifen(fräs)-, Mulchsaaten (2 Punkte) und Direktsaat (3 Punkte).
  • Massnahmen innerhalb der Parzelle: Müssen auf der ganzen Fläche umgesetzt werden. Z. B. begrünte Fahrgassen, Begrünung des Vorgewendes, Querdämme in Dammkulturen oder Untersaaten. Alle geben 1 Punkt.
  • Reduktion der behandelten Fläche: Teilflächen- oder Einzelpflanzenbehandlung (Letzteres mit Kameraerkennung) bis 3 Punkte, Bandspritzung = 1 Punkt.

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Vorsicht ÖLN-Pufferstreifen

Bei den Abschwemmungs-Pufferstreifen zählt nur die effektiv bewachsene Fläche (ohne Strassen oder Wege), da PSM in abfliessendem Wasser nur davon wirkungsvoll aufgehalten werden. Es können auch BFF-Elemente wie z. B. Brachen (ausser Ackerschonstreifen) als Pufferstreifen angelegt werden. Auch als Pufferstreifen gelten Hecken-, Feld- und Ufergehölze oder Wald, die man anrechnen lassen kann. «Achtung: Die im ÖLN geltenden 3 m Pufferstreifen gegenüber Hecken, Feld- und Ufergehölzen sowie Wald bleiben bestehen und müssen selbstverständlich weiterhin eingehalten werden», ergänzt Andi Distel.

2025 sind Pufferstreifen aller Art sowie die Vorschriften zu Abdrift und Abschwemmung als Themen für risikobasierte Kontrollen auf den Betrieben vorgesehen.

Infos und Merkblätter zu Abdrift, Abschwemmung und Pufferstreifen

Wie vorgehen?

Die komplexen Vorschriften gegen Abschwemmung sind schwer verdauliche Kost. Trotzdem, «jegliche Abschwemmung muss vermieden werden, damit man die PSM-Wirkstoffe in den Gewässern nicht mehr findet», betont Liebegg-Fachmann Andreas Distel. Das sei das oberste Ziel.

Viele Situationen seien klar, und dort gelte es Massnahmen sofort umzusetzen. «Da muss man nicht diskutieren», findet Distel.

Gesunder Menschenverstand
Natürlich gebe es aber auch schwieriger zu beurteilende Fälle. Dort gelte es nach gesundem Menschenverstand zu handeln: Überlegen, ob Abschwemmung stattfinden kann, und wenn ja, dann auch Massnahmen ergreifen. Die kantonalen Pflanzenschutzdienste helfen bei der Umsetzung, wenn Fragen bestehen. «Es gilt eigenverantwortlich zu handeln», appelliert der Fachmann, «die Bewirtschafter kennen ihre Parzellen am besten.»

«Das Schöne daran»
Was jeweils die am einfachsten umzusetzende Massnahme wäre, unterscheidet sich je nach Situation. Zur Auswahl stehe aber ein grosser Strauss an Möglichkeiten, gibt Andreas Distel zu bedenken. «Die Betriebe, die pfluglos arbeiten, sind sicher aus dem Schneider, weil das mindestens 2 Abschwemmungspunkte gibt – Direktsaat sogar 3.» Grundsätzlich ist es an den Bewirtschaftenden, die Massnahme zu wählen, die für sie und ihren Betrieb passt. «Das ist ja auch das Schöne daran», findet der Aargauer. Schliesslich werde seitens Landwirtschaft Eigenverantwortung gefordert, und in diesem Bereich komme sie auch in weiten Teilen zum Tragen. «Aber alle sitzen im selben Boot, und das muss sich die Landwirtschaft bewusst sein: Es geht nur, wenn alle entsprechend mitziehen.»