Vergangenen Freitag hat der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (ScoPAFF) der EU beschlossen, die Zulassung für den Wirkstoff Mancozeb auf den 31. Januar 2021 nicht zu erneuern. Der Grund: Mancozeb sei reproduktionstoxisch und hormonschädlich für Mensch und Umwelt (siehe Kasten). Gemäss einem Online-Bericht des «Farmers Guardian» wird eine Verkaufs- und Aufbrauchsfrist von sechs Monaten erwartet.
Mancozeb ist ein Kontaktfungizid, das auch in der Schweiz zum Einsatz kommt. Es wird hauptsächlich zur Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) im Kartoffelbau eingesetzt, kommt aber auch im Wein-, Gemüse und Zierpflanzenbau zur Anwendung. Werden die Pflanzen gegen Phytophthora nicht regelmässig mit einem Fungizid geschützt, sind hohe Ausfälle bis hin zu einem Totalausfall möglich.
Erfahrungsgemäss ist ein Zulassungsverbot in der Schweiz zu erwarten, da das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) bei EU-Verboten generell nachzieht.
Andere Wirkstoffe vorhanden, aber resistenzproblematisch
Im Kartoffelbau ist Mancozeb in den Produkten Bonita WG (Leu & Gygax), Dithane NeoTec (Syngenta), Policar 75 WG (Omya) und Trimanoc DG (United Phosphorus Switzerland Ltd.) enthalten (siehe Landi Zielsortiment Acker- und Futterbau 2020 ab Seite 42). Auch wird es häufig in Kombination mit anderen Wirkstoffen verwendet.
«Diese Produkte machen mindestens 1/3 der Applikationen im Kartoffelbau aus», weiss Geri Busslinger, Verkaufsleiter bei Agroline Service & Bioprotect. Ohne Mancozeb stünden dem Kartoffelbau nur noch Fluazinam, Cyazofamid, Amisulbrom und Kupfer als Kontaktwirkstoffe zur Verfügung. Mancozeb ist ein wichtiger Resistenzbrecher. Er befürchtet deshalb, dass die Resistenzproblematik bei einem Verbot zunehmen wird.
Dies bestätigt auch Christian Bucher, Geschäftsführer von Swisspatat. «Phytophthora infestans gehört zu den Krankheitserregern, die schnell resistent gegenüber Fungiziden werden können. Dem Resistenzmanagement und somit auch einer genügenden Anzahl an geeigneten Fungiziden kommt deshalb eine wichtige Bedeutung zu. Aus phytomedizinischer Sicht ist ein Wegfall von Mancozeb somit als kritisch zu beurteilen.»
Swisspatat unterstütze aber grundsätzlich, dass aufgrund von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln überprüft und wenn notwendig angepasst wird. «Liegen neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von Mitteln vor, müssen diese sorgfältig evaluiert werden, um negative Einflüsse auf Nicht-Ziel-Organismen auszuschliessen», so der Swisspatat-Geschäftsführer.
Neue Strategien entwickeln, wird immer wichtiger
Geri Busslinger möchte die Situation aber nicht dramatisieren: «Mancozeb ist zwar nicht problemlos ersetzbar, wir werden jedoch einen Weg finden. Vor zwei Jahren hatten wir bereits den Wirkstoff Chlorothalonil im Kartoffelbau ersetzen müssen.» Er geht davon aus, dass gegen die Kraut- und Knollenfäule das Leu-&-Gygax-Produkt Ranman Top an Bedeutung gewinnen wird. Bei diesem Kontaktwirkstoff seien Resistenzen gegenüber Phytophthora noch nicht bekannt. Auch wären neue Kombinationen einzelner Wirkstoffe durchaus denkbar.
Busslinger ist sich sicher, «in den kommenden Jahren werden wir vermehrt mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sein, weil weitere wichtige Wirkstoffe in der EU und auch in der Schweiz die Zulassung verlieren werden». Deshalb würden die Entwicklung alternativer Strategien und das Kombinieren verschiedener Pflanzenschutzmethoden immer wichtiger.
Phytophthora-tolerante Sorten werden an Bedeutung gewinnen
Christoph Kohli, Leiter Veredelungs- und Pflanzkartoffeln der Fenaco, ergänzt: «In Zukunft wird das Resistenzniveau gegenüber Phytophthora bei der Sortenwahl an Bedeutung gewinnen. Es wird aber möglich sein, mit Sorten zu arbeiten, die sowohl mit Resistenzen- wie auch Qualitätsparametern überzeugen.»
Bei Swisspatat läuft aktuell ein Projekt mit Low-Input-Versuchen, wobei mit Hilfe von Prognosemodellen und resistenteren Sorten versucht wird, den Fungizideinsatz im Kartoffelbau zu reduzieren.
Letzter Einsatz von Mancozeb wahrscheinlich in nächster Kartoffelsaison
Das BLW nimmt den EU-Entscheid zur Kenntnis und wird ein Rückzugsverfahren aufgleisen, teilt die Zulassungsbehörde auf Anfrage der BauernZeitung mit. Über den Zeitpunkt eines Verbots könne noch keine Angabe gemacht werden. Geri Busslinger geht davon aus, dass Mancozeb letztmals in der nächsten Kartoffelsaison zum Einsatz kommen wird.
Studien stellen reproduktionstoxische und hormonell-schädigende Wirkung von Mancozeb fest
Im März 2019 wurde der Wirkstoff Mancozeb – eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Dithiocarbamate – von der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1 B eingestuft. In diese Kategorie gehören Stoffe, die «wahrscheinlich» die menschliche Fortpflanzung gefährden. Gemäss der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schädige es zudem die Schilddrüse und könne Schilddrüsentumore hervorrufen. Die EFSA stufte es deshalb als hormonschädlich für Menschen und wahrscheinlich hormonschädlich für die Umwelt ein.
In Frankreich hat sich das Amt für Gesundheitsschutz in Ernährung, Umwelt und Arbeit (ANSES) daraufhin gegen die Verlängerung der Zulassung von Mancozeb ausgesprochen, wie aus einem Online-Bericht der «topagrar» hervorgeht. Die Behörde empfahl der Europäischen Kommission im April, die Zulassung nicht zu erneuern. Vergangenen Freitag hat der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) der EU in einem Verordnungsentwurf beschlossen, die Zulassung für Mancozeb nicht zu verlängern. Als nächstes wird dieser Verordnungsentwurf dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung vorgelegt, teilt die Swisspatat der BauernZeitung mit.