«Importgemüse darf Rückstände von verbotenen Pestiziden enthalten»: Ein Artikel der «Sonntagszeitung» mit diesem Titel sorgte am Wochenende für Wirbel auf dem Facebook-Profil der BauernZeitung (die BauernZeitung berichtete).
Importe dürfen behandelt sein
Wegen Fäulnis und Schädlingen hatte der Rosenkohl von Gemüseproduzent Reto Minder aus Jeuss FR nicht 1A-Qualität und wurde von den Grosshändlern zurückgewiesen. Das Insektizid Benevia hätte laut Minder geholfen, einen Teil der Ernte zu retten. Doch es ist in der Schweiz nicht zugelassen. Nun importierten die Grosshändler laut Reto Minder aber Rosenkohl aus Belgien und Holland, wo Benevia zugelassen ist. «Ein Kampf mit so ungleich langen Spiessen macht uns Gemüseproduzenten kaputt», wird Reto Minder in dem Artikel zitiert.
Auch Bauernpräsident Markus Ritter kritisiert die Ungleichbehandlung ausländischer Produkte als nicht akzeptabel. «Mit der heutigen Praxis droht eine Welle von Pestizidimporten», sagt er der «Sonntagszeitung».
Swisscofel ärgert sich
Der Handel will sich derweil nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen. Keine Freude am Artikel und den Aussagen Ritters hatte man bei Swisscofel, dem Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels. «Die Qualitätsanforderungen für Schweizer Gemüse legt nicht der Handel fest, sondern der Fachausschuss Gemüse», teilt Geschäftsleiter Marc Wermelinger auf Anfrage mit. In diesem Gremium entschieden die Gemüseproduzenten, der Handel, die Industrie und Konsumenten-Vertreterinnen gemeinsam über Mindestanforderungen und allfällige Anpassungen der Normen.
Der Bund habe in den letzten Jahren die Zulassung für etliche, für den Gemüseanbau wichtige Pflanzenschutzmittel in der Schweiz aufgehoben. «Es ist mir nicht bekannt, ob dabei die Produzenten angehört wurden und ob und wie sich diese dagegen gewehrt haben», so Wermelinger. Swisscofel habe sich immer dafür eingesetzt, dass den Produzenten möglichst zeitgleich Alternativen zur Verfügung gestellt werden sollten, gegebenenfalls auch in Form von raumplanerischen Erleichterungen beim Wechsel zum Gewächshaus-Anbau.
«Falsch dargestellt»
«Im Falle von Rosenkohl stellt Herr Ritter das falsch dar», hält Marc Wermelinger fest. Produzenten und Handel hätten sich in den letzten Jahren sehr wohl auf höhere Toleranzen geeinigt. «Leider konnten bisher keine alternativen Massnahmen gefunden werden, um die Qualität zu sichern.» Die Konsumenten hätten gemäss Lebens-mittelrecht einen Anspruch auf konsumierbare Produkte und Täuschungsschutz. «Krankes, angefaultes oder von Schädlingen befallenes Gemüse darf gar nicht in Verkehr gebracht werden.»
Die Schweiz importiert rund die Hälfte der hierzulande konsumierten Früchte und Gemüse. In den Herkunftsländern gelten andere Zulassungen, denn es gibt dort zum Teil auch andere Pflanzenschädlinge und -krankheiten. Was hingegen für sämtliche in- und ausländischen Früchte und Gemüse genau gleich gilt, seien die Höchstwerte gemäss Schweizer Lebensmittelrecht und Rückstandsverordnung. «Werden diese eingehalten, dann können diese Produkte bedenkenlos konsumiert werden.» Alle Untersuchungen der Swisscofel zeigten, dass die Einhaltung dieser Höchstwerte– auch im Vergleich zum Ausland – in der Schweiz insgesamt «sehr gut» sei.
«Ein Affront»
«Es ist darum ein Affront und rufschädigend, wenn der Präsident des Bauernverbands importiertes Gemüse als ‹Pestizidimporte› verteufelt», ärgert sich Marc Wermelinger. Swisscofel habe den Schweizer Gemüseproduzenten und dem Bauernverband bereits vor Wochen Gespräche angeboten. Das Ziel sei und bleibe, die Marktanteile für inländisches Obst und Gemüse zu halten.
Eine Anfrage der BauernZeitung beim Verband Schweizer Gemüseproduzenten zum Thema blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.