«Im Oberbaselbiet bin ich gerade der Spinner Nummer eins», sagt Urs Pulfer schmunzelnd. Trotz aller Probleme – vor allem mit der Kirschessigfliege – hat er soeben auf einer Hektare Land in Diegten BL eine neue Kirschenanlage als Ersatz für eine alte, in die Jahre gekommene erstellt. Aber es gibt noch einen zweiten Grund, weshalb sich Pulfers Berufskollegen bisweilen die Augen reiben: Statt wie sonst praxisüblich die Baumstreifen kahl zu halten, hat er dort eine Gründüngung eingesät.
Standort mit Pflugsohle
Vor dem ersten Frost wuchsen zwischen den jungen Kirschbäumen Buchweizen, Sandhafer, Ackerbohnen, Eiweisserbsen, Ölrettich, Senf und Wicke hüfthoch. «Das war eine wahre Freude», erinnert sich der Landwirt. Diese Gründüngungs-Mischung («Sanimix») hat Ebenrain-Obstbauberater Franco Weibel vor vier Jahren zusammen mit UFA-Samen AG entwickelt. Weibel bot Urs Pulfer Unterstützung an bei der Standortwahl, der Bodenverbesserung und später beim Aufbau der jungen Bäumchen.
Die Gründüngung mit Saatzeitpunkt Ende August 2024 ist die letzte einer Reihe von Massnahmen, die Urs Pulfer zur Sanierung der Parzelle ergriffen hat. Diese Fläche hatte er zuvor in einer intensiven Fruchtfolge mit Futterweizen, Silomais und Kunstwiese unter dem Pflug und der Baselbieter wollte den jungen Bäumchen seiner neuen Anlage trotzdem einen optimalen Start ermöglichen. «Ackerböden haben oft eine Pflugsohle, das weiss man», gibt Pulfer zu bedenken. Bewusst hatte er sich für einjährige Bäume entschieden, denn so sei er sicher, keine Kümmerer zu erwischen und die Kirschen könnten sich direkt an ihrem neuen Standort etablieren. «Dafür habe ich Babys gesetzt», meint der Landwirt zur Empfindlichkeit der Jungpflanzen.
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«Autobahnen» bleiben verdichtet
Das Sanierungs-Rezept habe man zusammen erarbeitet, hält Franco Weibel fest. Bei der Bodenverbesserung beschränkte sich Urs Pulfer auf die künftigen Baumstreifen, da die Fahrgassen bis zum Ende des Anlagenbaus sowieso «Autobahnen» wären und es sich erst später lohnen würde, dortige Verdichtungen anzugehen. «Die Vorkultur war eine Kunstwiese, das hat für eine bessere Befahrbarkeit gesorgt», schildert der Landwirt. In einem ersten Schritt grubberte er 2022 die Streifen auf exakt die anhand des Bodenprofils vorher bestimmte Tiefe und brachte darauf Kompost aus. «Es muss zur Bodenverbesserung durch Dauerhumus guter – d.h. unkrautfreier und durchmineralisierter, also alter – Kompost sein», wirft Weibel ein.
«Ich arbeite ziemlich intensiv und Kompost war bisher nie ein Thema für mich», sagt Urs Pulfer. Angesichts voller Güllelöcher kommt es für ihn kaum infrage, eine andere organische Nährstoffquelle als Hofdünger zu nutzen. Eine zweite Premiere folgte für ihn, als er 2023 zum ersten Mal eine Gründüngung säte. Witterungsbedingt erfolgte die Saat eher zu spät (Ende Oktober), die Mischung entwickelte sich nur dürftig. «Aber die Spatenprobe zeigte dennoch jede Menge Regenwürmer», erinnert sich Pulfer, «da habe ich angefangen, Franco zu glauben.» Offenbar lockte die Kombination aus Kompost und reichlich Wurzelexudaten aus der Gründüngung zuverlässig Regenwürmer an, die auch beim Setzen der Kirschbäume auffielen. «Wir dachten: da hat es so viele Würmer und der Boden ist so locker geworden, das muss gut kommen.»
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«Ich ertappe mich ja selbst dabei.»
Es wäre generell besser, öfter vom Traktor zu steigen, findet Urs Pulfer.
