Der Wald dient nicht nur der Erholungsnutzung und als vielfältiger Lebensraum, sondern ist auch Lieferant des nachhaltigen Baustoffs und Energieträgers Holz. Und er gewinnt immer mehr an Bedeutung für den Klimaschutz, so als CO2-Speicher. Mehr Biomasse im Wald heisst weniger CO2 in der Luft.
Hoher Vorrat im Wald
Gemäss dem Pariser Klimaabkommen sollen CO2-Speicher erhalten und erhöht werden. Waldschutzmassnahmen können dazu beitragen, den Waldspeicher auf einem hohen Niveau zu halten, das heisst möglichst viel Kohlenstoff im Wald einzulagern, beispielsweise durch reduzierten Abbau des Holzvorrats. Der Holzzuwachs soll gleichzeitig hoch gehalten werden, damit der Luft viel CO2 entzogen und mit der nachhaltigen Nutzung in langlebigen Holzprodukten gespeichert wird. Ein Kubikmeter Nadelholz speichert 1,2 t CO2, bei Laubholz sind es 1,5 t CO2.
Die Kohlenstoff-Speicherleistungen im Wald lassen sich steigern, indem der Vorrat im bewirtschafteten Wald erhöht wird oder auf Vorratsabbau verzichtet wird. Oder es können auch neue Waldreservate ausgeschieden werden. Der Holzvorrat im Kanton Luzern ist überdurchschnittlich hoch. Die Wirtschaftlichkeit der Waldpflege ist aber zunehmend schwierig. Das war mit ein Grund zum Start für ein Luzerner Waldklimaschutzprojekt. Darüber wurde am 16.November im Wald der Korporation Stadt Willisau informiert.
Organisation als Vorteil
Weil in den letzten 15 Jahren viele regionale Organisationen der Waldeigentümer entstanden seien, sei es überhaupt erst möglich geworden, im klein strukturierten Luzerner Wald, der mehrheitlich in Privatbesitz ist, gemeinsame Projekte zu lancieren, meinte Ruedi Gerber, Präsident von Wald Luzern. Zudem sei es nötig, Nichtholz-Waldleistungen wie eben Klimaschutz künftig in Wert setzen zu können.
Unter dem Dach von Wald Luzern wurde deshalb am 2. Juni2022 der Verein Wald-Klimaschutz Luzern gegründet, schon seit 2019 gibt es die Dachorganisation Wald-Klimaschutz Schweiz. In Luzern sind 18 Korporationen und regionale Organisationen der Waldeigentümer dabei, mit einer anrechenbaren Waldfläche von rund 26 800 ha. Das sind gegen 70 Prozent der Luzerner Waldfläche.
Der durchschnittliche Holzvorrat im Kanton Luzern beträgt derzeit gemäss Berechnungen von Wald, Schnee und Landschaft 424 m3/ha. Der «Modellvorrat» läge bei 295 m3/ha. Dieser gelte als waldbaulich sinnvoll und gewährleiste alle Waldfunktionen.
Klimaschutzprojekte
Diese haben eine Sonderstellung für den Klimaschutz. Im Gegensatz zur Emissionsreduktion durch Energieeffizienz oder erneuerbare Energien werden nicht weniger CO2-Emissionen erzeugt, sondern der Atmosphäre werden bereits erzeugte Emissionen entzogen. Damit sind Waldklimaschutzprojekte sogenannte Senkenprojekte. Waldeigentümer und Forstbetriebe verpflichten sich dabei, über Jahrzehnte weniger Holz zu nutzen, als dies im waldbaulichen und gesetzlichen Rahmen möglich wäre. Zum Ausgleich der wirtschaftlichen Verluste werden CO2-Zertifikate ausgegeben. Diese können von Unternehmen, Organisationen oder auch Privaten zum freiwilligen Emissionsausgleich genutzt werden.
Für die Projektumsetzung wurde 2019 der Verein Wald-Klimaschutz Schweiz gegründet. Dieser unterstützt interessierte Waldeigentümer, ist zuständig für das Marketing und unterstützt beim Verkauf von Zertifikaten. Schweizweit gibt es bereits Waldklimaschutzprojekte, so in Solothurn, Basel, Graubünden und im Kanton Schwyz von der Oberallmeindkorporation. Das nun startende Luzerner Projekt mit rund 26 800 ha gehört schweizweit zu den Grössten.
