Raps sollte zur Prävention schwerer Schäden durch Rapserdflöhe eher früh und dicht gesät werden, lautet die gängige Empfehlung. Damit wächst die Kultur rasch aus dem sensiblen Stadium heraus. Dies – zusammen mit einer flachen Ablage des Saatgutes und einer guten Rückverfestigung – fördert allerdings auch höher gewachsene Bestände im Herbst. Darunter leidet die Winterfestigkeit der Kultur.
«Es besteht hier ein Zielkonflikt», sagt Andreas Distel, Leiter Pflanzenschutzdienst am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg (AG). Mit der Verschiebung hin zu früheren Saatzeitpunkten habe in den letzten Jahren wahrscheinlich auch die Anzahl Verkürzungen zugenommen.
Ein zweiter Schädling, aber weniger relevant
Zu dieser Entwicklung hätten aber auch mildere Herbste und Winter sowie eine verlängerte Vegetationsperiode beigetragen, fährt Andreas Distel fort. Er rät, eine spezifische Verkürzung im Raps im 4–6-Blattstadium vorzunehmen. «Das ist effektiver als im 8-Blattstadium.» Im Fall heterogener Bestände empfiehlt er, zuzuwarten. Generell sollte die Ölsaat mit einem Wurzelhalsdurchmesser von 8–10 mm bzw. mit 8–12 Blättern in den Winter gehen. Je nach Entwicklungsstand gilt es, den Wachstumsregler zu dosieren.
Geht der Raps zu hoch in den Winter, drohen Schäden, was mit dem Verkürzen verhindert werden soll. Die frühe Saat fördere aber auch den Befall mit Kohlfliegen, schildert der Fachmann. «Im letzten Anbaujahr ist diese verstärkt aufgetreten.» Aus Sicht der Kohlfliegen-Prävention wäre eine Rapssaat erst nach September besser. Es besteht also ein zweiter Zielkonflikt, wobei Andreas Distel zu bedenken gibt, dass der Rapserdfloh als Schädling – zumindest bislang – viel bedeutender ist als die Kohlfliege. «Ausserdem hoffen wir auf die Bewilligung eines neuen Beizmittels, das im Ausland teilweise schon zugelassen ist.»
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Fungizide reichen in dünnen Beständen aus
Zum Verkürzen stehen entweder spezifische Wachstumsregulatoren oder Fungizide zur Verfügung, die eine wachstumshemmende Wirkung haben. Der Einkürzungseffekt sei bei Letzteren geringer, hält der Berater fest. «In dünnen Beständen reicht das aber zur Verkürzung auch aus.» Meist sind die auf dem Markt verfügbaren Mittel ohnehin fertig formulierte Produkte, also Wachstumsregulatoren in Mischung mit Fungziden.
Bremsen ist keine Freikarte für intensivere Bestandsführung
Neben Saatzeitpunkt, -dichte und -tiefe spielen diverse Faktoren wie etwa das Wetter oder die Nährstoffversorgung eine Rolle dabei, wie schnell der Raps in die Länge wächst. Bei dicht gesätem, intensiv gedüngtem Raps sei man mit Massnahmen zur Verkürzung quasi auf der sicheren Seite, bestätigt Andreas Distel.
«Es gibt eine gewisse Sicherheit. Grundsätzlich ist es aber so, dass eine zu hohe Düngung Krankheitsbefall und Auswinterung fördern kann», schränkt er ein. Die Möglichkeit, den Bestand bei Bedarf zu bremsen, ist demnach keine Freikarte zur intensiveren Führung. «Das Motto ‹viel hilft viel› entspricht nicht der guten Agrarpraxis», so Distel. Die Düngung sollte vielmehr standort- und bedarfsgerecht bemessen werden, empfiehlt er.
Bei Extenso-Produktion nicht immer rentabel
Bei Extenso-Raps (Produktionssystembeitrag für Verzicht auf Pflanzenschutzmittel im Ackerbau) stellt sich die Frage nach Wachstumsregulatoren nicht. Deren Einsatz hat nämlich die Abmeldung der Fläche von diesem Beitrag zur Folge. Die Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Bern schreibt dazu, ein Ausstieg aus dem Extenso-Programm lohne sich wegen eines Wachstumsreglers im Raps in der Regel nicht. «Versuche haben zudem gezeigt, dass eine Verkürzung nur in zwei Dritteln der Jahre rentabel ist und die Rentabilität in den letzten Jahren dank neuer Sorten und trockenen Bedingungen im Frühling gesunken ist.»
Andreas Distel ist der Meinung, dass Raps eine intensiv geführte Kultur ist und es auch bleibt. «Klar ist aber, dass die Wurzelhals- und Stängelfäule (Phoma) aufgrund von Sortentoleranz ein wenig an Bedeutung verloren hat», ergänzt er. So bleibe es eine für den Landwirt eine Absicherung, wenn er ausschliesslich für eine Verkürzung ins Feld fahre – eine Präventionsmassnahme, da man nie weiss, wie der Winter sein wird. «In den letzten Jahren waren die Winter sicher weniger hart», sagt Andreas Distel. Das senke das potenzielle Risiko für Schäden an üppigen Rapsbeständen.
Seitentriebe werden später wichtig für den Ertrag
Andererseits fördert die Verkürzung des Haupttriebs die Entwicklung der Seitentriebe, die für den Ertrag eine wichtige Rolle spielen. Für den Aargauer Berater steht diese Wirkung von Wachstumsreglern allerdings nicht im Vordergrund, auch wenn er die Bedeutung der Seitentriebe anerkennt. «Aus meiner Sicht spielen sie erst später die grösste Rolle, man muss ihre Abreife gewährleisten.» Das bedeute, im Hinblick auf die Ernte nicht die Geduld zu verlieren und zu früh den Drescher auffahren zu lassen. «Denn sonst sind die Seitentriebe oft noch nicht ausgereift, man hat sogenannte Gummischoten und verliert Ertrag.»
«Kein Argument für eine Untersaat»
Mit Untersaaten holt man sich eine grüne Wachstumsbremse quasi in den Rapsbestand. «Das ist wieder ein eigenes Kapitel», winkt Andreas Distel ab. Wenn die Untersaat in einem milden Winter allzu stark wachse, funktioniere die Wachstumsregulierung derart «gut», dass der Raps sich kaum entwickeln könne, meint er mit einem Augenzwinkern.
«Eine Regulation des Längenwachstums der Kultur ist kein Argument für eine Untersaat», stellt Distel klar. «Hier geht es einzig um die Frage der Unkrautunterdrückung und der grundlegenden Eignung einer Parzelle für eine Untersaat hinsichtlich bestehender Verunkrautung.»