Rollhacke gemietet
Im milden Winter 2023/24 ist die Gründüngung nicht vollständig abgefroren und Urs Pulfer musste sich mit der mechanischen Unkrautbekämpfung auseinandersetzen – ebenfalls Neuland für ihn. Er arbeitete mit einer gemieteten Rollhacke. «Etwa 10 Bäumchen habe ich damit – mangels Übung – auch ausgerupft», bemerkt der Landwirt. Der Vorteil der Rollhacke sei, dass das Gerät passiv arbeitet, sagt Franco Weibel. «Sie wird vom Boden angetrieben und schont deshalb bestmöglich die Struktur der Bodenaggregate.» Im Juli war es dann aber zu trocken für den Einsatz einer Rollhacke und Pulfer griff auf eine zapfwellengetriebene Kreiselegge zurück. Ende August säte er mit dem Düngerstreuer mit aufgebauter Reihenstreuvorrichtung eine zweite Gründüngung, gemischt mit Muschelkalk (total 600 kg in den Baumstreifen). Letzteren empfahl ihm Weibel – wiederum gemäss Bodenprofil-Analyse – zur Verbesserung der Humusbindung an die Bodenaggregate. Die Wurzeln der Gründüngung und die Regenwürmer stabilisieren den gegrubberten Boden und setzen dessen Lockerung in der Tiefe fort. Die Kirschbäume fünf verschiedener Sorten zeigten sich sehr vital, was Urs Pulfer teils auch auf Spritzungen mit nützlichen Mikroorganismen zurückführt.
Für Urs Pulfer hat die Gründünung zwei wichtige Nachteile: Erstens musste er die mechanische Unkrautbekämpfung erlernen – was ihn Maschinenmiete, Zeit und einige Bäumchen kostete. «Aber Herbizide sind halt schon nicht nur gut», räumt der Landwirt ein und erzählt von Herbizidschäden an Kirschbäumen seiner alten Anlage. Bei einjährigen Bäumen sei die Rinde noch nicht verholzt und es kämen nur wenige Wirkstoffe infrage, ergänzt Pulfer.
«Durch anhaltenden Herbizideinsatz kann es auf dem Boden unter den Bäumen einen regelrechten Deckel geben aus Moos, Algen und verdichteten Bodenteilchen. Den kann man brechen wie ein Fasnachtschüechli», schildert Franco Weibel. Solche «Deckel» würden den Gastaustausch für das ganze Bodenleben samt der Aktivität der Baumwurzeln behindern.
Mäuse bleiben unbemerkt
Als zweiten Nachteil der begrünten Baumscheiben nennt Urs Pulfer die erschwerte Mäusekontrolle. Die Tiere schätzen die Deckung und finden Nahrung in der Gründüngung. «Man sieht sie zum Teil erst, wenn es zu spät ist», sagt der Landwirt. Daher gehe er wöchentlich durch die Anlage auf Kontrollgang. «Wenn der Mäusedruck zu hoch wird, sollte man die Gründüngung besser runtermulchen», sagt Franco Weibel. Sonst werde der Schaden bald den Nutzen überwiegen.
Insgesamt zeigt sich Urs Pulfer sehr zufrieden mit seiner Bodensanierung und dem Zustand seiner jungen Kirschenanlage. Die Mehrkosten hielten sich in Grenzen und würden sich dank gut etablierter Bäume und Einsparungen beim Pflanzenschutz bezahlt machen, meint der Baselbieter. Wahrscheinlich werde er auch nächstes Jahr eine Gründüngung in den Baumstreifen säen und dann eine Weile nicht mehr, bis die dickeren Kirschbäume weniger empfindlich gegen mechanische Unkrautbekämpfung sind. Allfälliges Unkraut will Pulfer aber künftig über den Winter stehen lassen, als Bodenbedeckung.
Positiver eingestellt
«Wir müssen dann den Boden wieder genau anschauen; sein Zustand wird zeigen, ob es eine weitere Gründüngung braucht, nicht irgendein Rezept», so Franco Weibel. Vielleicht wäre es generell gut, öfter vom Traktor zu steigen und einen genaueren Blick auf den Boden zu werfen, findet Urs Pulfer. «Ich ertappe mich ja selbst dabei: Temperatur in der Kabine einstellen, Musik an und los.» Im Ackerbau zwinge ihn die Politik zu Gründüngungen, wobei er aber auf positive Effekte hoffe.
Seit er die Wirkung auf den Boden in der neuen Obstanlage gesehen hat, sei er ausserdem gegenüber Gründüngungen wesentlich positiver eingestellt. In der Kirschenanlage war es das Zusammenspiel aus reifem Kompost, Wurzeln, Gründungen, Meeralgenkalk und Regenwürmern, die zum Erfolg geführt haben – nicht die Einzelkomponenten, sind Urs Pulfer und Franco Weibel überzeugt.
Betriebsspiegel Urs Pulfer
LN: 20 ha
Kulturen: Silomais, Futterweizen, Kunstwiese, Niederstamm-Kirschenanlage
Tierbestand: 50 Sauen, 200 Mastschweineplätze, 130 Mastmuni mit Vormast
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, 1 Mitarbeiter, saisonale Aushilfen