Mindestvorrat halten
Die beteiligten Waldorganisationen verpflichten sich im Luzerner Projekt für die nächsten 30 Jahre freiwillig, den Holzvorrat nicht auf diesen möglichen Modellwert abzubauen, sondern auf einem höheren Niveau zu halten. Konkret soll der Mindestvorrat im Projektperimeter bei durchschnittlich 340 m3/ha gehalten werden. Die Senkenleistung liegt somit gegenüber dem «Modellvorrat» bei rund 45 m3/ha. Wichtig sei eine verlässliche Erhebung des Holzvorrates, Luzern habe dafür gute Datengrundlagen, und einen sehr guten Überblick über den Zustand der Waldbestände, betonte Hubertus Schmidtke vom Verein Wald-Klimaschutz Schweiz, welcher das Projekt mitentwickelte.
Holznutzung gewährleistet
Trotz dem reduzierten Vorratsabbau würden die Wälder standortgerecht und klimaangepasst gepflegt, um langfristig stabile und vielfältige Bestände zu erreichen. «Wir wollen den Luzerner Wald klimafit machen», betonte Martin Hafner, Präsident von Wald-Klimaschutz Luzern. «Und die Holznutzung bleibt im bisherigen Rahmen gewährleistet.»
Bruno Röösli, Leiter Abteilung Wald bei der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald, wies darauf hin, dass trotz vielen Schadenereignissen und somit hohem Anfall an Holz der Holzzuwachs in den letzten zehn Jahren nie genutzt worden sei. Und das werde trotz erhöhter Holznachfrage wohl auch künftig so bleiben. Der von den Waldeigentümern angestrebte reduzierte Vorratsabbau sei vereinbar mit den politischen und Walderhaltungszielen. Deshalb werde dieses Projekt vom Kanton auch begrüsst und unterstützt. Der Forstdienst werde darauf achten, dass der Wald weiterhin nachhaltig gepflegt werde. Vitalität sei erwünscht, denn «ein toter Baum im Wald bindet kein CO2 mehr, sondern verursacht einen Ausstoss.»
[IMG 2]
Geld für Umweltleistung
Das Waldklimaschutzprojekt Luzern wurde im Herbst nach internationalen Standards geprüft und zertifiziert (ISO 14064-2). Darin bestätigt der Auditor TÜV Nord Cert GmbH aus Essen (D), dass im Luzerner Wald in den 30 Jahren Laufzeit eine Senkenleistung von voraussichtlich rund 1,47 Mio t CO2 erbracht wird – oder jährlich 49 000 t. Pro Hektare sind es somit jährlich 1,8 t CO2, die so gebunden werden.
Nach dem erfolgreichen Audit im Oktober soll ab Sommer 2023 die Vermarktung von Zertifikaten aus dem Luzerner Wald gestartet werden, dies auf Basis für die im Vorjahr erbrachten Senkenleistungen. Angesprochen werden dabei in erster Linie Organisationen und Firmen aus der Region, welche Ihre CO2-Bilanz mit Umweltleistungen in den Wäldern der Region verbessern möchten.
Nutzen für Zertifikatskäufer
Immer mehr Unternehmen setzen auf Nachhaltigkeit und wollen CO2-neutral werden. Die Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs ist vielerorts ein Ziel. Gleichwohl verbleiben meist unvermeidbare CO2-Emissionen, oder das Netto-null-Ziel kann nur sehr langfristig und teuer erreicht werden. Emissionen können mit dem Kauf von Zertifikaten kompensiert werden, sinnvollerweise im Inland. Durch Zertifikate aus Waldklimaschutzprojekten wird die regionale Waldwirtschaft unterstützt, und es wird eine Senkenleistung im Inland erbracht.
Waldeigentümer können Zusatzeinnahmen aus dem Zertifikatshandel generieren, die Erlöse werden zweckgebunden im Wald investiert. Wegen des Klimawandels muss in Zukunft mehr Geld in den Wald investiert werden. Insbesondere für den Aufbau stabiler Waldbestände, für Jungwaldpflege, Ausbildung und Information bis zur Förderung der Holzanwendung. «Die Gelder aus den Zertifikatsverkäufen fliessen somit allesamt in den Wald zurück», betont Martin Hafner, Präsident Wald-Klimaschutz Luzern. Alle Waldfunktionen, so auch die Schutzfunktion und die Holznutzung, bleiben erhalten. Die Biodiversität nimmt tendenziell zu.