«Ich sage es mal so: Für jemanden, der gerne Fingernägel macht, ist es nicht der richtige Beruf»: Nadja Thurnherr aus Au SG ist Gemüsegärtnerin. «Man darf keine Angst vor Dreck haben, aber ich wollte schon immer etwas mit Pflanzen und Tieren machen, statt mit Menschen, die mir wahrscheinlich nur auf die Nerven gehen würden», sagt die 21-Jährige.

Gemüse, Blumen und Kühe

Genau diese Kombination hat sie gefunden: Seit Lehrabschluss arbeitet sie bei Troxler Schlossguet in Untereggen SG, einem Betrieb mit Blumen, Gemüse und Milchwirtschaft. Von Frühling bis Herbst kümmert sich Thurnherr um die Gemüsekulturen, im Winter ist sie bei den Milchkühen im Stall. Die Produkte werden auf den Märkten in St. Gallen und Rohrschach sowie in «Germanns Hofladen» in Goldach verkauft. Melken konnte Nadja Thurnherr schon von zu Hause aus.

Heute halten ihre Eltern keine Milchkühe mehr, sondern mehrere hundert Fleischschafe: Walliser Schwarznasen, Weisse Alpenschafe und Heidschnucken. Der heimische Betrieb stammt vom Onkel väterlicherseits, die Schafe hat die Mutter in die Familie gebracht. Aber auch der Gemüsebau war Thurnherr nicht fremd. Für den Nachbarn baut ihre Familie Gemüse an, der dieses direkt vermarktet.

Gerne mit Maschinen

Gemüsegärtner(innen) sind gesuchte Fachkräfte. Das Jobangebot der Familie Troxler bekam Nadja Thurnherr noch während der Lehre. Ihre Berufswahl hat sie nie bereut: «Zu wissen, dass das Gemüse, das ich heute geerntet habe, morgen auf dem Markt verkauft wird, gefällt mir.» Sie arbeitet gerne mit den Maschinen, Jäten ist weniger beliebt. «Wenn man auf einer Fläche von weitem nur Unkraut sieht, ist die Motivation natürlich nicht so gross», sagt die junge Frau trocken.

An den nationalen Berufsmeisterschaften Swiss Skills 2018 war Nadja Thurnherr die beste Frau in ihrem Beruf. Den dritten Rang und damit das Podest verpasste sie nur knapp. «Natürlich habe ich im Nachhinein gedacht: Wäre ich doch bei der einen oder anderen Aufgabe ein bisschen schneller gewesen.»

«Nur Männerego-Sprüche»

Obwohl sie als Frau in der Lehre deutlich in Unterzahl war, hat sie keine Nachteile erlebt: «Ich hatte nie Probleme mit den Jungs.» Natürlich habe sie mal den einen oder anderen Spruch zu hören bekommen, ob sie dieses oder jenes mit dem Traktor überhaupt könne. «Aber das sind nur Männerego-Sprüche, darüber kann ich stehen.» Eher müsse man als einzige junge Frau auf einem Betrieb mit vielen ausländischen Erntehelfern eine dicke Haut haben: «Sie machen manchmal Anspielungen. Da muss man schlagfertig sein und zurück-geben, dann hören sie auf.»

Nadja Thurnherr denkt gerne an ihre Kindheit auf dem Bauernhof zurück. Auf einer der Kühe konnten ihre Geschwister und sie sogar reiten. Etwas weniger schön war es in der Schule. «In der Unterstufe fanden es noch alle interessant, dass wir Bauernkinder sind.» Später kamen dann das Mobbing und Sprüche wie «Wäh, du stinkst». Mit der Zeit lernte sie, die Gemeinheiten ignorieren: «Ich dachte mir, ohne mich hättest du nichts zu essen.»

Im letzten halben Jahr war Nadja Thurnherr nach einer Hüftoperation krankgeschrieben. Die viele freie Zeit war nicht immer einfach. Früher spielte sie Handball, «jetzt muss ich mir halt ein neues Hobby suchen.» Sie half, so gut es ging, zu Hause mit, verbrachte Zeit mit Freunden und malte. Etwa die Plakate für die nächste Ausstellung des Ziervogelzuchtvereins, in dem sie Mitglied ist. Thurnherr hält Sonnen- und Felsensittiche. Sie erklärt dem Besuch der BauernZeitung die farbenfrohen Vögel mit viel Begeisterung und Fachwissen. Überhaupt schlägt ihr Herz für Tiere: Auf dem elterlichen Hof gibt es auch noch Hunde, Katzen, Mini Pigs und Ponys.

Unwissende Konsumenten

«Wenn ich nicht Gemüsegärtnerin gelernt hätte, wäre ich Landwirtin geworden.» Nadja Thurnherr kann sich gut vorstellen, später den elterlichen Betrieb zu übernehmen, wenn auch «noch nicht heute oder morgen.» Für ihre Geschwister ist eine Hofübernahme keine Option: Die Schwester absolviert eine Lehre in der Hauswirtschaft, der Bruder lernt Elektriker.

Über die Zukunft des Gemüsebaus macht sich Nadja Thurnherr manchmal Gedanken. «Ich denke, gerade für kleine Betriebe ohne Abnehmer wird es künftig schwierig, einzusteigen.» Auch das Unwissen der Bevölkerung beschäftigt sie. Sie denkt dabei an die Begegnung mit einem Buben, der meinte, Lauch werde von der Migros angebaut.

Auf dem Betrieb möchte Nadja Thurnherr später auf jeden Fall die Schafe behalten. Nur Gemüse wäre ihr zu langweilig: «Ich möchte nicht den ganzen Winter nur Randen sortieren.»