Im Vorkeimraum von Daniel Erb stapeln sich bereits die weissen Kunststoffkisten. Braune dicke Knollen liegen aufeinander, ein Keimansatz ist zu erkennen. Der Kartoffelbauer aus Schlatt TG und Vizepräsident der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten bereitet sich auf die Saison vor: «Bei kühler Frühjahrswitterung ist es wichtig, die Frühkartoffeln vorzukeimen. So haben sie einen zeitlichen Vorsprung und können schneller auflaufen. Ein perfekter Start», weiss Daniel Erb.

Gutes Pflanzgut ist zertifiziert

Im Herbst hat Daniel Erb mit den Arbeiten für die kommende Saison begonnen: Im Kühlraum lagern seine Pflanzkartoffeln in Paloxen. Er hat sie langsam auf 4°C heruntergekühlt. Zu gegebener Zeit wird er die Knollen in Vorkeimkisten zu je 9 kg abfüllen. 

Erb setzt nur zertifiziertes Pflanzgut ein. «Das ist wichtig und für das Suisse-Garantie-Label Bedingung. Denn nur dann erfüllt es die Qualitätsanforderungen bezüglich der verschiedenen Virus- und sonstigen Krankheiten», erklärt er. Auch die Kalibrierung sei bei zertifiziertem Pflanzgut innerhalb einer bestimmten Bandbreite. «Eine gleichmässige Kalibrierung brauchen wir, damit die Knollen möglichst zeitgleich auflaufen.» Der Landwirt setzt auf eine Kalibergrösse von 35 bis 50 mm bei einem Pflanzabstand von 25 bis 28 cm. «Bei dieser Grösse ist die Triebkraft deutlich stärker, Kleinsortierung hat im Frühbau keinen Platz.» Bei späterer Pflanzung sei eine Grösse von 32 bis 35 mm ausreichend, wenn man den Pflanzabstand auf 16 bis 20 cm verringere und mehr Kartoffeln pflanzt. 

Anfang Jahr hat der Kartoffelbauer begonnen, sein zertifiziertes Pflanzgut in weisse Vorkeimkisten umzulagern. «In eine Kiste schichten wir zwei Lagen Kartoffeln aufeinander. Licht und Luft müssen dabei noch genügend hindurchdringen können», erklärt der Landwirt. Die Kisten werden dann aufeinandergestapelt, so dass auf einer Palette 36 bis 40 Kisten Platz haben. 

Mit optimalen Bedingungen erfolgreich Vorkeimen

Für ein optimales Vorkeimen spielen die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, Belichtung und Belüftung eine wichtige Rolle. Sobald die Knollen keimen sollen, kommen sie in den Vorkeimraum des Kartoffelbauers, wo sie während sechs bis acht Wochen bei einer Temperatur von 8 bis 12°C und einer Luftfeuchtigkeit von 85% rund um die Uhr belichtet werden. «Die Belichtung muss einsetzen, wenn die Keimspitzen etwa 3 mm lang sind.» Daniel Erb kombiniert hierfür neue 360°-LED-Leuchten (100–120 Watt je Tonne Kartoffeln) – der Firma Farmsupport GmbH (Produkte auch bei der Landi erhältlich) – mit schon älteren Lampen, die eine Leistung von 180 bis 200 Watt je Tonne benötigen. «Das Ziel ist, eine Lichtintensität von 140 Lux an der belichteten Kistenseite zu erreichen», sagt er. 

Zwischen den Palettenstapeln muss je nach Raumverhältnissen ein Abstand von etwa 40 bis 80 cm eingehalten werden, damit die Knollen genügend Luft und Licht erhalten. «Wenn die Luft zu wenig zirkuliert oder die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist, kann es passieren, dass die Knollen wurzeln und zusammenwachsen.» Das käme häufig bei der Sorte Annabelle vor und sei nach Angaben des Landwirts sehr mühsam wieder auseinander zu bekommen. «Und wenn zu wenig Licht durchdringt, bilden die Keime zu wenig Chlorophyll», weiss Erb. Durch die Chlorophylleinlagerung erhält der Keim die nötige Stabilität und bricht beim Pflanzen nicht ab. Bleibt er weiss und bricht ab, kann sich das negativ auf den Ertrag ausüben. «So ein Keimbruch kommt häufig bei sensiblen Sorten wie Annabelle vor», berichtet er aus Erfahrung.

