Einen schöneren Arbeitsplatz kann man sich kaum wünschen: beste Aussicht auf den Bodensee, Zeppelin am Himmel und prächtig wachsende Bäume und Beerensträucher. Patrick Stadler wischt sich den Schweiss von der Stirn. Das Thermometer ist gegen 30 Grad gestiegen. «Gut für die Früchte», sagt er. Es habe genug Wasser im Boden, sodass sie schön heranreifen können.

Stadler ist Betriebsleiter am BBZ Arenenberg auf dem Schul- und Versuchsbetrieb für Obstbau in Güttingen. Für ihn selbst ist es eindeutig zu heiss – lieber ist ihm die Kälte im Winter beim Baumschneiden.

11 ha Versuche für Praktiker

Momentan herrscht Hochbetrieb. Auf elf Hektaren produziert das Team rund um Patrick Stadler Spezialkulturen. 3,5 Hektaren sind für Agroscope reserviert. Die Wissenschaftler sind für Sortenprüfung, Schädlingsmonitoring, Pflanzenschutzmittelprüfung, Feuerbrandmanagement und Warndienst verantwortlich. Wöchentlich liefert der Versuchsbetrieb Harassen mit Früchten zu Agroscope Wädenswil für die Auswertungen.

Einen Teil der übrigen Fläche nutzen die Arenenberger-Berater(innen) für praxisnahe Versuche. Sie untersuchen beispielsweise die unterschiedlichen Substrate für Erdbeeren und Himbeeren. Abgedeckt sind die Erdbeerstellagen mit einer Einzelreihenabdeckung, die in der Schweiz eher selten anzutreffen ist. «Das funktioniert sehr gut. Das Klima unter dem Plastik ist perfekt und die Erdbeeren sind gut durchlüftet», sagt Patrick Stadler. In den vergangenen Jahren hat man in Güttingen die Beerenfläche mehr als verdoppelt und sich zu einem anerkannten Kompetenzzentrum für den Beerenanbau gemausert.

Aber Stadler zieht es zum Kernobst. «Darum geht es ja vor allem an der Güttinger-Tagung», insistiert er. Präsentiert werden neue Apfelsorten, vor allem robuste Sorten. Manche von ihnen haben noch keine Namen, sondern einfach Nummern. «Robustheit reicht nicht», sagt Stadler, «neue Sorten müssen auch geschmacklich überzeugen.» Nur so könne man sie auf dem Markt platzieren.

Potenzial und Lagerprobleme

Bis neue robuste Äpfel in den Regalen der Grossverteiler zu finden sein werden, ist es noch ein langer Weg. Sogar in den Hofläden würden die Leute meistens zu den gängigen Sorten greifen, ist die Erfahrung von Patrick Stadler. Weiter geht es zu den verschiedenen Birnensorten. «Im Birnenanbau liegt noch Potenzial», ist Patrick Stadler der Meinung. «Aber wir können die schönsten, robustesten und besten Sorten haben, wenn sie uns den Pflanzenschutz wegnehmen, dann nützt alles nichts.» So werden im Obstbau nicht nur der Anbau und das Wetter immer herausfordernder, sondern auch die Lagerhaltung.

Séverine Gabioud und Andreas Naef von Agroscope werden darüber an der Güttinger-Tagung vom 17. August berichten. Dabei geht es um die Lentizellenfäule bei Birnen. «Aber wissen Sie, was das allerbeste an der Tagung ist?», fragt Stadler. Etwa die Maschinenausstellung? «Nein. Es sind die Gespräche und der Erfahrungsaustausch mit den Fachleuten. Die ganze Branche vom Produzenten bis hin zu Handel, Beratung und Forschung sind vertreten.»

Vielleicht gibt es ja dann auch Neues über die Weiterentwicklung des Versuchsstandortes zu hören. So soll in Güttingen eine Agri-Photovoltaikanlage entstehen und die Agroscope-Versuchsfläche ausgedehnt werden. Ferner warten die Gebäude schon lange darauf, saniert zu werden. «Langweilig wird es mir bestimmt nicht, das war es mir noch nie», sagt Patrick Stadler. Er staune jedes Jahr darüber, was die Natur trotz aller Widrigkeiten hervorbringe. Auch unterrichtet er am Arenenberg und pflegt intensiv den Austausch mit den jungen Agroscope-Forschenden.

In Handel und Mostereien

Was passiert eigentlich mit den Äpfeln, Birnen und Beeren, die nicht für die Forschung nach Wädenswil geliefert werden? «Wir werfen nichts weg. Das meiste liefern wir an die Tobi Seeobst AG. Was im Handel oder in Hofläden nicht untergebracht werden kann, geht in die Mosterei.» Vermarkter ist der Betriebsleiter, Lehrer und Berater also auch noch.