Rund 200 Hochstammbäume befinden sich auf dem 29 Hektaren grossen Milchwirtschaftsbetrieb im St. Galler Rheintal von SBV-Präsident Markus Ritter. Es ist ein alter Bestand an Apfel- und Birnbäumen. Unter den Hochstämmern des SBV-Präsidenten finden sich aber auch Kirsch- und Zwetschgen- sowie 20 Nussbäume. Markus Ritter ist seit vielen Jahren Mitglied beim Verein Hochstamm Suisse. Dieser will mit seinem Label den Absatz von Hochstamm-Produkten fördern. Solche Labels seien wichtig für Produzenten, denn sie würden einen Markt für ihre Produkte schaffen, sagte Markus Ritter am Mediengespräch zum 20-jährigen Bestehen von Hochstamm Suisse.

Lebensräume erhalten

Treiber bei der Gründung des Vereins Hochstamm Suisse vor 20 Jahren waren vor allem Naturschutzexperten. Sie wollten möglichst viele Hochstammobstgärten erhalten. Es ging ihnen zum einen um das Landschaftsbild, aber auch um den Erhalt von Lebensräumen für viele und teilweise gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Dieses Bestreben des Vereins widerspiegelt sich zu einem guten Teil in dessen Trägerorganisationen: Es sind dies Bird Life, Pro Natura, WWF, Pro Specie Rara, Fructus, Slowfood und der Schweizerische Obstverband. Wie Geschäftsführer Pierre Coulin darlegte, sind heute 1400 direktzahlungsberechtigte landwirtschaftliche Produzenten mit  
205 000 Hochstammbäumen Mitglied von Hochstamm Suisse. Sie profitieren von einer Prämie von 20 Prozent auf dem Richtpreis des Schweizer Obstverbands für Früchte, die unter dem Label Hochstamm Suisse verarbeitet werden und auf den Markt kommen.

Keine Umsatztreiber

Wichtigster Verkaufskanal für Hochstamm-Suisse-Produkte ist Coop. Der Detaillist hat mehr als 150 Produkte unter dem Label von Hochstamm Suisse gelistet. Laut Pius Marti, Brand-Manager für Fair-Trade-Labels bei Coop, bewegt sich der Jahresumsatz mit diesen Produkten zwischen 12 bis 13 Millionen Franken. Hochstamm-Suisse-Produkte seien keine Umsatztreiber, sagt Marti. Es handle sich um eine Investition in die Nachhaltigkeit und um eine Möglichkeit zu zeigen, dass Coop «etwas mehr» zu bieten habe als andere Discounter.  Viele Mitglieder von Hochstamm Suisse verkaufen ihre gelabelten Produkte im eigenen Hofladen. Der Gesamtumsatz von Hochstamm-Suisse-Produkten ist deshalb nur schwer abschätzbar. Coulin geht von einer Grössenordnung von 20 Millionen Franken aus.

Bestand nimmt ab

Ausgangsprodukte für Hochstamm-Suisse-Produkte sind neben Äpfeln, Birnen, Zwetschgen und Kirschen neuerdings auch Kastanien, Baumnüsse, Mirabellen und Quitten. Gegenwärtig gibt es in der Schweiz 2,5 Millionen Hochstammobstbäume, Tendenz abnehmend. Parallel dazu nimmt die Zahl der Hochstamm-Suisse-Bäume leicht zu. Diese gegenläufige Entwicklung kann so interpretiert werden, dass die Aktivitäten von Hochstamm Suisse eine Wirkung zeitigen. Nimmt man aber den Bekanntheitsgrad des Labels von zwölf Prozent als Massstab, so liegt der Schluss nahe, dass dieser noch ausbaufähig ist. Ein Grund dafür, dass der Bestand an Hochstammobstgärten unter Druck steht, ist deren arbeitsintensive Bewirtschaftung.

Es braucht einen Markt

Stehen auf einem Betrieb wenig familieneigene Arbeitskräfte zur Verfügung und müssen zusätzliche Arbeitskräfte beigezogen werden, können die anfallenden Kosten über den Verkauf bald einmal nicht mehr gedeckt werden. «Direktzahlungen alleine genügen nicht, dass Hochstammobstgärten bewirtschaftet werden. Es braucht einen Markt für Hochstamm-Produkte», stellte Markus Ritter fest. Voraussetzung für einen solchen Nischenmarkt sind Kunden, die bewusst Hochstammprodukte einkaufen und bereit sind, einen Aufpreis dafür zu bezahlen.

Werte, die hoch im Kurs stehen

«Biodiversität, Ökologie, Landschaftsschutz»: Das seien alles Werte, die bei den Konsumenten gut ankommen. Das sagte Pierre Coulin. Es müsse doch Wege geben, diese Werte den Konsumenten zu vermitteln. Das Label Hochstamm Suisse leiste auch einen Beitrag gegen den Food Waste, sagte Christine Badertscher. Es sorge dafür, dass Äpfel und Birnen nicht einfach unter den Bäumen liegen bleiben, sondern zu Lebensmitteln verarbeitet werden, stellte die Grüne Nationalrätin und Co-Präsidentin von Hochstamm Suisse fest. Sie brachte die Vorzüge von Hochstamm-Suisse-Produkten so auf den Punkt: Es handle sich da um «Biodiversität zum Essen.»