Spitzwegerich gilt gemeinhin als schmackhaftes Futterkraut. Zudem verfügt er über verschiedene Eigenschaften, die in der Landwirtschaft jüngst vermehrt auf Interesse gestossen sind. So läuft an der Swiss Future Farm in Tänikon im Zusammenhang mit einer ETH-Dissertation derzeit ein Feldversuch zu Spitzwegerich im Futterbau, welcher kürzlich an einer Flurbegehung vorgestellt wurde.

Saatanteil bis 25 Prozent

Zudem stellt eine Agroscope-Studie unter anderem Vergleiche bezüglich der Trockenheitstoleranz an. Erste Ergebnisse zeigen: «Es gibt Forschungsresultate, die zeigen, dass Kunstwiesen mit Spitzwegerich besser mit Trockenstress umgehen können», sagte Daniel Nyfeler, Futterbauberater am Arenenberg. Zwar würden diese ebenfalls unter Trockenheit leiden, der Minderertrag falle jedoch geringer aus als bei herkömmlichen Mischungen.

Die Studie wies zudem darauf hin, dass bei nicht trockenen Verhältnissen, wie sie etwa letztes Jahr vorherrschte, auch mit Spitzwegerich in der Mischung ein stabiler Ertrag zu erwarten ist. «Unter der Voraussetzung, dass der Saatanteil nicht mehr als 20 bis 25 Prozent beträgt», so Nyfeler. Ein höherer Anteil an Spitzwegerich würde sich dagegen negativ auf den Ertrag auswirken.

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Weniger Stickstoffverluste

Die gute Trockenheitstoleranz der Pflanze lässt sich unter anderem durch ihre bis zu einem Meter langen Pfahlwurzeln erklären. Doch eine Rolle spielen wohl auch andere Faktoren. Bekannt ist etwa, dass der Spitzwegerich über die Wurzeln einen natürlichen Nitrifikationshemmer absondert. Dabei handelt es sich um einen Stoff, der Stickstoffverlusten entgegenwirkt. Das bessere Wachstum bei Trockenheit führt auch dazu, dass die Aufnahme des Stickstoffs im Boden erhöht ist. In Kombination mit der verminderten Drainagewassermenge nach unten führt dies möglicherweise zu verminderten Stickstoffverlusten in die Umwelt.

Interessant sind laut Daniel Nyfeler auch die möglichen Effekte von Spitzwegerich in der Fütterung. So gibt es Hinweise darauf, dass die Pflanze die Aufnahme von Rohprotein begünstigt. Auch könnte es sein, dass die Stickstoffausscheidung vom Urin in den Kot verlagert wird. Das wiederum würde die Leber der Tiere entlasten und zudem die Ammoniakemissionen reduzieren. Etwas weniger günstig ist die Tatsache, dass die Stängel eher schwer verdaulich sind. Auch stellt sich die Frage, ob die dem Spitzwegerich nachgesagten positiven Effekte tatsächlich nachgewiesen werden können. So gilt das Kraut beispielsweise als schleimlösend und kommt in der Naturheilkunde bei Husten zum Einsatz. Dort ist auch von einer antibiotischen Wirkung die Rede. «Der Nutzen von Spitzwegerich punkto Fütterung und Tiergesundheit ist nach wie vor nicht vollständig geklärt», meinte Nyfeler. Ebenso bleibt offen, welchen Einfluss er auf die Milchqualität hat. In diesem Zusammenhang weist eine vor einigen Jahren gemachte ETH/HAFL-Studie auf eine Zunahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie Omega-3-Fettsäuren hin.

Zukunftsweisende Pflanze

Zwar würden Studien auf verschiedene positive Eigenschaften von Spitzwegerich hindeuten. «Doch handelt es sich dabei lediglich um einzelne Hinweise, die zusammen kein erhärtetes Gesamtbild abgeben», betonte Daniel Nyfeler. Doch alles in allem handle es sich um eine zukunftsweisende Art, falls dereinst Kräuter Bestandteile von Futterpflanzenmischungen würden, räumte er ein.

