Pflanzenkohle sei derzeit ein grosses Thema in der Landwirtschaft und sie wisse auch von einigen Obwaldner Bauernbetrieben, welche solche einsetzen. Sei es im Stall zur Fütterung, über Mist und Gülle oder im Garten zur Bodenverbesserung, meinte Christa von Deschwanden vom Landfrauenverband Obwalden. Deshalb sei im Rahmen der Weiterbildung das Thema «Obwaldner Pflanzenkohle – vielseitige Einsatzmöglichkeiten» aufgenommen worden. An der Besichtigung und Information bei der Naturaenergie AG in Kägiswil OW nahmen rund 30 Interessierte teil.

Biogas, Kompost und mehr

Die Naturaenergie AG stellt aus biologischen Abfällen Produkte und Energie her. Betrieben werden ein Kompostierwerk, eine Biogasanlage, Photovoltaikanlagen, ein Fernwärmenetz und neuerdings wird auch Pflanzenkohle hergestellt. Beschäftigt werden neun Angestellte in insgesamt 600 Stellenprozenten.

Über die Entstehung und die Entwicklung dieser bäuerlichen Organisation orientierte Geschäftsführer Klaus Seiler. Bis vor 15 Jahren habe es in ganz Obwalden keine eigene Grüngutaufbereitung gegeben, alle Biomasse sei in den Kanton Luzern geführt worden. Einige Bauern seien andererseits fasziniert gewesen, dass aus Hofdünger und Grüngut Strom gemacht werden könne. So kam die Idee auf, gemeinsam ein Projekt zu realisieren. Innert Kürze konnten acht Bauern dafür gewonnen werden. 2009 wurde die Naturaenergie AG gegründet und mit einer Feldrandkompostierung gestartet. Von der Gemeinde Sarnen OW konnten damals jährlich rund 1000 t Grüngut übernommen werden. Bald kam das Grüngut weiterer Gemeinden dazu, sodass 2010 mit dem Bau einer Biogasanlage mit Kompostierwerk gestartet wurde, welche im Mai 2011 in Betrieb genommen werden konnte.

Gebaut wurde im Baurecht auf Land der Korporation. Ein neutraler Standort sei sehr von Vorteil, besser als wenn für gemeinsame bäuerliche Projekte auf Land eines Bauern gebaut werden müsse. Das erleichtere auch die Nachfolgeregelung, meinte Seiler. Und ein weiterer Erfolgsfaktor für das Projekt sei gewesen, dass ein externer Finanzfachmann beigezogen wurde.

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Gülle kommt per Leitung

Vergärt wird in der grossen Anlage auch der Hofdünger von Landwirten der Umgebung, die Gülle wird in einem 3,5 km langen Leitungsnetz zur Anlage gepumpt. Übernommen würden jährlich rund 15 000 t Mist und Gülle. Das Grüngut aus dem ganzen Kanton Obwalden und von Gartenbaubetrieben macht inzwischen rund 5500 t aus. Seit dem Fütterungsverbot für Speisereste werden seit über zehn Jahren auch Speiseabfälle aus der Gastronomie der Kantone Uri, Nid- und Obwalden übernommen.

Die Biogasanlage liefert so jährlich 2,5 Mio kWh Strom, was für rund 550 Haushalte reiche. Und das Fernwärmenetz bedient mehrere Gewerbebetriebe, ein Mehrfamilienhaus und einen Geflügelstall. Energie wird auch auf den Gebäudedächern produziert. Auf 2900 m2 stehen Photovoltaikmodule, die liefern eine halbe Mio kWh Strom von der Sonne.

Das Potenzial zur Erweiterung des Fernwärmenetzes wäre wohl da, hänge aber von den künftigen Rahmenbedingungen für den Betrieb der Biogasanlage ab, erklärte Seiler. Die seien für bestehende Betriebe derzeit alles andere als klar. Der ursprüngliche Entwurf zur Revision der eidgenössischen Energieförderungsverordnung hätte wohl das Aus für viele bestehende Anlagen bedeutet, wegen ungenügender Förderung, erklärt Seiler, selber im Vorstand von Ökostrom Schweiz. Der Verband habe sich im Rahmen der Vernehmlassung sehr dagegen gewehrt und eine bessere Unterstützung gefordert. Wie die künftig für bestehende Biogasanlagen aussieht, werde wohl erst mit der neuen Verordnung im November klar. Es sei grotesk, mit dem Verordnungsentwurf würden neue Anlagen gefördert, bisherige aber gefährdet. Für neue Anlagen müsste die geplante Förderung primär über Hofdüngervergärung gehen. Hier liege das grösste ungenutzte Potenzial, findet Seiler.

