Anfang April, während dem Lockdown, ehrte der Schweizer Obstverband die besten Fruchtsäfte und Cider. Mit 95 Punkten am höchsten bewertet wurde dabei der Birnensaft von Markus Müller aus dem zürcherischen Säuliamt. Er gewann Gold in der Kategorie Kernobstsaft. «Eine Prämierungsfeier gab es wegen Corona nicht», erinnert sich der Landwirt, «aber ich habe von vielen Seiten positive Rückmeldungen auf meinen Erfolg erhalten. Es gab eine Riesennachfrage, nach zwei Monaten war die letzte der 800 Flaschen Birnenmost weg». Für die Etikette, die ein befreundeter Grafiker gestaltet hat, erhielt Müller zudem den Verpackungspreis.

Früher wurde direkt bei den Kunden gemostet

Markus Müllers betreibt seit fast vierzig Jahren eine Lohnmosterei. Anfangs hatte er eine kleine Packpresse, die er nach einigen Jahren durch eine grössere auf einem Wagen ersetzte, mit der er zu den Betrieben in der Region fuhr, auch bis auf den Üetliberg. Seit sieben Jahren hat er nun eine vollautomatische Bandpresse. Obwohl auch diese mobil ist, verarbeitet er das Obst nur noch stationär auf dem eigenen Betrieb im Zentrum von Bonstetten, direkt an der Dorfstrasse. «Das ist die beste Werbung», sagt Müller «So sehen und riechen die Leute, wenn es neuen Most gibt». Jährlich stellt er um die 18'000 Liter Saft für den eigenen Verkauf her, vorwiegend aus Hochstammobst aus der Region. Zählt man die Lohnmosterei dazu, sind es pro Saison 20'000 bis knapp 50'000 Liter. Es sind viele kleine Betriebe und sogar etliche Schrebergartenbesitzer, welche die Ernte ihrer Apfelbäume zum Vermosten vorbeibringen.Ab 4 - 5 Harassen gibt es individuellen Most, bei kleineren Mengen erhält man eine Mischung verschiedenster Herkunft. Müller selbst hat eine Obstanlage mit 58 Hochstamm- und einige Niederstammbäumen, alle ungespritzt.

Wöchentlich gibt es eine Totalreinigung

In der Saison, die im September mit den ersten Äpfeln beginnt, ist Markus Müller jeweils von Donnerstag bis Samstag am Mosten. Meistens arbeitet er alleine. «Ich kenne jeden Handgriff, für mich ist dies am einfachsten so», sagt der Fachmann. Dieses Jahr sei die Hitze, dies sich bis spät in den September hineingezogen hat, eine besondere Herausforderung gewesen: «Es muss schnell gehen, damit der Saft nicht anfängt zu gären», so Müller. Bei grossen Lieferungen aufs Mal endet für ihn der Arbeitstag erst spätabends. Die Verarbeitung beginnt mit dem Waschen: Das Obst kommt zunächst in ein Bad, anschliessend wird es abgespritzt und gemahlen. Pro Stunde vermag Müllers Presse 0,8 Tonnen Obst zu verarbeiten. Übrig bleiben der Trester und der trübe Saft. Letzterer wird geklärt, das heisst, von den festen Bestandteilen getrennt. Einer zusätzlichen Behandlung unterläuft der Birnenmost: Die Gerbsäure, die bei diesem reich vorhanden ist, wird durch einen chemischen Prozess ausgeflockt, das heisst, absorbiert. Der Haltbarkeit wegen werden praktisch alle Mosterzeugnisse pasteurisiert. Zudem unterzieht Müller die Produktionsanlage wöchentlich einer Totalreinigung, um sie vor schädlichen Keimen und Pilzen zu schützen.

Das Obst muss richtig reif sein

Seit einigen Jahren stellt Markus Müller auch Gärmost und Obstessig her. Darunter auch Balsamico, den er in 25 Liter-Wecktöpfen eindickt und ein Jahr lang in Eichenfässchen lagert. Zur Produktepalette gehört auch ein Obstschaumwein, den er zum Lagern und Abfüllen in eine Kellerei gibt, die dafür besser ausgerüstet ist. Die Vermarktung des Sortiments erfolgt vor allem über Läden in der Region.

Dass sein Birnenmost so hoch prämiert wurde, freut Markus Müller auch deshalb, weil er erst vor drei Jahren begann, solchen herzustellen. Die Idee entstand sozusagen aus einer Not, da es in jenem Sommer nur wenig Obst gab. Normalerweise gibt Müller dem Apfelmost einen Birnenanteil von 5 - 10 Prozent dazu. Statt die reifen Birnen nur auf den Apfelmost zu verteilen, fing der Mostfachmann an, daraus einen eigenen Most zu machen, der idealerweise aus reifen Wasser- und Schellerbirnen besteht und zehn Prozent Apfelsaft enthält. «Das Obst muss richtig reif sein, das ist wichtig», betont Müller. «Viele machen den Fehler, dass sie zu wenig geduldig sind und die Birnen schütteln, wenn diese noch gar nicht so weit sind». Zudem sei es wichtig, möglichst viele verschiedene Sorten zu mischen «Die Vielfalt macht den guten Most aus», ist der 62-jährige überzeugt. Ihn fasziniere auch noch Jahrzehnten in diesem Handwerk, dass das Resultat jedesmal anders sei, weil es davon abhängt, was geliefert wird. Da er den Beruf gerne ausübe, habe er vor, noch ein paar Jahre über das Pensionsalter hinaus weitermachen. Zudem sei noch nicht geklärt, wer einmal die Mosterei übernehmen wird.

Diese Obstsaison ist durchmischt

Nach den Äpfeln werden nun auch die Birnen reif für die Presse. «Die Saison ist bis jetzt durchmischt, einige Betriebe haben fast kein Obst, andere dagegen viel», stellt der Bonstetter fest. Wenn die strenge Mostsaison Ende Oktober zu Ende geht, wird er wieder mehr Zeit für seine weiteren Tätigkeiten haben, etwa für den Ackerbau, sein Teilzeitpensum als Hauswart und sein Engagement in der Feuerwehr. Doch dazwischen steht zunächst eine Woche Camperferien mit seiner Frau auf dem Programm.