Die neue Direktzahlungsordnung respektive die neuen Massnahmen sorgten in den vergangenen Monaten für Ärger und Unsicherheit bei den Bäuerinnen und Bauern. Besonders in der Kritik stehen die 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen (BFF) auf Ackerflächen, die ab 2024 in Kraft treten. Aber auch sonst ist die Unsicherheit für die freiwilligen Programme zum Teil noch gross. Der Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) organisierte deshalb Informationsveranstaltungen. Eine solche fand am 20. Februar 2023 in Egnach im Oberthurgau statt.

Ab sofort nur noch digital

Abo Pflanzenschutz «Das elektronische Antragsverfahren ist eine Win-Win-Situation für den Landwirt und den Pflanzenschutzdienst» Sunday, 26. February 2023 Florian Sandrini stellte das neue Antragsverfahren für Sonderbewilligungen für Pflanzenschutzmittel (PSM) vor. Dieses erfolgt im Kanton Thurgau per sofort nur noch elektronisch. Doch zunächst zeigte der Leiter Pflanzenschutzdienst am Arenenberg auf, unter welchen Bedingungen Sonderbewilligungen für den Einsatz von Pyrethroiden und Herbiziden im Acker- und Gemüsebau erteilt werden. Dies ist der Fall, wenn

  • die Bekämpfungsschwelle überschritten ist.
  • das Vorhandensein eines Schädlings mittels Foto des Schädlings bzw. der Schadsymptome belegt wird.
  • kein gleichwertiges Ersatzprodukt mit tieferem Risikopotenzial vorhanden ist.
  • nachweislich die Wirkung des im ÖLN zugelassenen und eingesetzten PSM ungenügend war.

Für einzelbetriebliche Sonderbewilligungen ist der Wohnsitzkanton zuständig, auch wenn die bewirtschaftete Fläche in einem anderen Kanton liegt. Die Sonderbewilligung wird pro Parzelle resp. Bewirtschaftungseinheit, Kultur, Schädling und Anwendung durch den Pflanzenschutzdienst ausgestellt.

Antrag über Agate oder Lawis Farm

Die Landwirt(innen) haben im Kanton Thurgau zwei Möglichkeiten, eine Sonderbewilligung zu beantragen: Entweder am Computer über Agate oder mit dem Smartphone über Lawis Farm (eine App, die flächenbezogene Informationen aus Agate abbildet). Bei der Erfassung des Antrags wird die Parzelle angewählt. Der Landwirt kann ein Foto des Schädlings oder der Schadsymptome hochladen und  direkt via Smartphone in den Sonderbewilligungsantrag einbetten. In diesem Fall ist laut Sandrini wichtig, dass die Metadaten vorhanden sind, sprich die Koordinaten und das Datum.

«Die Nachverfolgbarkeit muss gewährleistet sein. Wir werden Stichproben machen.»

Florian Sandrini, Leiter Pflanzenschutzdienst Arenenberg

Schliesslich muss noch der Wirkstoff angegeben und die Massnahme begründet werden (z.B. Bekämpfungsschwelle überschritten) – und schon ist der Antrag mit wenigen Mausklicks erfasst. «Mit dem System können die Landwirte die Sonderbewilligung jederzeit beantragen», fasste Sandrini zusammen.

Absenkpfad Ab 2023 gibt es Sonderbewilligungen für den Gemüsebau Friday, 16. December 2022

Bewilligung elektronisch innerhalb 24 Stunden

Innerhalb von 24 Stunden (von Montag um 7 Uhr bis Freitag um 12 Uhr) wird der Antrag durch das Team des Pflanzenschutzdienstes Thurgau bearbeitet. Wird die Sonderbewilligung erteilt, erhält der Antragsteller eine Bestätigung als PDF, die im Agate abgelegt wird und der Nachweispflicht dient. Es braucht keinen Telefonanruf und es müssen keine Formulare ausgefüllt werden. Alles ist elektronisch hinterlegt.

Für den Obstbau, wo Pyrethroide ohnehin verboten sind, lohne es sich nicht, auf dieses System umzustellen, entgegnete Florian Sandrini auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei komplizierter geworden, «aber immerhin haben wir die Prozesse vereinfacht». Ausser im Thurgau sind elektronische Sonderbewilligungen für Pflanzenschutzmittel in der Deutschschweiz nur im Kanton Schaffhausen möglich. In allen übrigen Kantonen müssen die Formulare noch von Hand ausgefüllt werden.

Klarheit bei BFF schaffen

Sebastian Menzel, Abteilungsleiter Direktzahlungen beim Thurgauer Landwirtschaftsamt, hatte die nicht ganz einfache Aufgabe, den Teilnehmer(innen) einen Überblick über die neuen Programme zu geben. «Die 3,5 Prozent BFF auf offenen Ackerflächen haben uns am meisten auf Trab gehalten», sagte Menzel. Er machte den Landwirten keine grosse Hoffnungen, dass die 3,5 Prozent noch gekippt werden.

Dossier Biodiversität 3,5% Acker-BFF Tuesday, 7. February 2023 Sorgen macht Menzel die begrenzte Anrechenbarkeit. Bäume, von denen es im Obstbaukanton Thurgau viele gibt, sind nicht anrechenbar und auch QII-Wiesen und Niederhecken nicht. Bunt- und Rotationsbrache sind zwar anrechenbar, aber nicht besonders beliebt. Im Kanton Thurgau gibt es laut Menzel nicht einmal 100 a. Wer ab 2024 eine Buntbrache anlegen will, tut gut daran, Grünland jetzt umzubrechen, eine Ackerkultur anzubauen und nächstes Jahr eine Buntbrache anzusäen. «Dann seid ihr auf der sicheren Seite», so Menzel. Die direkte Ansaat nach Grünlandumbruch ist hingegen nicht anrechenbar.

«Wenn ihr merkt, dass ihr die Ziele bei einem der neuen Programme nicht erreichen könnt, meldet euch unbedingt ab und zwar beim Landwirtschaftsamt»

Sebastian Menzel, Abteilungsleiter Direktzahlungen Kanton Thurgau

Das sei der eleganteste und einfachste Weg, damit es zu keinen Kürzungen kommt. Die Kontrollen werden durch die KOL gemacht, bei Bio durch die Bio-Institutionen. Beim Hasenweizen sind es laut Menzel die Gemeinden, die kontrollieren.