Laut dem Futterbauberater sind zwar schon vereinzelt derartige Mischungen im Angebot. Die erste Spitzwegerich-Sortenprüfung wurde allerdings erst im laufenden Jahr gestartet. Entsprechende Standardmischungen können frühestens mit dem Erscheinen der Liste der empfohlenen Sorten im Jahr 2028 entwickelt werden.


Nach 15 Jahren im Thurgau folgt eine neue berufliche Herausforderung in Luzern


Nach über 15 Jahren am Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg wechselte Daniel Nyfeler per 1. Juni an das Berufsbildungszentrum Hohenrain im Kanton Luzern. Die «BauernZeitung» hat ihn zu diesem Schritt befragt.

Herr Nyfeler, was hat Sie zu diesem Wechsel ans BBZN Hohenrain bewogen?

Daniel Nyfeler: Am Arenenberg konnte ich mich entfalten und einiges bewegen. Jetzt möchte ich für das verbleibende Berufsleben nochmals durchstarten. Als Prorektor übernehme ich die Verantwortung für den Unterricht, die Beratung und den Landwirtschaftsbetrieb am BBZN Hohenrain. Dabei möchte ich dazu beitragen, die Landwirtschaftsschule, das BBZN und die Luzerner Landwirtschaft weiterzuentwickeln.

Was nehmen Sie persönlich aus Ihrer Zeit am Arenenberg mit – fachlich wie menschlich?

In all den Jahren konnte ich fachlich viel lernen, besonders im Futterbau, meinem ursprünglichen Fachgebiet. Hier befasste ich mich mit vielen Themen, wie der Proteinversorgung aus einheimischen Futterleguminosen oder den futterbaulichen Auswirkungen von emissionsmindernden Ausbringtechniken. Ich habe aber auch im Ackerbau viel gelernt, da ich die ganze Zeit im Beratungsteam Acker- und Futterbau gearbeitet habe, und dieses seit zwei Jahren auch leite. Zusätzlich sammelte ich Führungserfahrung als Mitglied der Geschäftsleitung und profitierte auch von Einblicken in andere pflanzenbauliche Gebiete sowie im Bereich der Tierhaltung.

Menschlich bleiben viele schöne Erlebnisse mit Mitarbeitenden und Thurgauer Bauernfamilien. Darauf werde ich mich auch in Zukunft freuen, wenn ich mich im Thurgau bewegen werde. Meine Familie und ich bleiben ja hier wohnhaft.

In Ihrer Zeit am Arenenberg haben Sie viele Entwicklungen im Pflanzenbau begleitet – was bleibt aus Ihrer Sicht die grösste Herausforderung für die Praxis?

Im Acker- und Futterbau drohen zum Beispiel weitere Verschärfungen bei der Düngung. Ich bezweifle, dass bei gewissen Kulturen damit noch zufriedenstellende Erträge mit der verlangten Qualität erreichbar sind. Auch die immer kürzere Liste zugelassener Pflanzenschutzmittel bereitet mir Sorgen. Problematische Mittel müssen verschwinden, aber null Rückstände sind unrealistisch. Viele Stoffe stammen von ausserhalb der Landwirtschaft. Wichtig ist, dass Konzentrationen klar unter problematischen Werten bleiben. Das Beispiel PFAS zeigt, wie komplex die Thematik ist.

Was möchten Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?

Ich empfehle, sich ein eigenes Fachgebiet zu schaffen, in dem man sich und die Branche weiterentwickeln kann – idealerweise etwas, wofür man echtes Herzblut hat. Ebenso wichtig ist ein gutes Arbeitsklima: Wenn Mitarbeitende gerne zur Arbeit kommen und lange bleiben, stärkt das die Leistungsfähigkeit des Teams. Dabei sollte man stets die eigenen Ressourcen und jene der Mitarbeitenden im Blick behalten, um negative Dynamiken zu vermeiden. Und schliesslich: Es ist ein Privileg, in und für die Thurgauer Landwirtschaft zu arbeiten – ich habe die Landwirte als innovativ und zugleich pragmatisch erlebt.

Interview (schriftlich) Viktor Dubský