«Mit dem Korb durch den Wald zu laufen und ihn gefüllt mit Kräutern nach Hause zu bringen, diese Gabe habe ich von meiner Oma in die Wiege gelegt bekommen.»Nina Shereida ist ein Freigeist und eine Kräuterfrau. Wer sie besucht, den verschlägt es an den Stadtrand von St. Gallen. Seit zehn Jahren lebt sie hier, inmitten von Waldschatten und Vogelgezwitscher, nah an der Stadt, aber dennoch weit in einer eigenen Welt.
Vor ihrem Haus, einem ehemaligen Nebenerwerbsbetrieb der Bürgergemeinde, erstreckt sich eine Weide mit Hochstamm-Obstbäumen, dahinter steht der Ziegenstall mit ihren vier Ziegen. Um das Haus wachsen verschiedene Kräuter, Blumen und Wildpflanzen. Nina Shereida sammelt diese und verarbeitet sie zu allerlei Heiltinkturen, Salben und Cremes, die sie über Bioläden oder an zahlreichen Märkten verkauft.
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Pflanzen sind das eigentliche Superfood vor der Haustüre
«Pflanzen sind eigentliche Wirkungsgemische, ein Zusammenspiel von verschiedenen Stoffen, und in jeder von ihnen steckt ein wahnsinniges Potenzial. Es ist das eigentliche Superfood vor der eigenen Haustüre», erzählt Nina Shereida mit Begeisterung. Die Wirkstoffe löse sie schliesslich aus den Pflanzen heraus, indem diese in Trägersubstanzen wie zum Beispiel Honig, Essig oder Alkohol eingelegt werden. Die so gewonnenen Extrakte sind die Grundlagen ihrer Produkte.
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Kindheitstraum Bäuerin und ein eigener Hof
Mit der Landwirtschaft kam die Kräuterfrau, die im thurgauischen Horn aufwuchs, dank ihrer besten Kollegin, einer Bauerntochter, schon früh in Kontakt. Ihr Traum sei es seit ihrer Kindheit gewesen, Bäuerin zu werden und einen eigenen Hof zu haben, allerdings wollte sie nie ihre Tiere schlachten. Im Alter von sieben Jahren wurde sie so zur Vegetarierin. «27 Jahre hielt ich das durch, seit letztem Jahr esse ich aber wieder Fleisch und es schmeckt mir sehr gut. An die Konsistenz muss ich mich aber noch gewöhnen», erzählt sie lachend. Schliesslich seien es ja auch ihre eigenen Ziegen, die sie standortgerecht halte. Und eine standortgerechte Landwirtschaft, davon ist Nina Shereida überzeugt, sei auch die Landwirtschaft der Zukunft.
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Ein offener Garten für alle
Nach der obligatorischen Schule ging es aber zuerst ins Büro nach St. Gallen, wo Nina Shereida eine KV-Lehre absolvierte. Hier sei sie «öko-rebellisch» geworden und als Mitglied der «Aktion Grüner Daumen» bei der Besetzung einer Baubrache und der Gründung eines ersten Gemeinschaftsgartens dabei gewesen. «Anarchisten im Salatbeet» meldete darauf das «St. Galler Tagblatt». «Wir haben uns jedoch nie als Anarchisten bezeichnet», kommentiert Shereida den Artikel mit einem Schmunzeln. Man habe einfach das brachliegende Land nutzen und darauf etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft erschaffen wollen. Mit dem Besitzer habe man sich abgesprochen und nach ein paar Jahren Gartennutzung habe man die Parzelle für ein Bauvorhaben wieder freigegeben.
Ausbildung zur Phytotherapeutin und Landwirtin
Den Wunsch, etwas für die Menschen und die Natur zu machen, trägt Nina Shereida immer noch in sich. «Ich wollte nie in den hintersten Krachen ziehen und dort mein Ökoparadies errichten, sondern ich wollte immer bei den Menschen sein und dort das Bewusstsein für die Natur und die Wildnis vermitteln», erzählt sie voller Energie. Mit diesem Wunsch habe sie ihre zweijährige Ausbildung zur Phytotherapeutin absolviert und anschliessend mehrere Jahre auf zahlreichen Landwirtschaftsbetrieben gearbeitet. Dank dieser Lehrjahre holt sie zurzeit ihren Abschluss als Landwirtin EFZ an der biodynamischen Schule in Rheinau nach.
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Ein Begegnungsort für die Stadt und Natur erschaffen
Für die Zeit nach ihrer Ausbildung hat Nina Shereida schon weitere Pläne: «Ich möchte mein Ziel nach einem Verbindungsort für Mensch, Stadt und Natur weiter verfolgen und will die Natur in die Stadt bringen.» In zahlreichen Kursen vermittle sie bereits ihr Wissen zu Kräutern und Pflanzen an Kinder und Erwachsene weiter. Besonders beliebt seien sogenannte Produktionskurse, in welchen die Teilnehmer Kräuter sammeln und daraus eigene Produkte herstellen. «Ich merke, dass die Menschen die Nähe zur Natur suchen und etwas gestalten und machen möchten. Meine Vision ist ein Begegnungsort, der ihnen das ermöglicht.»
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Damit das gelingt, sucht sie zurzeit nach einer geeigneten Parzelle Land. Eine bis drei Hektaren seien das Ziel. Auch möchte sie das Haus, in dem sie wohnt, von der Bürgergemeinde erwerben, sanft renovieren und weiterhin für ihre Kurse und die Herstellung ihrer Produkte nutzen. Es sind ambitionierte und positive Ziele – die BauernZeitung wünscht ihr dazu viel Erfolg.