Gran Alpin garantiert den Bauern die Abnahme ihres  am Berg produzierten Getreides zu guten Preisen. Dabei darf nicht am Markt vorbeiproduziert werden. Der Abnehmer für Rollgerste ist Coop. «Uns wird wahrscheinlich die Speisegerste ausgehen, dann haben wir bis zur nächsten Ernte keine mehr», bedauert Maria Egenolf. Fehlt Bündner Rollgerste im Regal, ist das nicht nur ein Umsatzverlust für Gran Alpin, sondern die Konsumenten könnten sich an Alternativen gewöhnen.

Bessere Sortenplanung

Auch der Bedarf an Braugerste steigt von Jahr zu Jahr. Die drei Brauereien, die von Gran Alpin beliefert werden, brauchen immer mehr Braugerste, die man seit dem vergangenen Jahr in der Schweizer Mälzerei AG sogar vermälzen kann. Sehr regional und begehrt ist Buchweizen. Gran Alpin stellt daraus die Bündner Spezialität Pizzoccheri her, die in den heimischen Haushalten, Hofläden und kleinen Detaillisten sehr beliebt ist. [IMG 2]

«Nur wenige Landwirte haben im Voraus gefragt, was gebraucht wird», sagt Maria Egenolf. So kam es in der Vergangenheit zu Unter- und Überproduktion – zu viel Roggen, aber zu wenig Gerste. Nun sollen die Mitglieder vor der Aussaat mitteilen, was sie planen. «Wir können die Flächen planen, nicht aber die Menge», hält Egenolf fest. Durch den trockenen Frühling 2022 litten die Kulturen und die geplante Menge konnte nicht erreicht werden. «Ich befürchte, dass die Saison 2023 auch heiss und trocken wird.»

Neue Silos in Landquart

Ein Engpass sind auch die Lagerkapazitäten. Jedes Spezialgetreide, auch in Kleinstmengen, braucht eine eigene Silozelle. Gran Alpin steht im Gespräch mit der Landi Graubünden und will in Landquart mehr Silozellen bauen. Für die Getreideannahme und -lagerung interessiert sich auch die Alpenpionier AG aus Zizers. Sie hat sich dem Anbau und der Verarbeitung von Hanf verschrieben und sucht nach Lagermöglichkeiten für Hanfsamen. Immer mehr weigern sich nämlich grosse Getreidesammelstellen, auch Hanfsamen anzunehmen.

Alpenpioniere steigen ein

«Die Gefahr ist gross, dass sich in einer Getreidesammelstelle Spuren von Hanf mit dem Getreide vermischen», erklärt Maria Egenolf. Wird eine Kontamination festgestellt, muss das Getreide deklassiert werden. Man kann es auch nicht als Tierfutter verkaufen. Das würde als Doping bei Pferden gelten. Man suche gemeinsam nach Lösungen, verspricht Egenolf. Regionalität und Zusammenarbeit wird grossgeschrieben. So arbeitet Gran Alpin mit dem Start-up Vivonda zusammen, das Regionalprodukte online und in ihren Genussmärkten in Jenaz und Maienfeld vermarktet. Dort will man mit Gran-Alpin-Brotgetreide Knäckebrot herstellen.

Gran Alpin in Kürze

  • Rechtsform: Gran Alpin Genossenschaft
  • Geschäftssitz: Surava
  • Präsident: Andri Baltermia aus Salouf
  • Geschäftsführung: Maria Egenolf
  • Anbaufläche: rund 200 ha
  • Anzahl Produzenten: 120
  • Umsatz: 1,5 Mio Franken (2022)

Innovativ und im Schuss
[IMG 3] Maria Egenolf (63) führt seit 2008 die Geschäfte von Gran Alpin. Sie will auf Ende Jahr vorzeitig in den Ruhestand gehen. «15 Jahre sind genug. Jetzt sollen neue Kräfte ans Ruder», sagt die gebürtigte Deutsche. Die Agraringenieurin kann auf ein abwechslungsreiches Berufsleben zurückblicken. So arbeitete sie auf Betrieben in Deutschland, Holland und Finnland. «Nach dem Studium kam ich in die Schweiz, weil die Schweiz damals führend im Biolandbau war», erzählt sie. Und sie ist geblieben. Sie arbeitete auf Biobetrieben, führte einen Bioladen und war 15 Jahre in der Stadt Uster für Abfall und Umwelt verantwortlich, bis sie zu Gran Alpin wechselte. «Das Unterland ist nichts für mich», sagt sie und fand in Domleschg eine neue Heimat. 
Meilenstein Zertifizierung
In Egenolfs Amtszeit hat sich der Umsatz von Gran Alpin fast verdreifacht, ebenso wie die Mitgliederzahl. Alles sei etwas anspruchsvoller geworden, vor allem was die Qualitätsansprüche betraf. «Gran Alpin steht für Bewegung und Innovation.Wir haben in den vergangenen Jahren rechte Sprünge gemacht», hält Egenolf fest. Heute ist Gran Alp zertifiziert: für Bio Suisse, für regioGarantie, für Schweizer Bergprodukte sowie für UrDinkel.
Generationenwechsel
Maria Egenolf übergibt Ende Jahr das Zepter an Sandra Kunfermann (41). Ein Generationenwechsel findet aber auch bei den Mitgliedern statt. «Wir haben einen regen Zulauf von jungen Landwirten, da zurzeit viele Hofübergaben stattfinden», sagt Maria Egenolf, und weiter: «Der Spirit von Gran Alpin wird so durch neue Kräfte belebt – und das freut mich.»

 

Will Geschäftsführerin werden
[IMG 4] Auf 2024 tritt Sandra Kunfermann die Nachfolge von Maria Egenolf an. Sie freut sich auf diese Aufgabe. «Bei Gran Alpin fügen sich meine vorherigen beruflichen Tätig­keiten wie ein Puzzle zusammen», sagt Kunfermann. Sei dies der kaufmännische und treuhänderischen Bereich, Forschung und Beratung sowie Anbau, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten. Und nicht zu vergessen die Stärkung der wirtschaftlichen Lage der Bergregionen.
Vielseitiges Rüstzeug
Sandra Kunfermann ist in Thusis aufgewachsen und absolvierte die Erstausbildung als kaufmännische Angestellte in der Hotelbranche. Nach der Lehre war sie acht Jahre für Buchhaltungen einer Generalunternehmung und einer Pharmafirma in den Kantonen Thurgau und St. Gallen tätig. Berufsbegleitend holte sie die Matura nach.«Da ich in jungen Jahren drei Sommer auf einer Alp tätig sein durfte und immer ein Stück Herz auch dort geblieben ist, entschied ich mich für das Agronomiestudium in Zollikofen, welches ich 2012 abschliessen konnte», erzählt Kunfermann.
Agroscope, Ela, Landi
Danach folgten Tätigkeiten für Agroscope am Nationalgestüt, im Naturpark Ela, im Agrarbereich der Landi Graubünden sowie im Treuhandwesen mit Projektassistenz in der landwirtschaftlichen Beratung. «Ich bin überzeugt, dass ich zusammen mit unseren Mitgliedern und den Geschäftspartnern Gran Alpin weiterhin so erfolgreich gestalten kann wie in den vergangenen Jahren», so ­Sandra Kunfermann.