In der Schweiz laufen zahlreiche Projekte zur Förderung des Anbaus und des Konsums von Hülsenfrüchten. Leguminosen wie Ackerbohnen, Eiweisserbsen, Kichererbsen, Linsen und Platterbsen sind bei uns nicht so bekannt und der Anbau und die Vermarktung gestalten sich schwierig.

In Italien haben der Anbau und Konsum von Hülsenfrüchten eine lange Tradition. Eine dreitägige Fachreise der Agridea, organisiert von Sanzio Rombini, führte Ende Mai eine bunt gemischte Reisegruppe in die Region Marken (ital. Marche, Anm. d. Red.) in Mittelitalien, um sich inspirieren zu lassen.

Aussaat bereits im Februar

Erste Station der Reise ist die Biogenossenschaft Terra Bio in Schieti di Urbino. Seit 1997 engagiert sich die von Landwirt(innen) gegründete Genossenschaft für Anbau, Reinigung, Lagerung und Verkauf von Getreide und Hülsenfrüchten. Jährlich werden dort rund 25 000 Tonnen verarbeitet und vermarktet. Nach der Ernte gelangen die Produkte direkt zur zentralen Sammelstelle, wo sie gereinigt und getrocknet werden. Anschliessend folgt eine CO2-Behandlung der Hülsenfrüchte, um Schädlinge wie den Erbsenkäfer zu bekämpfen. Die Genossenschaft ist sowohl durch Bio Suisse als auch Naturland Fair zertifiziert und exportiert ihre Produkte in die Schweiz und nach Deutschland.

Nach einem Rundgang durch die Anlagen besichtigen wir Kichererbsenfelder. Besonders überrascht zeigt sich die Gruppe aus der Schweiz über die frühe Aussaat: Aufgrund des milden Klimas erfolgt diese bereits Anfang Februar.

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Aufwendige Ernte in der Höhe

Der zweite Tag führt uns an den Fuss der sibyllinischen Berge, nach Norcia in Umbrien. Dort gewährt uns Maurizio Brandimarte einen spannenden Einblick in seinen Familienbetrieb. Er hält rund 350 Milchschafe und bewirtschaftet mit seiner Familie 100 ha Land. Auf 35 ha baut er in einer dreijährigen Fruchtfolge Dinkel, Emmer und Linsen an, wobei die weidenden Schafe ebenfalls in die Fruchtfolge integriert werden. Ein Teil der Flächen liegt auf dem Hochplateau von Castelluccio, auf bis zu 1400 m ü. M.[IMG 3]

Da das Gebiet in einer Wasserschutzzone liegt, ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verboten. Die Felder blühen im Frühsommer in einem bunten Meer aus Mohn, Ackersenf und Erdrauch und sind ein beliebtes Fotosujet bei Touristen.

Die auf der Hochebene produzierten Berglinsen sind besonders zart und werden unter dem IGP-Label (geschützte Ursprungsbezeichnung) zu einem sehr guten Preis vermarktet. Dieser entschädigt für die aufwendige Ernte: Für das Dreschen werden die Linsen an Schwad gelegt. Wenn die Linsen abgetrocknet sind, werden sie in Handarbeit zusammengerecht und mit einem Standdrescher ausgedroschen. Um eine Hektare zu ernten, sind zehn Personen fast einen ganzen Tag beschäftigt. Der Durchschnittsertrag beträgt etwa 800 kg/ha, was mit den Schweizer Erträgen vergleichbar ist.

Stark von Importen abhängig

Die Anbaufläche für Hülsenfrüchte ist steigend und beträgt in Europa rund 2,7 Millionen Hektaren, das entspricht gemäss Eurostat 4 % der Fläche des Getreideanbaus.

25 % des Konsums gedeckt
Der Hülsenfruchtanbau in Italien hat eine lange Tradition und spielt eine wichtige Rolle in der nachhaltigen Landwirtschaft des Landes. Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Erbsen gehören zu den wichtigsten angebauten Hülsenfrüchten und werden vor allem in Mittel- und Süditalien kultiviert. Italien ist ein bedeutender Konsument von Hülsenfrüchten, jedoch stark von Importen abhängig. Die Anbaufläche von Hülsenfrüchten in Italien betrug 1930 1,5 Mio ha. Aktuell beträgt die Anbaufläche 75 000 ha und deckt etwa 25 % des inländischen Konsums. Mögliche Gründe für den Produktionsrückgang sind Preisdruck durch Importe, schwankende Erträge und ein höheres Anbaurisiko als bei lukrativeren und einfacheren Kulturen wie etwa Hart- oder Weichweizen.

Steigende Nachfrage
Italiens Hauptlieferanten für Hülsenfrüchte sind v. a. Kanada, die USA, Russland und die Türkei. Trotz rückläufiger Produktion gibt es zahlreiche Initiativen zur Förderung des heimischen Anbaus. Mit dem Trend zu gesunder Ernährung steigt die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen und heimischer Produktion.

