Mit der diesjährigen Mostobsternte ist Michael Budliger vom Betrieb Erlosenblick im Luzerner Seetal zufrieden. «Wir hatten genügend Regen, sodass die Menge im Durchschnitt liegt, die Früchte sind aber süsser und aromatischer.» Die Bäume hätten sich nach dem schweren Hagel im Vorjahr, welcher sogar das Holz beschädigte, wieder gut erholt.

Mehr Hochstammbäume

Mostobst hatte auf dem Betrieb schon immer einen hohen Stellenwert. «Als Kinder waren unsere Ferien im Herbst meist Auflese-Ferien.» Jährlich werden rund 80 t geerntet von den noch 116 eigenen Hochstämmern, von der Anlage mit Säulenbäumen sowie aufgelesenem Obst von Hochstämmern aus der Nachbarschaft.

Der Betrieb will im Bereich Mostobst weiter wachsen, dieses Frühjahr wurden 40 Hochstämmer gepflanzt, teils mit Patenschaften. Nächstes Jahr sollen 30 weitere Bäume folgen.

Viele Standbeine

Der Erlosenblick ist zwar ein Vollerwerbsbetrieb, wird aber von Familie Budliger im Nebenerwerb geführt, zumal alle Mitglieder mithelfen, aber noch in anderen Berufen tätig sind. Betriebsinhaber Vater Walter arbeitet als gelernter Metzger tageweise in Metzgereien und ist den Sommer über viel mit dem «Grillrad» unterwegs. Im Stall hilft die Mutter mit und aushilfsweise auch Michaels Bruder, gelernter Produktionsmechaniker und mit Zweitausbildung Landwirt EFZ, derzeit als Leitungsbauer tätig. Auch die Schwester mit Ausbildung im Detailhandel, derzeit in der Bäuerinnenschule und teilzeitlich in einer Landi aktiv, engagiert sich zu Hause beim Aufbau der Direktvermarktung.

Vater Walter habe nach einer Weiterentwicklung des Betriebes gesucht und Marktchancen bei Mostobst gesehen, wegen des Rückgangs der Hochstammbäume, erzählt Sohn Michael, der sich in diesem Bereich künftig noch stärker engagieren will. Er ist gelernter Zimmermann und arbeitet als Produktionsleiter bei der Holzbau Erni AG in Schongau, welche unter anderem Güllesilo-Abdeckungen in Holz herstellt. Als voraussichtlicher Hofnachfolger absolviert er derzeit die Nebenerwerbsausbildung zum Landwirt.

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Säulenbäume seit 2007

2007 machten sie mit beim Pilotprojekt Säulenbäume, beeindruckt aufgrund der damals vorgelegten Erntezahlen. Auf 80 Aren pflanzten sie 4500 Säulenbäume, mit Reihenabstand 3 Meter als Fahrgasse, die Bäume in der Reihe im Abstand von 50 Zentimetern. Gesetzt wurden damals auch Sorten, die sich nicht bewährten, und vor Jahren gab es in dieser Anlage gar Feuerbrandbefall, 1000 Bäume musste gerodet werden. In die Lücken wurden neue Sorten gesetzt. Heute stehen in der Anlage Procats und Pompink, welche optimale Zucker- und Säuregehalte brächten, erklärt Michael Budliger. Die prophezeiten Erträge von 50 bis 60 t seien allerdings nie erreicht worden. Die Realität liege an diesem Standort eher bei rund 40 t pro ha.

Die Ernte erfolgt manuell von Hand, die Säulenbäume werden geschüttelt, das Fallobst aufgelesen, das sei auf dem Rasen ebenso rationell wie mit Maschine. «Wir haben zwar zwei Auflesemaschinen, aber die sind für die Anlage ungeeignet.» Jährlich gegen 20 t Obst werden bei der Mosterei Halter in Beinwil am See zu Saft gepresst für den Eigenverbrauch, dort kann dieser auch eingelagert werden. Die übrigen rund 70 Prozent des Mostobstes werden über eine Annahmestelle an die Mosterei Muff in Römerswil verkauft.

Den meisten eigenen Saft lassen Budligers bei der Mosterei Halter zu Apfelweinen weiterverarbeiten, «nach unserem Rezept, ich bin vor Ort und bestimme das zusammen mit dem Kellermeister». Abgefüllt wird bei der Getränkehandlung und Mosterei Lussi in Stans. Das Sortiment umfasst «Budliger’s Suure Moscht», mit und ohne Alkohol, sowie «Budliger’s Hol-der-e-Moscht», mit und ohne Alkohol, kombiniert mit Holunderblütendolden.