Die eigene Biogasanlage in Kägiswil könne zwar die nächsten sieben Jahre noch von der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) profitieren. Gleichwohl setze die Naturaenergie AG auf Diversifizierung. Das sei mit ein Grund gewesen für die Erweiterung des Kompostierwerkes und die Installation einer Pyrolyse-Anlage zur Herstellung von Pflanzenkohle. Diese ermögliche, das bei den Grüngutanlieferungen anfallende und bisher schlecht nutzbare Holz sinnvoll zu verwerten. Dieses wird vor der Pyrolyse mit Abwärme von der Biogasanlage getrocknet. Die neuen Bauten gehen nächstens in Betrieb.

Die Böden stärken

Treibende Kraft hinter dem neuen Projekt ist Tobias von Rotz, der vor drei Jahren als Betriebsleiter zur Naturaenergie AG kam. Er ist zu 80 Prozent angestellt, arbeitet die übrige Zeit in der Hofgemeinschaft, die er mit einem Kollegen betreibt. Auf den 25 ha Land werden Hochlandrinder gehalten, von Rotz selber hält 370 Legehennen in mobilen Ställen, die Produkte werden selber vermarktet. Der Bauernsohn, ausgebildeter Schreiner, Zimmermann und Landwirt habe schon vor über zehn Jahren einen Bodenkurs besucht, kam so auch auf das Thema Pflanzenkohle. «Pflanzenkohle hat ein gewaltiges Potenzial, das Wissen darüber ist aber immer noch sehr beschränkt.» Von Rotz ist überzeugt, dass es Anpassungen bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Böden brauche. Es sei mehr auf die Bodenfruchtbarkeit zu achten. Themen wie Bodenbelebung, Humusaufbau, auch dank Kompostierung und Pflanzenkohle, würden an Bedeutung gewinnen. Auch die Aufbereitung der Hofdünger sei essenziell. Wenn schlechte, nicht aufbereitete Gülle eingesetzt werde, leide die Bodenfruchtbarkeit.

Pflanzenkohle – Wiederentdeckung von altem Wissen

Schon die sehr fruchtbaren Schwarzerde-Böden der indigenen Völker im Amazonas-Gebiet waren mit Pflanzenkohle angereichert, erklärte Tobias von Rotz. Und schon vor Jahrhunderten wurde die medizinische Wirkung erkannt und solche Kohle an Rinder verfüttert, von den Köhlern im Napfgebiet die Siebreste auch an Schweine. Die hochporöse Struktur und grosse Oberfläche (bis 300 m2 pro Gramm) dieses stabilen Kohlenstoffes ermögliche die hohe Aufnahmefähigkeit für Wasser und Nährstoffe. Zu achten sei aber unbedingt auf die Qualität mit dem Zertifikat EBC-Agro Bio. Pflanzenkohle sei wie ein Schwamm, soll aber nie ungeladen oder nicht aktiviert auf den Boden gegeben werden. Das erfolge mit Nährstoffen wie Gülle, Mist oder effektiven Mikroorganismen (EM). Die Einsatzmöglichkeiten seien vielfältig und Pflanzenkohle sei mehrfach nutzbar. Als Einzelfuttermittel oder Silagezusatz, als Stalleinstreu, zur Behandlung von Gülle, Mist oder Küchenabfällen, als Zuschlagstoff in der Kompostierung, als Pflanzenkohledünger und als Bodenverbesserer für den Humusaufbau. Als Futterzusatz empfahl er 0,4 bis 0,8 % der Trockensubstanz. Das beuge Durchfall vor, verbessere die Futterverwertung, absorbiere Giftstoffe, entlaste Leber und Niere und verbessere das Stallklima.

Frappant war dazu die Demonstration von einem Gefäss mit unbehandelter und mit Pflanzenkohle behandelter Schweinegülle, welche die Landfrauen einem Geruchstest unterziehen konnten. Von Rotz empfiehlt rund ein Volumenprozent Pflanzenkohle in frische Gülle zu geben, weil die Wirkung in alter Gülle weniger gut sei. Damit könnten Ammoniak-Verluste reduziert und die Nährstoffeffizienz verbessert werden. Eine gute Wirkung erfuhr von Rotz im eigenen Garten, bei der Zugabe von Pflanzenkohlekompost in Baumgruben, mit vitaleren und ertragreicheren Fruchtbäumen. Den Landfrauen vermittelte er auch Tipps zum Befüllen von Hochbeeten mit solch angereichertem Kompost und grundsätzlich zum Einsatz im Garten.