«Blätter von Gehölzen haben eine gute Futterqualität, oft vergleichbar mit guten Wiesenmischungen, vor allem vor Sommersonnenwende geerntet», erklärte Pirmin Adler von den Reusshöfe aus Oberrüti. Die Futtergehölze können die Ertragskurve der Wiesen glätten, da sie dann viel gehaltvolles Futter liefern, wenn jenes der Wiesen weniger wird. An Hitzetagen sorgen Hecken für mehr Trockenheitsresistenz und eine längere Aufrechterhaltung der Fotosyntheseleistung. Und das tiefe Wurzelsystem ziehe auch dann Wasser und Nährstoffe aus der Tiefe, begründete Adler.
Tiere verschlingen das Gehölz
Unübertroffen sei die Laubfutterwirtschaft in Bezug auf die Mineralstoffgehalte sowie medizinisch wirkende Stoffe. Früh geerntetes Laub sei milder, eiweiss- und mineralstoffreicher, spät geerntetes hingegen bei fast allen Arten herber (siehe Kasten).
Bei seinen Tieren hat er die Erfahrung gemacht, dass einige Kühe solches Futtergehölz bei Bedarf regelrecht verschlingen, beispielsweise Nusslaub bei Parasitenbefall, während es andere Tiere verschmähen. «Die Tiere spüren selber, was ihnen guttut.» Ist genügend Auswahl vorhanden, können sie sich somit selber gesund halten. Rinder seien Wald- und Steppentiere und fühlten sich deshalb in Gehölzen wohl. «Futterhecken gehören meiner Meinung nach zu einer artgerechten Ernährung.»
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Mutterkühe und Weidepoulets
Auf seinem 22-ha-Bio-Betrieb in der Reussebene mit etwas Ackerbau (Mais) sind die Weiden für Rinder und Freiland-Poulets durch Streifen mit Gehölzen unterteilt. Die bieten neben Nahrung auch Schatten und Beschäftigung. Ein Teil des Laubfutters wird auch als Winterfutter konserviert.
Produziert werden Weidebeef von 25 Mutterkühen und Weidepoulets der Rasse Bresse Gauloise für den Direktverkauf. Das Rindvieh wird in zwei Herden gehalten, einerseits Mutterkühe mit ihren Kälbern, andererseits eine Herde für Weidemast. Die Hühner schlachtet Pirmin Adler selber, die Rinder werden in einer nahen Metzgerei verarbeitet.
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Adler sprach über seine Erfahrungen mit Agroforst und Mehrnutzungshecken an der kürzlich stattgefundenen Generalversammlung von Wald Seetal Habsburg und stiess mit seinem Referat vor den Waldeigentümern, darunter vielen Landwirten, auf grosses Interesse. Adler setzt auf seinem Betrieb auf Kreislaufwirtschaft, und Agroforst bereichere das Ökosystem. Das seien nicht nur Produkte wie Holz, Früchte und Laub, sondern binde auch Kohlenstoff, sorge für ein angenehmeres Mikroklima, verbessere den Boden durch Humusaufbau, Aktivität der Bodenorganismen, Nähstoff- und Wasserrückhalt, und sei schliesslich auch Lebensraum und präge das Landschaftsbild.
Viel Wissen angeeignet
Der 46-jährige Landwirt begann vor rund fünf Jahren, sich intensiv mit dem Thema Agroforst zu befassen. Er streute damals den Kälbern Holzhackschnitzel in den Tiefstreubereich, zur Aufwertung der Hofdünger, und stellte fest, dass die Tiere auch an den Schnitzeln herumkauten. So wurden 2022 die ersten Hecken gepflanzt, rund 1500 Gehölze, darunter Sträucher, Wildobst und Laubholzbäume. Vorausgegangen war eine intensive Planung. Adler eignete sich viel Wissen an, da noch kaum Erfahrungen bestanden. Eine der grössten Herausforderungen sei sicher gewesen, welche Gehölze auf welche Parzellen passen. Er erwähnte Klima- und Bodenansprüche der Gehölze, die konkrete Anlage der Hecken im Gelände oder die Nährwerte für die Fütterung. Heute ist er überzeugt: «Agroforst ist gut für das Klima und das Tierwohl.»
