Nach den Regenfällen von Anfang Woche kommt die Sonne zurück und sobald die Befahrbarkeit gegeben ist, ist auch wieder an Feldarbeit zu denken. Auf vielen Kartoffeldämmen zeigt sich bisher maximal etwas Unkraut. Es liesse sich auch mechanisch bekämpfen – eigentlich.
300 bis 1200 Franken pro ha
«Man hat keinen Unterschied zwischen den Verfahren gesehen, wir hatten null Unkraut», schildert Raphael Müller. Der Landwirt und Lohnunternehmer aus Wohlen AG war an den dreijährigen Versuchen des Forums Ackerbau beteiligt, bei denen von 2019 bis 2021 die mechanische Unkrautbekämpfung und nichtchemische Krautvernichtung im Kartoffelbau untersucht worden sind (siehe Kasten).
«Herbizidfreier Kartoffelanbau braucht viel Zeit und die Zeitfenster für die mechanische Unkrautbekämpfung sind kurz», erzählt Müller. Ausserdem brauche man mit dem Dammformer ein sehr spezifisches Gerät, das sich – abgesehen vielleicht von Rüebli – für kaum eine andere Kultur nutzen lässt. Es sei zwar absolut machbar und auch das verbreitete Setzen im All-in-one-Verfahren sieht der Lohnunternehmer nicht als Hindernis. Aber: «Der Markt zahlt es nicht», stellt er fest. Zu diesem Schluss kamen auch die landwirtschaftlichen Zentren vor drei Jahren: «Die herbizidfreie Produktion ist mittelfristig nur wirtschaftlich mit einem Mehrpreis am Markt.» Die zusätzlichen Kosten für die mechanische Unkrautbekämpfung und die nicht-chemische Krautvernichtung bezifferten sie – je nach eingesetzter Technik und Anzahl Durchfahrten – mit Fr. 300.–/ha bis Fr. 1200.–/ha. Der Produktionssystembeitrag (PSB) für Herbizidverzicht beläuft sich für Kartoffeln auf Fr. 600.–/ha. Hinzu kommt, dass für den Erhalt dieses PSB alle Kartoffelflächen eines Betriebs herbizidfrei geführt werden müssen, was die Branche in der Vergangenheit mehrfach kritisiert hat. Dafür ist die chemische Krautvernichtung im PSB aber erlaubt, ebenso wie Bandbehandlung ab der Pflanzung auf maximal der Hälfte der Fläche. «In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung der Kartoffelkultur muss das Risiko einer Verunkrautung auf den jeweiligen Parzellen anhand persönlicher Praxiserfahrungen beurteilt werden», schreibt Agridea in ihrem Faktenblatt zu den PSB.
Leicht weniger Ertrag
Die besten Ergebnisse wurden in den Versuchen des Forums Ackerbau mit Präzisionsstriegeln erzielt, da diese an den Dammflanken mit demselben Druck arbeiten wie auf der Dammkrone. Bis zu einer Staudenhöhe von 25 cm sei der Striegeleinsatz «problemlos möglich», heisst es in den Versuchsresultaten. Bei bereits weiterentwickeltem Unkraut auf der Dammflanke sei die Rollsternhacke am besten geeignet, Hackgeräte mit Formblechen (statt Häufelscheiben oder Flügelscharen) oder einfache Dammformer erwiesen sich als ideal für den letzten Häufeldurchgang. «Bei den Durchfahrten ist durch die Wahl der passenden Technik, den Zeitpunkt und eine nicht zu tiefe Bearbeitung zu gewährleisten, dass weder Wurzeln, Triebe noch Stolonen verletzt werden», so das Versuchsteam.
