Die Drescharbeiten wurden Ende letzter Woche vom Regen unterbrochen und seither sind die Erntefenster – falls sie sich öffnen – kurz. Nicht überall reicht jeweils die Zeit, das Stroh vor dem nächsten Regenguss einzufahren. Nach wie vor stehen ausserdem noch einzelne Getreide- und Rapsbestände.
Totes Gewebe
Beim aktuell herrschenden, immer wieder feuchten Wetter schimmelt auf dem Feld liegendes Stroh unweigerlich. «Die vertrockneten Pflanzenteile sind abgestorbenes Gewebe, da setzen die natürlichen Abbauprozesse ein», schildert Hanspeter Hug, Futterbau-Experte am Strickhof. Nicht nur Schimmel können die Halme ansetzen, auch Fäulnis kann sich breit machen. «Das muss nicht gefährlich sein», hält Hug fest, «aber es besteht die Möglichkeit, dass Mykotoxine gebildet werden.» Auf Stroh finde man immer Sporen. Die Menge bestimmt unter anderem, wie das Getreide gewachsen ist. Es kommt darauf an, ob bereits im stehenden Bestand Feuchtigkeit herrschte – aber nicht unbedingt, wie intensiv der Pflanzenschutz betrieben worden ist. «Ein langer Greening-Effekt kann für Pilze auch interessant sein», gibt der Fachmann zu bedenken.
Die Maden lockern
Als Einstreu für Wiederkäuer sollte jenes Stroh, das jetzt noch draussen liegt, dennoch unbedenklich sein, so die Einschätzung von Hanspeter Hug. Er rät aber, wenn möglich, bei etwas besserem Wetter die nach dem Drusch kompakt liegenden Maden mit dem Kreiselheuer zu lockern und gleichzeitig etwas vom Boden abzuheben. Das bringt mehr Luft zwischen die Halme und etwas Abstand zum feuchten Untergrund, was das Trocknen fördert. Die Wetterprognosen sehen für nächste Woche bereits wieder freundlicher aus, regenfreie Tage sind also in Sicht. Es gelte, beim Zetten und Schwaden mit Sorgfalt ans Werk zu gehen, erinnert Hug: «Hoch genug, um nicht noch feuchte Erde mitzunehmen.» Nur das Trocknen stoppe den Abbau des Strohs, sprich Schimmel und Fäulnis. Im Gegensatz zu Silage, die fermentieren soll, helfe die Zugabe von Mikroorganismen nicht – auch wenn es entsprechende Tipps im Internet gibt.
Luft und Wasser soll raus
Wenn es dann ans Pressen geht, empfiehlt der Strickhof-Berater, die Ballen nur leicht zu verdichten. «Besser macht man ein paar Ballen mehr», findet er. So kann die Feuchtigkeit weiter entweichen und das Stroh nachtrocknen, idealerweise auch noch etwas an der frischen Luft, bevor die Ballen zur Einlagerung aufgestapelt werden. Unter den herrschenden Bedingungen bringe man auf dem Feld heuer kaum mehr gut getrocknetes Stroh hin. Hilfsmittel zur Bestimmung der Feuchtigkeit von Stroh sieht der Fachmann kritisch. «Die messen alle nur die Luftfeuchtigkeit.» Aussagen über den TS-Gehalt seien damit nicht möglich, Vorsichtsmassnahmen, wie nur leichtes Pressen bei verregnetem Stroh, aber sicher angemessen.
Feuchtes Stroh in sehr dichten Quaderballen wird zwar nicht warm. «Dazu fehlt der Zucker», erklärt Hanspeter Hug. Speziell bei gehäckselten Halmen besteht aber erhöhte Gefahr für weiteres Schimmeln, weil die Luft und damit die Feuchtigkeit schlecht austreten kann. Das Resultat ist stark staubendes Stroh, das speziell bei empfindlichen Tieren wie etwa Pferden ungeeignet sein kann. «Kommt das Stroh als Futter zum Einsatz, ist Vorsicht geboten», bemerkt Hanspeter Hug ebenso im Hinblick auf das Verfüttern verregneten Strohs an Schweine.
Eine Woche Regen geht
Auch für das noch stehende Getreide ist das häufig feuchte Wetter ungünstig, es droht Auswuchs. Nach der physiologischen Reife des Korns – die etwa in der Teigreife erreicht ist – falle der Samen in eine 14-tägige Dormanz. Nach Ablauf dieser Zeit und wenn das Korn genug Wasser aufnehmen kann, beginnt die Keimung, erläutert Hanspeter Hug. «Das Getreide konnte die letzten Tage kaum abtrocknen. Man sieht es an den Strassen: Bleiben sie nach dem Regen nass, tut es auch das Korn.» Eine Woche Regen sei für stehendes, reifes Getreide kein Problem, «danach wird es heikel». Die Auswuchsfreudigkeit ist allerdings sortenabhängig, ergänzt er. Ausserdem beobachtet er je nach Parzelle sehr unterschiedliche Abreife. Klar sei jedoch, dass nun der Fusariendruck in Ähren und Körnern steige. «Bisher war das wegen der relativ frühen Ernte heuer noch kaum ein Thema.» Immerhin lagert – im Gegensatz zum Vorjahr – nur wenig Getreide, wodurch die Bestände besser abtrocknen können, wenn sich ab und zu die Sonne zeigt.
Für den Raps, der teilweise noch auf den Drusch wartet, sieht Hanspeter Hug weniger Risiken. Auch da könne es zu Auswuchs kommen, «die Rapskörner sitzen aber lockerer in den Hülsen und trocknen daher schneller». Das bedeutet auch eine weniger lange Wartezeit, bis nach Niederschlag der Drescher in den Raps fahren kann – soweit es der Boden zulässt. Dann ist nur noch darauf zu achten, hoch genug zu schneiden, um wenig grüne Stängel zu erwischen.