Zwei Produktlinien, 1800 ha

Nach diesem Einblick in eine sehr handarbeitsintensive Produktionsweise geht es weiter zur Azienda Agricola del Monte Castello. Das Familienunternehmen Monte Castello wurde in den 80er-Jahren gegründet, um Anbau, Abnahme, Reinigung und Verkauf von verschiedenen Getreidearten und Hülsenfrüchten zu koordinieren. Bruno Fedeli, der Seniorchef, und seine Tochter Myriam führen uns durch die Firma. Zu Beginn hat das Unternehmen nur Getreide verarbeitet, mit der Zeit stieg die Nachfrage nach Hülsenfrüchten und heute werden neben Linsen auch Kichererbsen und verschiedene Bohnen angebaut und vermarktet.[IMG 4]

Über Anbauverträge arbeitet das Unternehmen mit bis zu 150 Landwirt(innen) aus der Region zusammen und verarbeitet die Ernte von rund 1800 ha. Den grössten Anbauanteil hat Dinkel mit 700 ha. Monte Castello produziert das, was der Markt nachfragt. Dafür werden zwei Produktlinien geführt, eine mit biologischen Produkten und eine mit etwas günstigeren Produkten aus integrierter Produktion. 30 Prozent der verarbeiteten Menge werden ins Ausland exportiert. Die Saat des Getreides und aller Leguminosen, ausser der Kichererbsen, erfolgt im Oktober. Dadurch profitieren die Kulturen von den niederschlagsreicheren Wintern.

Zucht für Barilla und Co.

Weiter geht es zur Saatgutproduktionsfirma PSB Sementi in San Severino. Das Unternehmen produziert in Zusammenarbeit mit 390 Landwirt(innen) jährlich auf 9000 ha 28 500 t Saatgut für Getreide, Leguminosen und Ölfrüchte. 80 % der gesamten Saatgutproduktion sind Hartweizen und Weichweizen. Das Unternehmen züchtet eigene Sorten. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit Pasta-Unternehmen wie Barilla oder de Cecco. Die Pastaindustrie macht Vorgaben, welche Verarbeitungseigenschaften die Sorten haben sollen. PSB versucht dann, geeignete Sorten zu züchten und zu vermehren.

Bis vor 20 Jahren war das Interesse an Saatgut für Leguminosen eher gering. Vermehrt werden aber auch Sorten für die menschliche Ernährung nachgefragt. Um standortangepasste Sorten züchten zu können, unterhält das Unternehmen Demoparzellen in ganz Italien. Die Züchtung von Leguminosen ist langwieriger als jene von Getreide, da pro Pflanze weniger Körner produziert werden. Zudem sind Hülsenfrüchte heikle Kulturen mit einem höheren Risiko für Ernteausfälle. Die zuständige Züchterin erklärt, dass die Leguminosen-Züchtung noch in den Kinderschuhen steckt und viel Potenzial für angepasste Sorten besteht.

Ein Fest für die Platterbse

Zum Abschluss unserer Reise besuchen wir die Kooperative La Bona Usanza. Die Kooperative entstand vor 30 Jahren aus der Slow-Food-Bewegung. Die Kooperative baut hauptsächlich Cicerchia an, eine alte, fast ausgestorbene Platterbsensorte. Diese wird in Mischkultur mit Weizen angebaut, da sie in Reinkultur sehr anfällig für Lager ist. Zu Ehren der Cicerchia wird jedes Jahr ein Fest veranstaltet, das über 15 000 Besucher nach Serra de’ Conti lockt, um unter anderem die berühmte Platterbsensuppe zu essen.

Diese Reise bot uns faszinierende Einblicke in die Vielfalt des Hülsenfruchtanbaus in Italien. Neben spannenden Gesprächen und neuen kulinarischen Erfahrungen konnten wir viele Inspirationen und Ideen für die Förderung der Leguminosen in der Schweiz mit nach Hause nehmen.

Von Suppe bis Salat
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Hülsenfrüchte sind ein fester Bestandteil der italienischen Küche. Vor allem verschiedene Suppen und Eintöpfe aus Bohnen und Linsen sind sehr beliebt (z. B. Zuppa di lenticchie oder Pasta e fagioli). Auch in Kombination mit Teigwaren (Pasta e ceci) werden Kichererbsen gegessen. Im Sommer gibt es gekochte Hülsenfrüchte abgekühlt als Salat oder auch als Püree, ähnlich wie Hummus. Aus Mehl von Hülsenfrüchten wird Farinata (z. B. Farinata di ceci), ein dünner, gebackener Fladen, hergestellt.

Rezept für den Kichererbsensalat von Landwirtin Cinzia Anibaldi:
Kichererbsen über Nacht einweichen, kochen, evtl. schälen
- Honigmelone in Stücke schneiden
- Gutes Olivenöl
- Basilikum oder Petersilie
- Salz und Pfeffer
- Evtl. etwas Zitronensaft
- Alles zu einem Salat vermengen und frisch servieren.