Die optimale Temperatur erzeugt Daniel Erb mit einem vollautomatischen Pelletofen. Für die Luftumwälzung sorgt zusätzlich ein Elektroofen. 

Nach sechs bis acht Wochen kann gepflanzt werden

Es dauert etwa zehn Tage, bis die ersten Keimspitzen aus den ruhenden Augen zu wachsen beginnen. Aber das sei sortenspezifisch und hänge von den Bedingungen im Vorjahr ab: «Wenn die Temperaturen im vergangenen Jahr extrem warm waren oder sonstiger Stress wie ­Trockenheit die Kartoffeln beeinflusste, keimen die Knollen verschieden und die physiologische Alterung ist schon weiter fortgeschritten», sagt Daniel Erb. 

Nach sechs bis acht Wochen wären die Frühkartoffeln bereit zum Pflanzen. Für das Pflanzen werden trockene und frostfreie Bodenverhältnisse benötigt. «Wenn das Wetter nicht mitspielt, müssen wir die Kartoffeln wieder auf 6 bis 4°C runterkühlen bei durchgehender Belichtung. Damit bremsen wir zunächst das Keimwachstum», sagt er. Optimal wäre es aber, wenn die vorgekeimten Knollen gleich gepflanzt werden, weil sonst die Keime weiter wachsen und nicht mehr maschinell gesetzt werden könnten. Vorteilhaft für Frühkartoffeln seien zudem leichte Böden mit wenig Ton- und Lehmanteil. Diese würden sich schneller erwärmen und einen zügigen Auflauf gewährleisten. 

Knollen müssen schonend gesetzt werden

Mit einem Halbautomaten setzt Daniel Erb seine Kartoffeln je nach Witterung ab zirka Mitte Februar. «Durch das Handeinlegen werden die Pflanzkartoffeln am meisten geschont und wir können etwas längere Keime riskieren. Mit einem Vollautomaten dürfen die empfindlichen Keime nicht so lang sein, sonst ist die Gefahr gross, dass sie abbrechen», so seine Erfahrung. 

Auch die späten Sorten lohnen sich vorzukeimen

Auch die Veredelungskartoffeln werden auf Daniel Erbs Betrieb vorgekeimt. «Dies ist nicht zwingend notwendig. Man kann Pflanzgut auch nur stimulieren, bevor man es im April setzt», sagt er. Generell seien für die Vorkeimung der Speise- und Veredelungskartoffeln zwei Verfahren möglich: Entweder erhalten die Knollen in den Paloxen einen Wärmeschock von etwa 16°C für ein paar Tage und ohne Belichtung. Die Knollen können dann nach nur sieben bis zehn Tagen gepflanzt werden. Oder man setzt sie für ein paar Tage einer Temperatur von 14 bis 16°C aus und belichtet sie für vier bis sechs Wochen. «Wichtig ist, eine zu schnelle Erwärmung zu vermeiden, so dass sich kein Kondensat bilden kann, was verschiedene Krankheiten wie Silberschorf und die Welkekrankheit Colletotrichum begünstigt», warnt der Landwirt. Zudem könnte ein zu rasches und intensives Erwärmen zur Erstickung der Knollen führen. Beide Verfahren würden die apikale Dominanz brechen, d. h., es wird unterbunden, dass sich nur ein Hauptkeim bildet. Denn man möchte mehrere Augen keinem lassen, was höhere Knollenansätze und Stückzahlen ergäbe. 

Hoher Kostenaufwand, aber ...

Daniel Erb weiss, dass das Vorkeimen mit sehr viel Aufwand und Kosten verbunden ist. Neben der körperlichen Arbeit seien die Strom- und Heizkosten nicht zu unterschätzen. «Für ein Kilogramm Pflanzgut benötige ich ungefähr 15 Rappen zum Vorkeimen der Kartoffeln», sagt er. Doch aufgrund des zeitlichen Vorsprungs könne mit weniger Rhizoctonia-Befall gerechnet werden. Weil sich die Vegetationszeit auf dem Feld um ein bis zwei Wochen verkürzt, fällt die Ernte zudem früher aus. Schliesslich ist ein Mehrertrag bis 15 Prozent möglich.