Der Start in die Weinproduktion begann mit einem einzigen Barrique-Holzfass im Jahr 2015. Mittlerweile werden durchschnittlich pro Jahr an die 10 000 Flaschen Wein abgefüllt, und die Familie Graber bewirtschaftet zwei Rebberge, einen in Ligerz und einen von Grund auf neu erstellten im solothurnischen Messen.

Samuel Graber ist in Messen aufgewachsen, hat nach einem Welschland-Aufenthalt bei einem Metzger eine dreijährige Kochlehre im Hotel Waldhaus im Engadin in Angriff genommen. «Ein historisches Fünfsternhaus, ein Familienbetrieb durch und durch und wohl eines der besten Hotels in der Schweiz», ergänzt der 39-Jährige. Danach habe er bei seinen Eltern im heimischen Lokal gearbeitet; diese haben das Restaurant Löwen während vierzig Jahren geführt. Es folgten ein zweijähriger Aufenthalt als Koch in Kanada, eine Diätkochlehre im Inselspital Bern und die Lehre zum Winzer: «Es wurde ein breit gefächertes Wissen vermittelt, wie die Pflege der Reben, Bodenkunde, Biologie der Pflanzen, Verarbeitung der Trauben oder Maschinenkunde. Meine Klasse umfasste rund zwanzig Lernende, davon war knapp ein Viertel weiblich.»

Gewölbekeller von 1844

Betriebsspiegel Graber Weine Messen

Desirée und Samuel Graber mit Eltern Andreas und Annemarie Graber, Schwager Tobias Steiner und Freiwillige bei der Ernte

Ort: Messen SO
Rebberge: Ligerz 24 Aren, Messen 30 Aren
Betriebszweige: Weinherstellung, Bistro, Lohnkelterei

Graber erinnert sich gerne an die Winzerlehre auf zwei unterschiedlichen Betrieben. Da war die schon fast industrielle Bündner Herrschaft mit 12 ha Reben einerseits und der kleine Familienbetrieb mit 4 ha in Hornussen anderseits. Nach der Winzerlehre nahm Graber die Arbeit im heimischen Löwen wieder auf, pachtete aber parallel dazu im Jahr 2015 eine kleine Rebberg-Parzelle von zehn Aren in Ligerz am Bielersee: «Den ersten Jahrgang, 450 kg Pinot Noir Trauben, habe ich zu Rotwein verarbeitet in einem Barrique Holzfass und im Löwen abgesetzt. Ich bekam viele positive Rückmeldungen, und da hat es mir den Ärmel hineingenommen.

2016 begannen wir an einem schönen Südhang auf eigenem Land in Messen Reben anzupflanzen. «Wir erfüllten die vorgeschriebenen Vorgaben, die Neigung beträgt 30 Prozent auf 500 m Höhe, und so pflanzten wir 1700 Rebstöcke an.» Im historischen Weinhaus Messen aus dem Jahre 1844 gibt es vier wunderschöne Gewölbekeller.

Ein Entscheid musste her

Mit der Anstellung im Löwen sowie im Altersheim als Koch plus die Arbeit in den Reben wurde es langsam aber stetig zu viel für Graber, und so entschied er sich im Jahr 2021, seine Anstellungen zu kündigen, in Ligerz nochmals aufzustocken und sich selbstständig zu machen: «Den Schritt in die Selbstständigkeit habe ich nie bereut», beteuert der Vater von zwei Kindern, Joséphine und Jakob. Seine Ehefrau Désirée und der Schwager Tobias Steiner (ebenfalls gelernter Koch) sind im Familienbetrieb eingestellt, auch die Eltern, Andreas und Annemarie Graber, helfen fleissig mit, sei es in den Reben oder im Bistro.