Je nach Unkrautbesatz und -entwicklung ist gemäss Versuchsergebnissen mit mehr oder weniger Durchfahrten zu rechnen. Im Durchschnitt über die drei Jahre und vier Standorte waren es 3–5 Fahrten für die Unkrautbekämpfung und 1–2 für die Vernichtung des Krauts. Für Letzteres empfahlen die Fachleute bei herbizidfreien Lagerkartoffeln das Krautschlagen oder thermische Verfahren. Qualitätsunterschiede stellte man damals nicht fest, bei der mechanischen Unkrautbekämpfung resultierte aber ein leichter Minderertrag.
Hier finden Sie ein Merkblatt von Swisspatat zum Herbizidverzicht
Rentabel in Kombination
Einen Mehrpreis am Markt für herbizidfreie Kartoffeln gibt es für IP-Suisse-Produzenten. «Bei uns gibt es zwei Varianten», erläutert Nicole Ramsebner, die bei der Labelorganisation für den Kartoffelanbau zuständig ist. Die Produzenten könnten entweder das Unkraut mechanisch bekämpfen oder das Kraut nichtchemisch vernichten, was auf etwa 1000 ha umgesetzt und mit einer Prämie von Fr. 4.50 abgegolten werde. «Von etwa 30 dieser 1000 ha werden IP-Suisse-Kartoffeln mit vollständigem Verzicht auf Herbizide vermarktet», erklärt Nicole Ramsebner die zweite Variante. Die Prämie hierfür beträgt Fr. 6.50. «Der herbizidfreie Kartoffelanbau kann rentabel sein, wenn PSB und IP-Suisse-Prämie kombiniert werden können», so die Agronomin.
Bereit für mehr
Die Labelorganisation handelt selbst nicht mit Kartoffeln und die Prämie wird zusätzlich zum von der Branche festgelegten Richtpreis von den Händlern an die Produzenten ausbezahlt. Nicole Ramsebner ist wie Raphael Müller der Meinung, dass auch der Markt einen Beitrag zur Förderung des Herbizidverzichts leisten sollte. «Ausserdem ist es sicher nicht optimal, wenn von der Politik zusätzlich Steine in den Weg gelegt werden», bemerkt sie zu der Vorgabe der Gesamtbetrieblichkeit des PSB für herbizidfreien Anbau.
Die Nachfrage nach IPS-Kartoffeln sei in den letzten Jahren stabil gewesen und könne mit der bestehenden Produktion gedeckt werden, sagt Ramsebner. Der Handel rekrutiere die Produzenten und sei daher auch die richtige Anlaufstelle für an der herbizidfreien Kartoffelproduktion interessierte Betriebe. «Einige Produzenten wären zu mehr komplett herbizidfreier Kartoffelfläche bereit, insbesondere dort, wo die Mechanisierung vorhanden ist, aber nicht die ganze Fläche als Vollverzicht vermarktet werden kann», bemerkt die Agronomin. Vor etwa 20 Jahren habe man eine grosse Menge IP-Suisse-Kartoffeln herbizidfrei produziert, damals mit einer höheren Prämie. «Das ist am Markt gescheitert, es war zu teuer und die Anbaufläche ist zusammengebrochen», so Ramsebner. Man sah ein grösseres Marktpotenzial im Teilverzicht, wie er heute umgesetzt wird.
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Markt statt Bund
Es stellt sich angesichts des Absenkpfads und der theoretischen Machbarkeit des Herbizidverzichts bei Kartoffeln die Frage, wie gross das Einsparungspotenzial tatsächlich wäre. «Bei den Fungiziden wäre es sicher grösser», meint Raphael Müller. «Aber im Kartoffelanbau ist das Risiko für Erosion und Abschwemmung erhöht», gibt er zu bedenken. Daher sähe er durchaus den ökologischen Nutzen eines Herbizidverzichts in dieser Kultur. Aus finanziellen und aufwandtechnischen Gründen baut Müller selbst seit den Versuchsjahren keine herbizidfreien Kartoffeln mehr an. «Ich bin mir sicher, dass der Mehraufwand via Markt abgegolten werden müsste», betont er. «Der Bund könnte gar nicht so viel zahlen, dass sich das nur aufgrund seiner Beiträge lohnen würde.»