Zulassungsentscheide der EU Pflanzenschutz: Nationalrat will EU-Entscheide übernehmen Friday, 15. September 2023 Landwirt René Ritter aus Wenslingen BL setzt – wie von der Politik gewünscht – vermehrt auf den Anbau von pflanzlichen Proteinen. Doch sein diesjähriger Versuch mitKichererbsen war ein Totalausfall. «Wegen fehlender Pflanzenschutzmittel habe ich von einer Hektare gerade mal eine Schubkarre voll Kichererbsen geerntet. Das ist ein Desaster», schildert der Landwirt in einem Video. Und er fordert: «Wir müssen wirksame Pflanzenschutzmittel haben, sonst wird das nichts mit der Eiweissproduktion in der Schweiz.»

Keine Hoffnung auf Besserung

Der Zürcher Bauernverband (ZBV) zeigte das Video von René Ritter letzten Freitag an der Martini-Konferenz. Thema waren die fehlenden Pflanzenschutzmittel. «Diese gefährden die Versorgungssicherheit», warnte ZBV-Präsident Martin Haab. «Das Beispiel der Familie Ritter zeigt, dass innovative Ideen ausgebremst werden, weil wirksame Mittel fehlen, um die Kulturen zu schützen.»

Dass es mit der Bewilligung neuer Pflanzenschutzmittel nicht vorwärtsgeht, stellt auch Markus Hochstrasser von der Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Zürich fest. Über 700 Zulassungsgesuche stapeln sich laut Hochstras­ser beim zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

«Gewisse Gesuche sind seit zehn Jahren hängig. Und ich sehe keinen Lichtblick, dass sich das bessert.»

Markus Hochstrasser, Fachstelle Pflanzenschutz Kanton Zürich

Dabei wäre es dringend nötig, dass neue Pflanzenschutzmittel, die in der EU zugelassen sind, in der Schweiz bewilligt werden. Hochstrasser nannte verschiedene Kulturen, bei denen der Anbau aufgrund fehlender Mittel gegen Schädlinge oder Krankheiten immer schwieriger und unrentabler wird. So sei durch das Verbot von Chlorpyriphos und Dimethoat der Anbau von Rettich ins Gewächshaus verlagert worden.

Nebst fehlenden Wirkstoffen werden durch die Globalisierung jährlich neue Schadorganismen in die Schweiz eingeschleppt. «Um sie in Schach zu halten, braucht es in Zukunft wirkungsvolle Pflanzenschutzmittel», machte Hochstrasser deutlich. Im Gegensatz zu den Pilzkrankheiten könne man bei den Schädlingen mit Züchtung und An­bautechnik nichts anrichten, erklärte er vor den Medien.

Zwölf Jahre bis zur Zulassung

Abo Mangelnder Pflanzenschutz «Dafür wollen, können und dürfen wir keine Direktzahlungen verlangen» Friday, 13. October 2023 Den politischen Druck auf den Pflanzenschutz bekommen auch die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln zu spüren, wie von Regina Ammann von Syngenta zu erfahren war. Anders als in der EU gibt es in der Schweiz keine Fristen für die Bearbeitung der Gesuche für eine Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Zu weiteren Verzögerungen im Prozess führen das Verbandsbeschwerderecht und das Parteistellungsrecht, das mittlerweile bei jedem zweiten Gesuch verlangt wird. «Unter Umständen ist ein Mittel bereits wieder veraltet, bis es auf den Markt kommt», sagte Ammann. Dass es in der Landwirtschaft nicht ohne Pflanzenschutzmittel gehe, zeige die steigende Zahl der Notfallzulassungen. Diese seien zwar berechtigt, meinte Ammann.

«Es ist eine unehrliche Politik, wenn die verfügbaren Wirkstoffe reduziert werden und gleichzeitig die Zahl der Notfallzulassungen steigt.»

Regina Ammann, Syngenta

Es brauche einen Mix von Technologien und Methoden, betonte Amman. «Die Landwirtschaft braucht einen vollen Werkzeugkasten und real existierende Lösungen – mit anderen Worten ­wirksame Pflanzenschutz­mittel.» 

Rapsimporte für Pflichtlager

Abo Ackerbau mit angepassten Methoden Ist eine starke Pestizidreduktion beim Weizen- und Rapsanbau wirtschaftlich? Thursday, 9. November 2023 ZBV-Geschäftsführer Ferdi Hodel schlug anhand des Rapsanbaus die Brücke vom Pflanzenschutz zur Versorgungssicher-heit. Geht es nach den Plänen des Bundes, sollen die Pflichtlager beim Raps von heute 35 500 auf 44 000 t aufgestockt werden. Dafür bräuchte es eine zusätzliche Rapsfläche von 14 200 ha, «um zumindest die Pflichtlager mit Schweizer Raps zu füllen», sagte Hodel.

Da in der Schweiz keine wirksamen Pflanzenschutzmittel gegen den Rapserdfloh zugelassen sind, sinkt die Anbaubereitschaft. «Um die Pflichtlager zu füllen, importieren wir Raps aus dem Ausland, der mit Produkten behandelt wurde, die in der Schweiz nicht zugelassen sind», berichtete Hodel. Das müsse man dem Konsumenten begreifbar machen und so das Verständnis für den Pflanzenschutz verbessern. «Denn», so Hodel, «eigentlich wären die Bedingungen für den Rapsanbauideal in der Schweiz.»