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Inzwischen wachsen auf dem Betrieb über 30 verschiedene Gehölzarten. Die Anlage wurde in Streifen angelegt, dazwischen sind 24 Meter Weidefläche. Und es sind auch mehrere Heckentypen. So zweireihige Stockhecken beispielsweise aus Weiden, Hasel und Pappeln, die im Winter auf den Stock gesetzt werden und die Sträucher dann nach dem Austrieb als Futter zur Verfügung stehen. Schnitthecken aus Hainbuche, Rotbuche, Feldahorn, Hasel und Eschen würden durch regelmässigen Rückschnitt stabil gehalten und dienen auch als Futterlaub. Und schliesslich der Typ Kopfbaum mit Eberesche und Maulbeere, die neben dem Futter mit der stehenden Biomasse auch Lebensraum für bestimmte Habitate sei und sich auf verschiedenen Etagen gut mit Hochstammbäumen kombinieren lasse.
Die Böden verbessern
Pirmin Adler nutzt fragmentiertes Zweigholz aus den Hecken (Häcksel) auch zum Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und als Einstreu für die Tiere. Zumal solches reich an Kohlenstoff, Mineralien, Aminosäure, Proteinen, Phytohormonen und Enzymen sei, die für das Pflanzenwachstum benötigt würden. Er nannte auch Beispiele von Arten mit bodenaufbauenden Eigenschaften. So gilt Hängebirke als Bodensanierer, Grauerle fixiert Stickstoff, Hainbuchen, Rotbuchen und Hasel gehen intensive Symbiosen mit Bodenpilzen ein.
Viele Gehölze hätten auch ein leicht abbaubares und damit bodenverbesserndes Laub. Und Gehölze wie Ahorn, Linden, Ulmen, Hainbuchen oder Mehlbeere seien bei Regenwürmern sehr beliebt. Pirmin Adler hat inzwischen als Pionier schon sehr viele Erfahrungen sammeln können mit Mehrnutzenhecken. Dennoch seien auch die Herausforderungen gross. Es brauche viel Wissen, Zeit und Geduld. Auch die Kosten und nötige Infrastruktur wie Maschinen seien nicht zu unterschätzen. Flächen müssten anders bewirtschaftet werden und schliesslich müssten die Ökosystemleistungen gesamtheitlich betrachtet werden.
«Agroforst ist gut für das Klima und Tierwohl.»
Pirmin Adler weist auf die vielen Vorteile der Futterhecken hin.
Stabilere Erträge
Er erwarte mit Agroforst nicht Mehrerträge, aber stabilere Erträge. Seine Erwartungen an das Tierwohl, die Ökologie, Ökonomie, aber auch für die persönliche Lebens- und Arbeitsqualität seien bisher erfüllt worden. Und er habe mit diesem Betriebskonzept auch viele neue Kunden bei der Direktvermarktung gewinnen können. Pirmin Adler stösst mit seinem Konzept mit Agroforst auf Anerkennung, so erhielt er 2023 den Aargauer Förderpreis Agroforst für seine Weidehaltung mit Nutzhecken. Zudem hält er öfters Referate, und viele Besuchergruppen auch aus Forschung, Lehre und Beratung besuchen seinen Betrieb.
Wirkstoffe im Laub
Laub sei nicht nur ein gutes Futter, sondern habe auch gesundheitsfördernde Wirkungen, sagt Pirmin Adler. So sei Eberesche eine gute Medizin bei Parasiten, und Weiden wirken dank der Salicylsäure schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend. Gute Erfahrungen hat er auch mit Eichenlaub gegen Durchfall gemacht. Ferner sei aus der Literatur bekannt, welche Pflanzenarten welche Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten:
- Eisen: Rotbuche, Hainbuche
- Kupfer: Rotbuche, Haselnuss
- Mangan: Hainbuche
- Zink: Esche, Eichen
- Kobalt: Haselnuss, Hainbuche
- Magnesium: Salweide, Grauerle
- Selen: Silberweide, Hainbuche