Prämierte Säfte

Weil Naturprodukte, seien die Moste nicht jedes Jahr gleich wie «suure Moscht» von bekannten nationalen Marken. «Damit können wir uns von diesen abheben.» Für ihre Getränke holten Budligers in den letzten Jahren schon mehrere Preise bei Prämierungen des Schweizer Obstverbandes. Vermarktet wird auch Süssmost in Bag-in-Box, dieser Absatz sei aber seit Jahren konstant rund die Hälfte, während die Apfelweine jährlich zulegten. Diese werden privat, in der Gastronomie, an Vereine für Feste und auch in Läden der Region vermarktet. Eine Zusammenarbeit gebe es auch mit Käsereien, welche den Most ins Fondue mischten, weil dies bekömmlicher sei als mit Wein. Auf die wachsende Nische «suure Moscht» seien sie vor rund sieben Jahren gestossen aufgrund eines Tipps von Moster Christian Halter, als sie nach einer optimaleren Verwertung für das Mostobst der Säulenbäume suchten. Zumal diese Anlage auch nicht die versprochenen Erträge brachte und die Mostobstpreise sanken, sollte zumindest die geringere Menge mehr Wertschöpfung bringen.

Mosterei auf Bauernhof

Der wachsende Absatz soll weiter genutzt werden, die Direktvermarktung wollen Budligers ausbauen und auch die Verarbeitung künftig vor Ort selbst machen, zumal die Transporte zu den externen Partnern aufwendig sind.

Dazu ist auf dem Hof ein Neubau neben der Scheune geplant für die Mostobstverarbeitung. «Wir möchten die Wertschöpfung auf den Hof bringen und damit auch mehr Transparenz vom Baum bis zum Most schaffen.» Das Baugesuch ist eingereicht, Budligers hoffen auf eine Bewilligung bis Ende Jahr. Geplant ist ein doppelstöckiges Gebäude mit Keller für die Produktion und Lagertanks, darüber Degustationsräume und eine Remise, da es auf dem Hof derzeit zu wenig Platz für die Maschinen gibt und diese im Freien stehen.

Weitere Informationen: www.erlosenblick.ch

Mühe mit Rückbehalt, aber bessere Lösung fehlt
Das Ernteausgleichssystem mit Rückbehalten auf dem Mostobstpreis findet Michael Budliger im Grundsatz eine gute Sache. Es fehle aber die Transparenz bezüglich Notwendigkeit von Einlagerungen, Konzentratherstellung und Exporten in Überschussjahren. Er hat deshalb Verständnis, wenn vor allem kleinere Mostereien, welche auf den Rohstoff angewiesen sind oder gar zu wenig davon bekommen und eben selber kein Konzentrat herstellen, Mühe mit dem Abzug von Rückbehalten hätten und diese verweigerten. Allerdings müssten die Produzenten dann eben Verständnis haben, wenn sie nicht jährlich alle Früchte abliefern könnten.

Adrian Muff von der Mosterei in Römerswil berichtet von einer guten Qualität, aber knapp durchschnittlichen vermosteten Mengen. Neben Hagel und Trockenheit sei wohl die sinkende Bereitschaft der Bauern zum Obstauflesen schon mit ein Grund. Dies auch wegen der Rückbehalte in den Vorjahren, die nur noch teilweise auf Verständnis stossen. Irgendwer müsse aber in Überschussjahren an die Verwertung zahlen, und es gebe offenbar derzeit keine bessere Lösung als dieses System.

Stefan Schürch von der Mosterei in Rothenburg berichtet ebenfalls von einer knapp durchschnittlichen Ernte. Mostobst habe auf vielen Betrieben kaum mehr eine grosse Bedeutung. Und immer mehr fehlen die Leute und auch die Bereitschaft zum Auflesen. Das aktuelle Ernteausgleichsystem findet Schürch bürokratisch; es werde von grossen Lagerhaltern wohl auch etwas ausgenutzt. Er spürt ebenfalls, dass viele Bauern Mühe damit haben und die Solidarität sinkt. Zudem werde viel Mostobst gar nicht erfasst und es gebe einige Trittbrettfahrer. Selbst der Obstverband schätze, dass auf mindestens einem Viertel der Menge keine Abgaben erhoben würden. Wer auf grosse Abnehmer angewiesen sei, habe aber kaum Chancen, aus dem System auszusteigen.