Verschiedentlich ist der Ratschlag zu lesen, das Abfrieren von Gründüngungen mit einem Walzdurchgang während einer Frostperiode zu fördern. «Ich schliesse nicht aus, dass das funktionieren kann», sagt Bernhard Streit, der an der HAFL zu Verfahrenstechnik im Pflanzenbau doziert. «Wir haben aber vor Jahren im Winter Gründüngungen gewalzt – und damit aufgehört.»
Nach Meinung von Bernhard Streit ergibt der Einsatz einer (Messer-)Walze in Gründüngungen in drei Fällen Sinn:
- Im Herbst, um die Samenbildung zu verhindern bzw. die Pflanzen in einem für den Humusaufbau günstigen C:N-Verhältnis abzustoppen.
- Nach einer Direktsaat.
- Zur Terminierung anstelle von Mulchen, falls anschliessend eine Bodenbearbeitung folgt.
«Erfrieren von selbst»
«Wenn man eine Gründüngung im vegetativen Stadium walzt, riskiert man, dass die Pflanzen sich danach wieder aufrichten bzw. neu austreiben», warnt Bernhard Streit. Man kennt den Effekt von Getreide in der Bestockung, das sich nach einem Durchgang mit der Walze stärker entwickelt. «Eine Ende Oktober gewalzte Phacelia kann den Winter überleben», fährt der Fachmann fort. Eine überwinternde Mischung lasse sich mit Walzen sowieso nicht zum Abfrieren bringen, «und nichtwinterharte Gründüngungen erfrieren von selbst». Das Argument milder Winter lässt Streit nicht gelten: «Wir haben nach wie vor Temperaturen um –6 oder –10 Grad, das ist nicht wie in Südfrankreich.»
Getreide sollte nicht zu gross in den Winter gehen, damit es tiefe Temperaturen schadlos übersteht. Im Umkehrschluss muss eine Gründüngung gross genug sein, um zuverlässig abzufrieren. «Pflanzen können einen inneren Frostschutz hochfahren», erklärt Bernhard Streit. Sind sie gross, reiche es aber nicht für die ganze Pflanze und sie friere ab. Daher sei der Saatzeitpunkt einer Gründüngung nicht nur für eine rasche und gute Bodenbedeckung z. B. nach der Getreideernte wichtig, sondern auch, damit abfrierende Mischungen im nächsten Jahr kein Hindernis werden.
«Abfrierende Gründüngungen gehen in unseren Wintern sowieso ein, wenn sie rechtzeitig gesät worden sind», fasst Bernhard Streit zusammen. Somit sei Walzen in diesem Fall überflüssig. Und wenn die Pflanzen zu klein seien und damit robuster gegen Frost, nütze seiner Erfahrung nach auch das Walzen nichts.
Carol Tanner, Ackerbauberaterin am Thurgauer Arenenberg, sieht winterliches Walzen ebenfalls nicht als Allheilmittel.
War es nur das Wetter?
Sie betont die Mischungswahl und den Saatzeitpunkt als wichtigste Stellschrauben, damit die Gründüngung wie gewünscht abfriert. «Es gibt keine Garantie, dass Walzen hilft – aber es könnte sein, dass durch die Beschädigung der Frost besser in die Pflanze eindringen kann», gibt sie zu bedenken.
Seit der Einführung des Produktionssystembeitrages «angemessene Bedeckung des Bodens» seien Gründüngungen in der Schweiz wieder vermehrt anzutreffen. Erfahrungen, wie mit ihnen umzugehen ist, würden auf den Betrieben laufend gesammelt. «Es kann aber schwierig sein, die Effekte unterschiedlicher Bedingungen je nach Jahr von der Wirkung verschiedener Vorgehensweisen zu trennen», so Tanner.
Studien zum Walzen bei Frost seien ihr zwar keine bekannt, sie habe aber von guten Erfahrungen deutscher Landwirte mit diesem Verfahren gehört. Tatsächlich empfiehlt z. B. das deutsche «Agrarheute», «den Bodenfrost zu nutzen» und noch stehende Gründüngungen zu mulchen oder zu walzen. «Durch Walzen oder Mulchen werden die Pflanzen vorgeschädigt. Bei Frosteinwirkung zeigen sich deutlich stärkere Schädigungen. Die beschleunigen das Absterben der Pflanzen», so die Begründung bei «Agrarheute».
Als hartnäckiger Überlebender wird häufig der Ölrettich genannt. «Wenn der nur 10 cm hoch einwintert, kann sein interner Frostschutz ausreichen», schätzt Bernhard Streit. Einen positiven Effekt von Frost-Walzen hält er für «denkbar», konstatiert aber, dass solcher Ölrettich mit grosser Sicherheit zu spät gesät worden sei.
«Es spielen sicher viele Faktoren zusammen», ergänzt Carol Tanner, «beispielsweise, wie viele Minusgrade während des Walzens herrschen, die Bodenbeschaffenheit und die Pflanzengrösse.» Im letzten Jahr habe sie viele Gründüngungen gesehen, die nicht vollständig abgefroren waren – was sie wie der HAFL-Dozent in erster Linie auf einen späten Saatzeitpunkt zurückführt.
Stehend bis im Frühling
«Im Winter will man Gründüngungen nicht am Boden haben, wenn im Frühling z. B. Zuckerrüben folgen sollen», bemerkt Bernhard Streit. Da sei winterliches Walzen kontraproduktiv, weil dadurch eine Matte entsteht, die das Erwärmen des Bodens verzögert und Spritzschatten für eine Herbizidbehandlung produziert.
Diesen Vorteil des stehenden Abfrierens führt auch die UFA an und weist ausserdem auf das Risiko einer «Schneckenzucht» hin. «Wenn genügend Blattmasse vorhanden ist, hat der Frost genügend Angriffsfläche, damit auch tiefwurzelnde Pflanzen wie der Ölrettich sauber abfrieren», schreibt die UFA AG in ihrer Broschüre zum Gründüngungssortiment.
Wenn die Gründüngung heuer zu spät in den Boden kam und voraussichtlich den Winter überleben wird, sollte man sich zusammenfassend nicht auf die Wirkung einer Walze verlassen. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass unerwünschte Pflanzen im Frühling anderweitig angegangen werden müssen.
