Martin Herzig zückt sein Tablet. Ohne geht beim Lohnunternehmer aus Wichtrach im Kanton Bern nichts mehr. Hier zeichnet er alles auf und kontrolliert, wo das Feld, das er im Auftrag eines Kunden spritzen soll, liegt.
Der Bundesrat hat am 6. September 2017 den Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) verabschiedet. Die Risiken sollen halbiert und Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden. Mit dem Aktionsplan setze der Bundesrat klare Ziele – damit diese auch erreicht werden, sollen bestehende Massnahmen ausgebaut sowie neue eingeführt werden. Diese Ziele hat in erster Linie die produzierende Landwirtschaft zu erreichen. Und das ist nur mit einschneidenden und herausfordernden Veränderungen zu bewältigen. Sie finden aber nicht nur auf den Feldern statt. Sie bringen unweigerlich ein weiteres Bürokratiemonster mit sich.
Nicht vom Bürostuhl aus
Martin Herzig ist unterwegs zu einem Kunden, der in den nächsten Tagen seinen Weizen auf einer für den Pflug zu steilen Parzelle säen will. Hier ist Direktsaat angesagt, obschon dieses System, wie Herzig erklärt, «gelitten» hat. Lange Zeit habe er im Jahr zwei Fässer mit 200 Litern Glyphosat verbraucht – jetzt reicht ein Fass. Medien, Gesellschaft, Politik aber auch die Behörden hätten ihres dazu getan. Herzig ist sicher, es fehlt vielen Ämtern an Praxisbezug. Man müsse den «Bitz spüren» und nicht den Bürostuhl, wolle man sinnvolle Gesetze erlassen. Landwirtschaft vom Bürotisch aus zu betreiben, sei jetzt und auch in Zukunft nicht möglich. Und der Pflug solle schliesslich da seine Dienste tun, wo er hingehöre – ins Flachland. An einer Parzelle mit gewisser Neigung nehme der Boden beim Pflügen zu viel Schaden. Hier sollte weiterhin Direktsaat möglich sein und das mit einem gezielt eingesetzten Totalherbizid.
Parzellen überprüfen
Es wird immer anspruchsvoller, sagt Martin Herzig. «Mit allem, das noch gestrichen wird, mit den Abstandsauflagen oder mit dem Einhalten der Punkte», nennt er einige Beispiele. Auch für ihn als Lohnunternehmer, der das Arbeiten mit der Feldspritze gewohnt ist, wird der Pflanzenschutz zur Mammut-Aufgabe. «Bei jedem, bei dem ich nicht sicher bin, ob die Parzelle in der Nähe einer Gewässerschutzzone liegt, muss ich zuerst online überprüfen, wo sie liegt, damit ich sicher bin, dass wir nichts Verbotenes tun», erklärt der Lohnunternehmer.
Eine weitere Hürde ist die Menge des eingesetzten PSM. Beim Einsatz des Totalherbizids setzt Martin Herzig daher auf den Säure-Zusatz «Checkpoint». Durch die Säure wird das Wasser im Tank enthärtet und der pH gesenkt. Weil das Wasser dadurch eine tiefere Spannung hat, gelange das PSM viel rascher und damit effizienter in die Pflanze. Beim Glyphosat braucht Herzig daher nie mehr als vier Liter pro Hektare, obschon die Empfehlungen des Herstellers bei acht bis zehn Litern liegen. Insbesondere beim Abspritzen von älteren Grasbeständen wären für ein zufriedenstellendes Resultat eigentlich höhere Mengen nötig. «Aber so kommen wir in kein einziges Programm mehr. Mit dieser Menge ist beispielsweise das Ressourceneffizienz-Programm des Bundes nicht erfüllbar», weiss Herzig.
Spritzpläne im Winter
Es gebe viel zu beachten. Eines der grössten Probleme sei, dass die Planung sehr schwierig wird. «Wir machen im Winter die Spritzpläne. Bei jedem Betrieb müssen wir schauen, wo die Flächen liegen und ob eine Gewässerschutzzone besteht, wo ein anderes Mittel nötig wird. Auch die Fruchtfolge spielt eine entscheidende Rolle. Immer wieder spricht man davon, dass es im Bereich der Bürokratie einfacher wird, aber es passiert genau das Gegenteil», ist er sicher.