Pro: Alles gehört an einen Ort

[IMG 3]Die Landwirtschaft steht global vor riesigen Herausforderungen: etwa durch Klimawandel, überlastete Ökosysteme, Bodenverlust oder Kritik am Pestizid-Einsatz. Ja, in der Schweiz haben wir noch blühende Felder und volle Regale; der Leidensdruck ist somit klein. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, müssen wir uns schon jetzt vorbereiten und die Rahmenbedingungen enkeltauglich gestalten. Bei dieser Aufgabe ist eine starke Pflanzenzüchtung zentral: Wir brauchen rasch robuste Sorten. Doch deren Züchtung dauert normalerweise 10 bis 15 Jahre. Schneller und präziser darin sind die neuen Züchtungsverfahren (NZV), die im Gegensatz zur klassischen Gentechnik ohne die Einfügung artfremder Erbsubstanz in eine Zielpflanze auskommen.

Es werden Ängste geschürt

Dass noch keine solchen Pflanzen auf dem Markt verfügbar sind, hat unter anderem mit der schwierigen Zulassung zu tun: Wegen der ungeklärten rechtlichen Beurteilung ist noch offen, ob für die NZV dieselben strengen Regeln gelten wie für die klassische Gentechnik. Zudem werden auch gegenüber den NZV laufend Ängste geschürt. Dabei ergeben Untersuchungen, dass selbst die klassische Gentechnik weder der Umwelt noch der menschlichen Gesundheit schadet. All dies treibt die Schweizer Forschung und Entwicklung ins Ausland und die einheimische Landwirtschaft in die Arme weniger internationaler Saatgutkonzerne.

Verantwortung übernehmen und sinnvoll regulieren

Wollen wir solche Abhängigkeiten abbauen, müssen wir uns der Verantwortung stellen und die Sache selbst in die Hand nehmen. Wünschen wir Sorten, die für die Bedürfnisse in der Schweiz geeignet sind und zeitgerecht zur Verfügung stehen, müssen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Forschung, Entwicklung, Pflanzenzüchtung und Produktion gehören letztlich an ein und denselben Ort. Unser Verein «Sorten für morgen» mit Vertretern aus der gesamten Wertschöpfungskette und der Konsumentenschaft macht sich Gedanken, wie sich die NZV sinnvoll regulieren lassen. Wir wollen keinen Wildwuchs, sondern eine selbstbestimmte Regulierung, von der alle profitieren: die Umwelt, die Landwirtschaft sowie die Konsumentinnen und Konsumenten.

 


Contra: Nur ein Ausweg für Konzerne

[IMG 2]Vier Firmen dominieren den globalen Saatgutmarkt. Sie fahren Milliardengewinne ein, während Schweizer Bauernfamilien unter grossem wirtschaftlichem Druck stehen. Diese Konzerne haben mit Pestiziden Geld verdient und zur Umweltkrise beigetragen. Da dieses Geschäftsmodell zunehmend hinterfragt wird, präsentieren sie die neue Gentechnik als Ausweg. Sie haben dazugelernt seit ihrem Scheitern, die klassische Gentechnik hoffähig zu machen. Heute argumentieren ihre politischen Vertreter gegen alle Bedenken mit einem genialen Kniff: Neue Gentechnik soll schlicht nicht mehr Gentechnik heissen. Stattdessen ist etwa von neuen Züchtungstechniken die Rede. Ein Versuch, Gentechnik durch die Hintertüre zuzulassen.

Das Ende der Schweizer Qualitätslandwirtschaft

Diesem Vorgehen hat der Bundesrat in seinem Bericht zur neuen Gentechnik einen Riegel vorgeschoben. Er stellt klar: Auch neue Gentechnik ist Gentechnik und fällt damit unter das Gentechnikgesetz. Sollte das Parlament jedoch das Gesetz anpassen, um neue Gentechnik davon auszunehmen, wäre dies das Ende der Schweizer Qualitätslandwirtschaft. Es gibt keine tragfähigen Konzepte, um die kleinräumige Schweizer Landwirtschaft vor Verunreinigungen durch Gentechnik zu schützen. Zugleich ist in Bälde nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu rechnen, die für die Schweizer Landwirtschaft angepasste Lösungen bieten. Es stehen keine klimarelevanten Sorten vor der Marktreife, ihre Genetik ist zu komplex.

Landwirt(innen) haben die Wahl

Entscheidend ist aber ganz etwas anderes: Egal ob alte oder neue Gentechnik – sie ist am Ende nur Symptombekämpfung. Was wir brauchen, sind ganzheitliche Lösungen. Deshalb ist eine Förderung der gentechnikfreien und biologischen Züchtung sowie der agrarökologischen Forschung und Praxis in der Schweiz nötig. Denn diese erkennen die Stärke einer kleinräumigen, vielfältigen und hochwertigen Landwirtschaft an. Die Landwirte haben nun also die Wahl: Ein ausbeuterisches Industriesystem unterstützen oder Freiheiten und finanzielle Wertschöpfung erhöhen und dabei die Qualität der Schweizer Landwirtschaft sichern.