Über Agroforst sei bisher viel theoretisiert worden, meinte Beat Felder vom BBZN Hohenrain wies an einer Online-Tagung. Nun aber stosse das Thema auf zunehmendes Interesse in der bäuerlichen Praxis. Agroforst sei Landnutzung im Doppelpack, nämlich Bäume und Unterkultur. Heute gebe es auf vielen Kulturflächen Defizite bezüglich Erosion, Phosphor- und Nitratbelastung und Biodiversität. Agroforst sei auch ein Beitrag für eine regenerative Landwirtschaft.

Bäume stören wenig 

Johanna Schoop und Lisa Nilles von Agridea stellten die Entwicklung von Agroforst in der Schweiz vor. Traditionelle Systeme waren früher Kastanienhaine, Streuobstwiesen oder Wytweiden im Jura. Seit den 1950er-Jahren seien diese aber weitgehend verschwunden. Moderne Systeme sind seit rund zehn Jahren bekannt. Ziel ist die Mehrfachnutzung der Fläche. Die Systeme sollen angepasst sein an moderne Produktionstechnik «Die Bäume sollen möglichst wenig stören», meinte Nilles. Der Baum sei Regenschirm, Sonnenschirm, Windschirm, Schwamm, Klimaverbesserer und binde Kohlenstoff. Auf der Fläche sei der Gesamtertrag bei Agroforst höher als bei Monokulturen.

Wichtig sei eine gute Baumerziehung und Aufastung, damit die Bäume die maschinelle Nutzung der Flächen darunter und daneben nicht stören. Und die Jungbäume müssten vor Mäusen geschützt werden. Empfohlen werden Ackerstreifen von rund 26 m, Baumabstände von acht bis zehn Metern, Baumstreifen von zwei Metern Breite. Das ergebe 30 bis 50 Bäume pro Hektare. Damit könnten die optimalsten Erträge für beide Kulturen erzielt werden. Bei mehr Baumpflanzungen sei der Ertragsabfall bei der Ackerkultur zu hoch. Agroforst sei auch im Rebbau möglich, so gibt es dank Bäumen weniger Hitze- und Frostschäden, Boden und Mikroklima werden verbessert. Aus obstbaulicher Sicht sei die Kombination von Obstbäumen mit ackerbaulich genutzten Unterkulturen kein Nachteil, im Gegenteil.

Langfristig planen

Agroforst müsse langfristig geplant werden, auch damit die Biodiversität nicht gefährdet werde, beispielsweise wegen Vogelarten, welche offene Acker-flächen bevorzugen. Zu beachten sind auch Zielkonflikte zu Biodiversitätsförderflächen (BFF) in den Baumstreifen, wenn der Mäusedruck zu hoch ist. Und Drainagen sollte bei der Baumpflanzung ausgewichen werden. Stefan Emmenegger vom BBZN Schüpfheim stellte mögliche Fruchtfolgen als Unternutzen vor. Als Voraussetzung sollte die Qualitätsstufe 2 möglich sein und die Fruchtfolgedauer ist auf die BFF abzustimmen, das heisst vier- und achtjährige Fruchtfolgen. Er schlägt eine nutzbare Breite zwischen den Baumreihen von 24 Metern vor, wegen den gängigen Maschinenbreiten. Eine konkrete achtjährige Fruchtfolge in einerAgroforstanlage könnte sein:Silomais, Winterweizen, Raps mit Zwischenkultur, Kartoffeln, Winterweizen, Silomais, Wintergerste, Raps mit Zwischenkultur.

Wildfrüchte statt Wertholz

Beat Felder sieht Potenzial mit Wildfrüchten in Agroforsten wie Aronia oder Felsenbirnen oder Heckenkirschen. Auch Baumreihen neben Erdbeeren, selbst unter Folientunnels, funktionieren gut. Denkbar seien auch Kastanien-, Wildkirschen-, Wildpflaumen-, Mispeln, Speierling oder Nussbaumreihen mit Ackerfrüchten. Zukunft hätten auch Mandeln oder Haselnüsse. Grundsätzlich sei die Fruchtnutzung der Bäume wirtschaftlich interessanter als die Holznutzung. Auch Felder wies darauf hin, dass eine Stammverlängerung und spindelartige Erziehung der Bäume wichtigsei, um die maschinelle Bewirtschaftung der Felder zu ermöglichen.

Keine Beiträge vorgesehen

Eigentlich hätte der Bund im Rahmen der neuen Agrarpolitik 2022+ Agroforst finanziell fördern wollen, als neue Produktionssystembeiträge, erklärtenLaurent Nyffenegger und Aurelia Passaseo vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Nach der Sistierung durch das Parlament sei nun leider alles wieder offen, bedauerten sie. Das BLW sei aber überzeugt und begeistert von den vielen Vorteilen von Agroforst, die auch dazu beitragen könnten, die Umweltdefizite zu reduzieren.

Dank den BFF-Beiträgen könne Agroforst durchaus wirtschaftlich interessant sein und den Flächenverlust der Ackerkultur kompensieren, meinte Beat Felder. Er stellte einige wirtschaftliche Kalkulationen vor, so bei einer Mostobstanlage. Gleichwohl kam die betriebswirtschaftliche Sicht an der Tagung zu kurz. Die Beratung brauche harte Fakten bezüglich Mehraufwand und Mehrertrag, kam in der Diskussion zum Ausdruck.

Weitere Informationen: www.agroforst.ch