Es sei eine herausfordernde Situation für die Weinproduzenten, sagte Thomas Vaterlaus in seinem Referat, auch deshalb, weil es sich wohl um einen eher längerfristigen Trend handle. Die Gründe sieht er hauptsächlich in gesellschaftlichen Entwicklungen «Die Generation nach den Babyboomern trinkt weniger», so der Publizist. Dafür lege sie besonders Wert auf Sport und Gesundheit. Dazu käme, dass Allergien und Nahrungsmittelintoleranzen heute vermehrt ein Thema seien.

Allerdings lohnt es sich laut Vaterlaus, genauer hinzuschauen. So gibt es auf dem zersplitterten Markt grosse Unterschiede zwischen den Segmenten:

  • Rotwein: deutlichste Rückgänge
  • Rosé: relativ stabil
  • Weisswein: leicht zunehmend
  • Schaumwein: hat stark zugelegt. «Doch fragt sich, wann die Sättigung erreicht ist», so Vaterlaus.
  • Alkoholfreie Weine: liegen im Trend. «Doch hier liegt wohl eine Sättigung nicht mehr fern»

Vaterlaus wies zudem auf den Trend der Beerensäfte hin, als ebenfalls alkoholfreie Alternativen zu Wein. Ihr Nachteil sei jedoch der Restzucker (Kalorien), der auf viele Konsumenten abschreckend wirke.

Manche konnten zulegen

In den Jahren 2017 und 2021, als die Weinernte schlecht ausfiel, seien Winzer ausserdem vermehrt in die Cider-Produktion eingestiegen. Dies mit dem Vorteil, dass es in der Schweiz bereits eine entsprechende Kultur gebe und der Alkoholgehalt nur rund 5 % betrage. Auch andere artisanal hergestellte Produkte wie Craft Beer aus Winzerhand oder Wermut könnten allfällige Einbussen im Kerngeschäft Wein teilweise ausgleichen.[IMG 2]

Interessant ist laut Thomas Vaterlaus, dass übers Ganze gesehen lediglich die Menge an verkauftem Wein rückläufig ist, nicht jedoch der Gesamtumsatz. Anders gesagt: Die Konsumenten trinken weniger, geben jedoch mehr Geld dafür aus. «Manche Weine können sich trotz Negativtrend halten oder sogar zulegen», sagte der Thurgauer. Für den Erfolg spiele vor allem Qualität eine Rolle, gekoppelt mit Nachhaltigkeit.

«Auch die Sortimentsgestaltung spielt zunehmend eine Rolle», sagte Vaterlaus. Er sei erstaunt, wie viele Produzenten ihre Weine noch immer strikt nach Sorten separiert anbieten würden. «Eigentlich ist dies sehr einschränkend, da diese Sorten-Weine vielleicht künftig wegen Problemen im Anbau oder wechselnden Konsumentenwünschen nicht so funktionieren wie in der Vergangenheit.». Zudem würden traditionelle Gewächse tendenziell zugunsten von robusteren Sorten verschwinden.

Besser eigene Namen

Flexibler wäre es laut Thomas Vaterlaus, eigene Namen zu kreieren. So biete beispielsweise ein gut eingeführter Name wie «Nobler Weisser» (so heisst ein Wein vom Weingut Nadine Saxer in Neftenbach) mehr Möglichkeiten wie «Riesling Sylvaner». Denn diese Marke könnte auch mit einer anderen Traubensorte weitergeführt werden. Eine Winzerin vom deutschen Bodenseeufer nenne ihren im Holz ausgebauten Solaris schlicht «SoHo», was bei einem jüngeren Publikum besser ankomme. «Da gibt es viele Möglichkeiten», sagte der Weinjournalist. Wichtig sei es, dass ein Name zum eigenen Image passe und das Zielpublikum anspreche.

Dabei kam er auf die Kommunikation zu sprechen: «Sich von anderen zu unterscheiden, trägt viel zum Erfolg bei». Dazu gehöre auch eine gute Story hinter dem Wein sowie eine ansprechende Webseite. Um Nähe zur Kundschaft zu schaffen, empfiehlt er zudem, die Flaschen direkt ab Keller zu verkaufen und Erlebnisse auf dem Hof anzubieten. Beispielsweise denkt er an Gastroevents oder Hochzeiten.

«Wein steht für Enthusiasmus, Spass, Witz und Schmunzeln», sagte Vaterlaus. Dies – und keinesfalls eine schlechte Stimmung aufgrund der Marktlage – sollte auf die Kundschaft übertragen werden. So wie Kaspar Wetli, der ehemalige Präsident des Branchenverbands Deutschschweizer Wein, einst verlauten liess: «Das Winzerleben ist ein Glück».