[IMG 2]

Militärkochtopf mit Holzfeuerung

Der kleine Gastronomiebetrieb ist freitags und samstags geöffnet, bietet schmackhaftes Essen und den hauseigenen Wein: «Im Jahr 2021 war die Bistro-Eröffnung geplant, dann kam die Pandemie dazwischen. Aufgeben war jedoch keine Option, und wir fuhren weiter auf der Schiene Wein und Bistro.» Die Verköstigungen mit Treberwürsten oder Weindegustationen im Frühling sind beliebt. Die Weinherstellung aus aktuell 1,2 ha Reben ist das grösste Standbein, gefolgt vom Bistro. Als Drittes wird die Lohnkelterei genannt. Andere Weinbauern bringen im Herbst die Trauben nach Messen, Graber stellt den Wein her, welcher später, in Flaschen abgefüllt, wieder abgeholt wird.

[IMG 3]

«Hagel ist der Endgegner»

Der Juni ist der arbeitsintensivste Monat, da sind die Reben extrem wüchsig. Zudem müssen das Gras gemäht und die Reben gespritzt werden, Letzteres geschieht rund siebenmal im Jahr: «Die Reben haben das heisse Wetter gerne, und dann kommt auch weniger Spritzmittel zum Einsatz.» Die Natur spielt eine wichtige Rolle, denn nach einem Hagelereignis sind die Pflanzen geschwächt, es gibt tiefe Wunden, und das strapaziert sie: «Hagel und Frost sind wirklich die Endgegner unserer Reben und natürlich die Vögel. Deshalb packen wir die Reben mit Netzen ein, das funktioniert gut.»

Um den Reben eine bestimmte Wuchsform zu geben, wird eine Drahtziehanlage eingesetzt, bei der Drähte zwischen Pfosten gespannt werden. Die Traubenzonen werden regelmässig entlaubt für eine ideale Sonnenbestrahlung, wodurch die Trauben besser reifen können. Die Erntezeitpunkte in Ligerz und Messen sind verschieden, was praktisch ist für die Einteilung der Arbeit, welche von Hand geschieht: «Wir laufen mit Traubenkisten durch die Reben und schneiden die Trauben von Hand ab und schauen diese genau an, nur einwandfreie Ware wird nach Hause genommen. Freiwillige Helfer unterstützen uns dabei, und das wird nach der Ernte mit Zusammensitzen und Wein trinken zelebriert.»

Die Erntezeit dauert etwas mehr als eine Woche und ist natürlich wetterabhängig. Einen Parameter für die ideale Reife liefert der Oechslegrad, mit dem der Zuckergehalt gemessen wird. Sind die Trauben schön reif, gibt es auch gehaltvollen Wein.

[IMG 4]

«Harmonische» Weine

Die gesamte Verarbeitung erfolgt in Messen, und es entstehen die Rotweinsorten Pinot noir und Gamaret sowie die Weissweinsorten Chasselas und Chardonnay. «Unsere Weine sind fein strukturiert, haben nichts Bitteres und sind sehr harmonisch», weiss der Winzer, der seinen Chasselas wohl blind erkennen würde: «Die Trauben kommen zuerst in eine Kühlzelle und werden danach von uns in Gummistiefeln zerquetscht, wieder gekühlt, und es wird eine spezielle Hefe beigegeben, die den Wein vergärt. Bei diesem Verfahren entsteht Kohlensäure und ein spritziger Weisswein.» Für Graber steht im Fokus, dass der hergestellte Wein authentisch ist, rein hergestellt und einen möglichst geringen Schwefelgehalt aufweist. Er setzt auf viel schonende Handarbeit in einer kleinen Produktion und kann individuell auf das Traubengut eingehen: «Mir ist wichtig, dass unser Wein auch im Dorf getrunken wird. Unsere Kundschaft schätzt es, wenn sie den Wein vor Ort probieren und ich ihr etwas dazu erzählen kann. Wein ist ein Stück Kulturgut. Ein feines Essen wird mit einem guten Glas gewürdigt und abgerundet, es ist ein Genuss, der zelebriert und gelebt wird.»