Grüne und faule Kartoffeln, Hohlherzigkeit, Wachstumsrisse und viele Ausfälle. Spricht man in diesen Tagen mit Landwirten über die diesjährige Kartoffelernte, mag wenig Begeisterung aufkommen. Das viele Wasser hat den Knollen vielerorts arg geschadet.

Immer wieder gestresst

«Die Qualität ist bei mir sehr sortenabhängig», sagt Landwirt Stefan Stucki aus Kehrsatz auf Anfrage. Er produziert in einer Betriebsgemeinschaft mit seinem Vater und Onkel knapp neun Hektaren Kartoffeln: Erika, Lady Claire, Agria und Amandine. «Bei den Agria habe ich viele Probleme mit Hohlherzigkeit. Die Erika sind erstaunlich schön und ertraglich gut.»

Bei den Chips-Kartoffeln ist Stucki eine von 2,5 Hektaren ersoffen und konnte nur teilweise geerntet werden. «Bei uns im Belpmoos konnte die Drainage die Wassermassen im Sommer irgendwann nicht mehr schlucken», erinnert er sich zurück. Die Nässe erschwerte auch den Pflanzenschutz. Alleine durch die Parzellen zu fahren sei eine riesige Herausforderung gewesen.

Von seinen Berufskollegen hört Stefan Stucki bezüglich Qualität Ähnliches. «Hohlherzigkeit kommt heuer bei Sorten vor, die sonst nicht davon betroffen sind – und die Erntemengen sind klein. Man muss viel aussortieren.» Die Kartoffeln seien halt durch den vielen Regen und die kühlen Temperaturen immer wieder gestresst gewesen.

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Fleischpreise kompensieren

Schwarzmalen will Stefan Stucki nicht. «Wir mästen Rinder und die Fleischpreise sind dieses Jahr super, das hilft uns etwas, Ausfälle im Ackerbau zu kompensieren.» Auch freut ihn, dass die Verarbeiter den Produzentinnen die Kaliber gegen unten angepasst und die Toleranzen hochgeschraubt hätten. «Die Kartoffeln sind ja nicht schlechter, wenn sie etwas kleiner sind», sagt der junge Landwirt.

«7,5 Hektaren sind uns ersoffen»

20,5 Hektaren Biokartoffeln baut der Landwirtschaftsbetrieb der Stiftung Tannenhof in Gampelen im Berner Seeland an. «Unmittelbar neben dem Broye-Kanal sind uns 7,5 Hektaren komplett ersoffen», sagt Heinz Weber, Stellvertretender Leiter des Landwirtschaftsbetriebs. Bei den übrigen Flächen geht er von rund 50 Prozent weniger Ertrag aus, bei den späteren Sorten waren die Ausfälle grösser als bei den mittleren und frühen. «Dafür sind die Verarbeiter dieses Jahr relativ kulant.»

Stimmen: Wie sieht die Kartoffelernte dieses Jahr bei Ihnen aus?

Meinrad Pfister, Altishofen, Luzern:  «Wir bauen die Sorten Erika und Jelly für die Migros Luzern an. Die Erträge im laufenden Jahr liegen zwar unter dem lang-jährigen Mittelwert, die Qualität ist jedoch vorwiegend gut und wir haben keine faulen Kartoffeln zu beklagen. Wir blieben dieses Jahr zum Glück von Hagel und Hochwasser in unseremGebiet verschont. Andere Regionen wurden von den Unwettern mehr getroffen. Im Grossen und Ganzen, unter den diesjährigen Umständen sind wir mit der Ernte mehr als zufrieden!»

Hansjörg Meier, Rickenbach, Zürich: «In der Ostschweiz ist die Qualität sehr unterschiedlich. Die Kartoffeln sind eher klein fallend, und wir haben viel Schorf. Bei den Industriekartoffeln hat es bei den Mittleren und Grossen viele hohle, da es nach einem Entwicklungsstillstand zu einen erneuten Wachstumsschub kam. An den Lagern wird es Faule geben. Ich rechne damit, dass wir bei den Erträgen nur auf 60 bis 70 Prozent kommen werden. Doch die Abnehmer sind ehertoleranter, da wir sonst viel zu wenig Kartoffeln haben.»

Stefan Hueter, Biezwil, Solothurn: Der Ertrag ist bei unseren Biokartoffeln durchzogen und je nach Standort unterschiedlich ausgefallen. Daheim hatten wir starken Hagelschlag, der die Pflanzen arg in Mitleidenschaft gezogen hat. Obwohl sie sicherholen konnten, hat das nasskalte Wetter das Wachstum stark gebremst. Unsere zweite Par-zelle ist zwar vom Hagel verschont geblieben, aber es kam zu Wachstumsrissen und Hohlherzigkeit. Die Qualität wäre sonst gut, aber wir haben 75 % weniger Ertrag als in anderen Jahren. 

Lagerware: Hälfte geerntet

«Eine genaue Einschätzung der Erntemengen beziehungsweise Ausfälle ist für uns derzeit noch nicht möglich», lässt Niklaus Ramseyer, Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP), verlauten. Schätzungsweise sei nun gut die Hälfte der Lagerware geerntet. Eine Bilanz werde erst nach der ersten Erhebung der Lagerbestandszahlen möglich sein.

Dennoch stellt Ramseyer fest: «Die Erträge sind dieses Jahr aber sicher deutlich unter dem Durchschnitt. Noch deutlicher dürfte das im biologischen Anbau der Fall sein.»

Hauptmangel Hohlherzigkeit

Je nach Standort, Sickerfähigkeit der Böden, Sorte, Hagelschäden etc. variierten die Erträge zwischen den Parzellen und Regionen stark. «Für die tiefen Erträge sind die kleinen Kaliberder diesjährigen Ernte sicher einer der Hauptgründe. Qualitativ zeigt sich die Ernte mehrheitlich gut», teilt Niklaus Ramseyer weiter mit.

Hauptmangel sei wahrscheinlich die Hohlherzigkeit, die bei vielen Industrie-, vereinzelt aber auch bei Speisesorten auftrete. «Anders als erwartet ist Fäulnis derzeit weniger ein Problem. Auch Drahtwurmschäden treten derzeit nur vereinzelt auf.» Positiv seien die Niederschläge der vergangenen Wochen und das aktuelle Wetter. «Anders als zu Beginn der Kampagne kann nun bei optimalen Bedingungen geerntet werden», hält der VSKP-Geschäftsführer fest.