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Wie ein Koloss steht ein glänzender John Deere 6120M auf dem Vorplatz des Lohnunternehmens Schneeberger und Berger in Oberbottigen BE. Danebenstehend trifft man auf Ruedi Emch, der Tüftler hinter dem angehängten Trägerwerk. Schwarzes Maschinenfett verziert die von harter Arbeit gezeichneten Hände des Landwirts, der zu einem häufigen Problem eine Lösung gefunden hat.
Präzises Hacken in Hanglagen
Das Hacken von Reihenkulturen mit einer Arbeitsbreite von sechs Metern in Hanglagen stellt eine Herausforderung dar. Durch die Neigung des Ackers und das Gewicht des Hackgeräts kann die Maschine leicht abrutschen. So können die Fingerhacken oder Gänsefuss-Scharen die Kulturen beschädigen oder aber geraten zu wenig nahe an die Nutzpflanzen heran. Bezüglich Abdriftverhalten des Hackgeräts am Hang ist die Distanz zwischen Befestigungspunkt und dem Gerätende (1,6 m) ebenfalls problematisch. Für Ruedi Emch, der seit fünfeinhalb Jahren beim Agrar-Service arbeitet, war dies ein Dorn im Auge. So konstruierte er zusammen mit dem Lohnunternehmen und einigen Mitarbeitern ein hangkompatibles Trägerfahrzeug, an welchem Hackgeräte beliebiger Hersteller montiert werden können. Durch die automatische Steuerung des Verschieberahmens und der gelenkten Achse kann die Abdrift durch Gegenlenken neutralisiert werden. Das Gerät läuft so parallel zur Reihe und die Position kann mit Hilfe von GPS, Kameras und dem RTK-Verfahren (Realtime-Kinematik) gehalten werden.
Vorteile des hang-kompatiblen Trägerfahrzeugs
Folgende Vorteile bringt das Trägerfahrzeug für Hanglagen mit sich:
- Schnelle (bis zu 8 km/h) und exakte Unkrautbekämpfung auch in Hanglagen mit bis zu 17% Gefälle möglich.
- Präzision: Hacken nahe an der Pflanze möglich, ohne die Kultur zu beschädigen.
- Trägerfahrzeug entlastet Gewicht des Geräts auf den Traktor um 50 % .
- Dies führt auch zu besserer Verteilung des Drucks auf den Boden.
- Herbizid-Einsparung bis zu 75 .
- Strassentransport verläuft ruhiger, da Gerätschaft weniger schwankt.
- Arbeitsbreiten von bis zu sechs Metern bearbeitbar.
- Traglast der Reifen wird nicht überschritten.
Europaweite Marktlücke
An der letzten Agritechnica stellte Ruedi Emch fest, dass es im Bereich Abdrift-Verminderung europaweit tatsächlich eine Marktlücke gibt. Die Idee des hangkompatiblen Trägerfahrzeugs schwirrte Emch schon einige Zeit im Kopf herum – konkret wurde der Plan schliesslich letzten Winter. «In der Altjahreswoche fertigte ich erste Skizzen an und stellte mit Dachlatten ein Trägerfahrzeug nach – diese Saison bearbeite ich mit der Vorrichtung die Felder», sagt Emch in bescheidenem Ton.
Antwort auf die PSM-Initiative
Seit Mai 2020 ist nun das Trägerfahrzeug mit einem Hackgerät im Einsatz. Die Bilanz sieht nach der ersten Saison gut aus, meint Ruedi Emch und hofft, im September seinen Eigenbau im Raps nochmals unter Beweis zu stellen. In Anbetracht der Forderungen an die Landwirtschaft zur Pflanzenschutzmittel (PSM)-Reduktion komme die Optimierung des Hackvorgangs gerade richtig, meint Emch. Nicht nur für Bio-Äcker mit Hanglagen sei die Vorrichtung interessant. Der PSM-Einsatz in konventionellen Reihenkulturen könne so um rund 75 % reduziert werden, rechnet der Landwirt vor. Emch sieht jedoch ein, dass der Kostenaufwand ein klarer Nachteil darstellt. Das Trägerfahrzeug würde sich nur für Lohnunternehmen lohnen, meint er.
Die genauen Zahlen stünden zur Zeit noch nicht bereit. Zu beachten sind auch die Voraussetzungen, um vom hangkompatiblen Trägerfahrzeug profitieren zu können:
- 100 PS Traktorenleistung.
- Hackbreite muss der Saatbreite entsprechen.
- GPS, RTK-Ausstattung.
Trotz der Vorrichtung kann es sein, dass durch den Schlupf das Rad des Traktors sehr nahe an die Pflanze kommt. «Der Arbeitsgang in Seitenlagen stösst irgendwann halt schon an seine Grenzen», relativiert Emch seine Erfindung.