«Kartoffeln sollten natürlich nur dann importiert werden, wenn die Ware im Inland nicht verfügbar ist», erklärt Niklaus Ramseyer von der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten (VSKP).   Aktuell ist dies unter anderem für Chips-Kartoffeln der Fall. Die Nachfrage dafür ist momentan gross. Die Menge an Schweizer Ware ist jedoch zu gering, um die Verarbeitungsanlagen auszulasten und die Nachfrage nach Chips zu decken. Daher werde importiert, sagt Ramseyer.

Fast unbegrenzte Einfuhr

Grundsätzlich stehen jedes Jahr Basis-Zollkontingente für den Import von Kartoffeln zur Verfügung. Kartoffeln und Kartoffelprodukte können aber jederzeit und in beliebiger Höhe – mit Ausnahme von Speisekartoffeln – auch ausserhalb des Zollkontingentes importiert werden. Diese Importe unterliegen dem sogenannten Ausser-Kontingents-Zollansatz.

Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft gewährt die Schweiz Ägypten beispielsweise ein jährliches zollfreies Einfuhrkontingent von 2690 Tonnen Speisekartoffeln. Gestützt auf eine Freihandelsverordnung aus dem Jahr 1995, besteht ausserdem ein jährliches zollfreies Einfuhrkontingent von 1500 Tonnen Speisekartoffeln aus Tunesien.

Die wichtigsten Herkunftsländer der Kartoffelimporte sind laut Angaben der Branchenorganisation Swisspatat die Niederlande, Frankreich und Ägypten. Gemäss dem VSKP exportiert die Schweiz nur einige Tonnen Saatkartoffeln.

Absprache mit dem Handel

Zurzeit könne die Inlandversorgung mit Frühkartoffeln aus der Schweiz gewährleistet werden. Trotzdem würde man teils noch ägyptische Frühkartoffeln in
den Regalen finden, beobachtet Niklaus Ramseyer. Dies sehen die Schweizer Konsumenten und Kartoffelproduzenten natürlich nicht gerne. Eine genaue Marktbeobachtung und die Absprache mit den Importeuren, Produzenten und Handelsfirmen ist daher wichtig.

Für Frühkartoffeln wird innerhalb der Branchenorganisation Swisspatat jeweils ein Importstopp vereinbart. Branchennahe Importeure halten sich gemäss Ramseyer grösstenteils an die Empfehlungen und stellen den Import ein, sobald die Nachfrage mit Schweizer Ware gedeckt werden kann. «Es kommt aber vereinzelt vor, dass Importeure auch noch dann Kartoffeln einführen, wenn Schweizer Kartoffeln ladenbereit wären», so Ramseyer weiter.

Einfuhren möglichst gering halten

Ob zusätzliche Einfuhren nötig sind, entscheidet  eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Swisspatat.  Zusammen mit dem Verband Swisscofel und der Swiss Convenience Food Association (SCFA) führt die Branchenorganisation Erhebungen über die aktuelle Lage der Schweizer Kartoffelproduktion durch.  Die Schweizerische Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen (SZG) erhebt zudem Daten über die Flächen und Mengen der zu erwartenden Kartoffelernte. Die Hochrechnungen sollen den Übergang von Import- auf Inlandware harmonisieren und die Einfuhren auf das Minimum reduzieren.

Gemäss dem VSKP beträgt die aktuelle Kartoffel-Anbaufläche rund 11 00 Hektaren und ist somit seit rund zehn Jahren stabil. Dies obwohl die Anzahl Produzenten kontinuierlich zurück geht.  Die Inlandversorgung wird zu rund 80 Prozent durch die
inländische Produktion abgedeckt, berichtet der Schweizer Bauernverband. Welche Sorten importiert würden, sei dem VSKP nicht bekannt. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) veröffentlicht jedoch regelmässig die Ausnützung der Kontingentmengen für Speise-, Veredelungs-, und Saatkartoffeln. Die diesjährigen Kartoffelimporte sind nach den ersten vier Monaten mit 9510 Tonnen bereits höher als die Gesamtimporte des Jahres 2019 (9036 Tonnen).

Sondersituation 2020

Als Folge der Pandemie blieb die  Absatzmöglichkeit in der Gastronomie für längere Zeit aus. Dies konnte aber mit dem zusätzlichen Konsum der Privathaushalte
ausgeglichen werden. Gemäss dem Covid-19-Sonderbericht des BLW stiegen die Detailhandel-Absätze von Speisekartoffeln im April 2020 gegenüber dem Vorjahr um 34 Prozent an. Bio-Kartoffeln verzeichneten ein geringeres Nachfragewachstum (+10 ) im Vergleich zu konventionellen Kartoffeln (+37 ).

Die erhöhte Nachfrage für Speisekartoffeln wurde aus Lagerbeständen mit Schweizer Speisekartoffeln sowie über Zusatz-Importe abgedeckt. Teilweise leiteten die Zentralstellen dafür auch Verarbeitungskartoffeln in den Speisekanal um.

Tiefe Lagerbestände

Der Lagerbestand von Speisekartoffeln liegt momentan rund 50 Prozent unter demjenigen des  Vorjahres. Die erhöhten Importmengen seien jedoch gemäss dem Covid-19-Sonderbericht des BLW nicht unbedingt auf die Pandemie zurückzuführen. Vielmehr erforderten die insgesamt tiefen Lagerbestände eine verstärkte Einfuhr von Kartoffeln.

Kartoffel-Lagerbestände April 2019 und April 2020 im Vergleich

Kategorie

Lagerbestand

(in t)

April 2019

Lagerbestand

(in t)

April 2020

Veränderung im Vergleich zum Vorjahr

Speisekartoffeln

19 28

9748

–50,1 %

Veredelungskartoffeln

19 33

17  33

–12,0 %

Importe Februar bis April 2019 und 2020 im Vergleich 

Kategorie

Import (in t)

2019

Import (in t)

2020

Veränderung

Speisekartoffeln

5294

9510

+79,6 

Veredelungsk.

2483

6044

+143,4 

Saatkartoffeln

1771

4928

+178,3 

(Quellen beider Tabellen BLW 2020)