Ebenrain Japankäfer breitet sich in Basel weiter aus Saturday, 20. July 2024 Christoph Böbner wirkt bei der Videoübertragung nervös. Erst vergangenen März hat er die Leitung des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Ernährung und Natur übernommen und nun steht ihm eine erste Feuerprobe bevor. Zusammen mit der Stadtgärtnerei Basel und der Agroscope muss es dem Ebenrain gelingen, den Japankäfer in der Region Basel auszurotten. Dieser hat sich nämlich im Stadtkanton festgesetzt und begonnen, sich auszubreiten.

Frühe Käferfunde

«Wir hatten in Basel etwas Glück, weil wir den Käfer rund drei Wochen früher als in Zürich entdeckt hatten», informierte Sofia Stefani vom Bundesamt für Landwirtschaft an der Online-Infoveranstaltung vom 23. Juli. In Kloten ZH führte die Entdeckung im Jahr 2023 zu einer umfangreichen Bekämpfungsaktion, die immer noch andauert.

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Abo Eingeschleppter Schädling Japankäfer erstmals auf der Alpennordseite – breite Notfallzulassung für Insektizid Tuesday, 25. July 2023 Das frühe Entdecken ist entscheidend für die Bekämpfung des Japankäfers. Gemäss Joana Weibel von der Agroscope verbringe dieser eigentlich die meiste Zeit im Boden als Larve, wo er sich von Graswurzeln ernähre. Bei Massenbefall führt dies zum Absterben der Grasnarbe. Die Rasenflächen verdorren und können, weil die Käfer die Wurzel komplett abtrennen, einfach zusammengerollt werden. 

Im Mai kriechen die Käfer dann aus dem Boden und fallen massenweise über alles her, «was zart und weich ist», so Weibel. Insgesamt befällt der Schädling über 400 Wirtspflanzen. Angegriffen werden zum Beispiel Rosenblüten, an Weinreben verursacht der Käfer den typischen Blatt-Skelettierfrass, Pflaumen und weitere Früchte vernasche er gleich ganz. Ende Juli legen die Käferweibchen dann 40 bis 60 Eier in den Boden ab, woraus die Larven schlüpfen und der Zyklus wieder von vorne beginne. Die Hoffnung sei laut Weibel nun, dass aufgrund der kalten Witterung der Käfer noch nicht mit der Eiablage begonnen habe.

In den USA verursacht er laut Angaben des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums jährlich Schäden von rund einer halben Milliarde Dollar.

2014 sei der Japankäfer dann zum ersten Mal in Norditalien entdeckt worden, erzählt Joana Weibel, wo er sich, trotz Gegenmassnahmen, dramatisch ausgeweitet habe.

Bisher südlich der Schweiz

Dank der Alpen trat der Japankäfer bis vor zwei Jahren in der Schweiz einzig im Kanton Tessin auf. Aufgrund des hohen Käferdrucks aus dem umliegenden Italien mache hier eine Ausrottung wenig Sinn und der Bund verfolge darum, laut Sofia Stefani vom Bundesamt für Landwirtschaft, die Eindämmungsstrategie, die zum Ziel hat, die weitere Ausbreitung zu verhindern oder zu verlangsamen. Bei sämtlichen Käferfunden nördlich der Alpen verfolge man, laut Stefani, gemäss internationalen Abkommen eine Isolierungs- und Ausrottungsstrategie.

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Kein Insektizideinsatz möglich

«Wir haben darum umgehend reagiert, als wir Anfang Juli 66 Käfer bei der Sportanlage St. Jakob in der Falle fanden», berichtet Timo Börker, Projektleiter bei der Stadtgärtnerei Basel. Mit zusätzlich aufgestellten Fallen habe man weitere Befallsherde identifiziert und konnte so das Gebiet eingrenzen. Gemäss Bundesamt für Landwirtschaft sind bis zum 15. Juli insgesamt 76 lebende Käfer gefangen worden, die meisten bei der Rollrasenproduktionsfläche bei den Sportanlagen St. Jakob.

Diese Flächen wurden mittlerweile mehrmals gefräst und ganzflächig mit einer Folie abgedeckt. Ebenfalls wurden Gebiete der Kantone Basel-Stadt und Basel-Land in Befallsherde und Pufferzonen eingeteilt. Beide Kantone haben entsprechende Verfügungen erlassen und Massnahmen der Käferbekämpfung definiert (siehe Kasten). Ein Einsatz von Insektiziden wie in Kloten sei jedoch laut Börker wegen des Grundwasserschutzes nicht möglich.

Gärtnereien betroffen

«Wir sind bei den Massnahmen auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen», kommentierte Christoph Böbner vom Ebenrain die Verfügungen und ergänzt, dass beide Kantone und der Bund eng zusammenarbeiten. 

Die Gärtnereien, welche von den Massnahmen besonders betroffen sind, sollen bei Fragen Kontakt mit der Stadtgärtnerei aufnehmen. Landwirte sollen sich bei Verdacht an die Pflanzenschutzdienste wenden. Laut Eleonor Fiechter, Leiterin des Pflanzenschutzdienstes am Ebenrain, stehen sie diesen bei Fragen zu Bekämpfungsmassnahmen oder der Entschädigung zur Verfügung. Man solle sich aber nicht zu Impulstaten verleiten lassen, warnt Fiechter. Erst auf Anordnung des Pflanzenschutzdienstes sollen sie Flächen fräsen; nur dann können diese auch entschädigt werden.

Hier gibt es weitere Informationen sowie die Aufzeichnung der Online-Infoveranstaltung

Abo Quarantäneorganismus Ist das ein Japankäfer? So erkennen Sie den eingeschleppten Schädling Thursday, 13. July 2023

Kontrollen am Gotthard
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Kommentar von Viktor Dubský

Der Japankäfer ist in Basel. Nach Kloten im letzten Jahr ist dies nun der zweite Fall nördlich der Alpen. Anders als im Süden, wo man eine Eindämmungsstrategie verfolgt, setzt man im Norden alles daran, die Käfer auszurotten. Eine enorme Herausforderung für die Beteiligten. Flächen müssen gefräst und abgedeckt, Lockfallen aufgestellt und Nematoden ausgebracht werden. Ist das Problem danach gelöst, oder betreibt man hier «Pflästerlipolitik»?

In den Sommermonaten passieren täglich 40'000 bis 60'000 Fahrzeuge den Gotthardtunnel. Die Chance ist gross, dass es früher oder später zu weiteren Käferfunden kommen wird. Der Blick in die Zukunft präsentiert sich düster, denn Reisen und der freie Warenfluss sind Bestandteile der modernen Gesellschaft. Was bräuchte es also? Länder wie Australien oder Neuseeland könnten als Vorbild dienen. Einerseits profitieren sie von ihrer Insellage, andererseits wird jedoch jeder ankommende Mensch, jede Ware, penibelst bei Ankunft auf eingeschleppte Krankheiten oder Schädlinge überprüft.

So etwas entlang der Alpen durchzusetzen, wäre die drastischste, wohl aber auch die effektivste Massnahme, um eine Ausbreitung des Schädlings in Richtung Norden zu verhindern. Angesichts des riesigen Aufwands und der einschneidenden Wirkung ist dies aber kaum realistisch.

Langfristig bleibt es wohl unvermeidlich, dass der Schädling sich früher oder später auch hierzulande ausbreitet. Bis dahin muss man ihn so lange bekämpfen, wie es nur geht. Denn ist er einmal da, tragen die Landwirte – und die Steuerzahler – die Kosten. Und diese werden sich auf Hunderte von Millionen Franken belaufen. v.dubsky@bauernzeitung.ch