Invasive Neophyten, also gebietsfremde Pflanzen mit Schadenpotenzial, verbreiten sich wegen der Globalisierung und der Klimaveränderung auch in unserer Region immer mehr. Davon sind Landwirtschaft wie der Wald und das Siedlungsgebiet betroffen. Der Kanton Luzern will deshalb gezielter vorgehen und die Bekämpfung nach messbaren Zielen priorisieren. Der zuständige Regierungsrat Fabian Peter hat dazu Ende Oktober eine Strategie beschlossen.

Fachleute sensibilisieren

In diesen Wochen werden von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) Kurse organisiert, in denen Gemeindevertreter, Gartenbauer, Unterhaltsdienste und Naturschutzvereine sensibilisiert werden sollen, die Bekämpfung aktiv anzugehen. Mit der Durchführung wurde das Aargauer Naturama beauftragt, welches auch im Kanton Aargau solche Kurse durchführt. Der erste Kurs fand anfang November in Sursee statt.

Bekämpfung komplex

Stephanie Amrein, Verantwortliche der Luzerner Koordinationsstelle Neobiota, stellte einleitend fest, dass die Bevölkerung aufgrund von Kampagnen in den letzten Jahren zwar mehr sensibilisiert sei und die Problematik erkenne. Die Bekämpfung sei je nach Art aber sehr anspruchsvoll und bedinge Fachwissen. Der Kanton bietet zur Thematik Praxishilfen, Flyer und Kurse an und kann Beiträge sprechen. In den Gemeinden gebe es Neobiota-Ansprechpersonen und erhältlich sei dort kostenlos ein Neophytensack, damit die Pflanzen fachgerecht entsorgt werden können.

Acht Problempflanzen

Betroffen sei der ganze Kanton in ähnlichem Ausmass wie Nachbarkantone, je nach Art und Standortbedingungen aber unterschiedlich. Man müsse bei der Bekämpfung der Neophyten Prioritäten setzen, zumal ständig neue Problemarten dazukämen. Am Kurs wird auf acht Pflanzenarten fokussiert: Einjähriges Berufkraut, Kanadische Goldrute, Kirschlorbeer, Staudenknöterich, Sommerflieder, Drüsiges Springkraut, Südafrikanisches Geisskraut, Riesenbärenklau.

Bekämpfen und kontrollieren

Kursleiterin Cornelia Lohri vom Naturama wies darauf hin, dass Neophyten ökologische, ökonomische wie gesundheitliche Schäden verursachen können. Die Schweiz habe sich verpflichtet, die biologische Vielfalt zu erhalten, Neophyten würden diese aber gefährden. Entscheidend sei, frühzeitig mit der Bekämpfung zu beginnen, denn das sei eine langfristige und kostenintensive Aufgabe. Und irgendwann sei es zu spät und werde zu teuer, dann müssten solche Pflanzen eben toleriert werden, wie sich das im Süden heute schon zeige. «Je länger wir warten, desto höher sind die Kosten.» Die Kursteilnehmer lernten deshalb, die Pflanzen richtig zu erkennen und wie sich diese verbreiten, wie und wann sie bekämpft werden können. Lohri betonte auch, dass betroffene Flächen auch nach einer Bekämpfung regelmässig kontrolliert werden müssen und Lücken möglichst rasch zu begrünen sind.

Gemeinden als Vorbilder

Die Gemeinden sollten bei der Bekämpfung mit gutem Beispiel vorangehen und so durch Vorbildfunktion auch Private ermuntern, gegen Neophyten mehr vorzugehen. Bedauert wurde, dass einige Problempflanzen in Gartencentern aber weiterhin gekauft werden können. Seitens der Teilnehmer wurde darauf hingewiesen, dass bei Baugesuchen oder in Zonenreglementen Einfluss genommen werden könne, etwa durch Pflanzverbote.

Luzerner Strategie zum Umgang mit Neobiota

Schon 2021 wurde im Luzerner Kantonsrat aufgrund von Anfragen über ein aktiveres Vorgehen gegen Neobiota beraten. Im Planungsbericht Klima und Energie wurden Massnahmen definiert, so die Schaffung einer Koordinationsstelle Neobiota für eine bessere Koordination und Abstimmung der Aktivitäten. Auch in der kantonalen Biodiversitätsstrategie wurde eine Strategie gegen Neobiota gefordert. Die wurde nun von den Dienststellen Umwelt und Energie sowie ­Landwirtschaft und Wald erarbeitet, vom Departementsvorsteher ­Fabian Peter genehmigt und letzte Woche publiziert. Darin sind der Weg und das Ziel definiert, wie der Kanton sein Handeln im Umgang mit Neobiota in den nächsten acht bis zehn Jahren ausrichten will. Geklärt werden die Rollen der Akteure und Aufgaben der neu geschaffenen Koordinationsstelle. Das Vorgehen gegen Neobiota werde interkantonal koordiniert und so weit als möglich in der Zentralschweiz aufeinander abgestimmt.

Die Strategie umfasst keine konkreten Bekämpfungsmassnahmen, sondern die Grundsätze und Herangehensweisen im Umgang mit invasiven Pflanzen- und Tierarten. Der konkrete Massnahmenkatalog werde parallel zur Programmvereinbarung mit dem Bund für die Periode 2025 bis 2028 erarbeitet und dann je nach Dynamik laufend angepasst. Die Bekämpfungsziele müssten je nach Art und Verbreitungssituation definiert ­werden und könnten sehr unterschiedlich sein, von Tilgen bis Laufenlassen und Beobachten.

Derzeit werden in der Schweiz 85 Tiere, 89 Pflanzen und 23 Pilze als invasive und gebietsfremde Arten eingestuft.