«Es wird eine gute Erdbeersaison mit einer sehr guten Qualität, wenn das Wetter weiterhin mitspielt», freut sich Ralph Wehrle auf dem Betrieb in Freidorf. Er war am 1. Mai zusammen mit Präsident Philip Engel und weiteren Vorstandsmitgliedern des Vereins Thurgauer Beerenpflanzer für die Ernteerhebungen unterwegs. Sie besuchten fast alle Erdbeerflächen im Kanton.

«Alle Flächen haben Potenzial», sagt er zu Hause auf dem Betrieb der Generationengemeinschaft Wehrle. Er geht zum Gewächshaus, wo die Erdbeeren auf Stellagen heranwachsen, und löst seinen Vater Urs ab, der zusammen mit zwölf Erntehelfern am Ernten ist.

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Ohne Stiel für Qualität

Urs Wehrle zeigt, wie die Erdbeeren zu pflücken sind: Mit dem Finger den Stiel fixieren und dann mit dem Daumen am Stielansatz den Stiel abdrücken. «Ohne Stiel, dann gibt es bei den Erdbeeren in den Schalen keine Druckstellen durch die Stiele», erklärt Urs Wehrle und begibt sich in die Lagerhalle. Dort stehen die Waagen bereit. Urs Wehrle wägt die Ifco-Kisten und macht eine letzte Qualitätskontrolle.

«All unsere Beeren und Früchte gehen in den Frischkonsum. Dabei zählen Qualität, Geschmack und Frische, so haben die Konsumenten Freude an den Erdbeeren», sagt er. Anderntags am Morgen früh werden die gestapelten Ifco-Kisten von der Tobi Seeobst AG abgeholt und an die Läden verteilt.

«Nach der ersten Ernte kommt ein zweiter Satz Erdbeeren hinein und im Juli ein dritter Satz», erklärt Ralph Wehrle das Produktionsvolumen. Die Haupternte auf dem Betrieb findet zusammen mit den Strauchbeeren in den Kalenderwochen 28 bis 34 statt. «Dann sind bei uns 35 Erntehelfer angestellt», so Wehrle. Der Betrieb bewirtschaftet neben den Flächen in Freidorf noch Parzellen in Hagenwil, Roggwil und Berg. Auch wenn die Tage länger werden – Zeit, um draussen in der gemütlichen Lounge zusammenzusitzen, ist rar.

Das Gewächshaus ist mit 1,1 ha riesig. «Fertiggestellt wurde es 2019, die Halle mit Kühler entstand im Vorjahr», erzählt Ralph Wehrle. «Ja zu sagen zu diesem Projekt und voll in den Betrieb einzusteigen, war für mich die erste wichtige Entscheidung im Leben.»

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Jeder hat sein Steckenpferd

2020 gründeten sie die Generationengemeinschaft und gaben die Milchviehhaltung im Jahr darauf auf. Urs Wehrle brachte die Liegenschaft in die Gemeinschaft ein und Ralph mithilfe der Starthilfe und Angespartem Maschinen und Kulturen.

Vater Urs Wehrle (56) hat die Vermarktung unter sich und ist für das Personal zuständig, während der Junior für die Kulturpflege verantwortlich ist. Ehefrau Manuela macht die Buchhaltung und Löhne für die Generationengemeinschaft und regelt alles, was die Arbeitsbewilligungen betrifft. «Wir haben eine gute Diskussionskultur und arbeiten Hand in Hand», sagt Ralph. Er wohnt mit seiner Partnerin Angela, den Söhnen Nevin (10) und Mailo (5) und der im Februar geborenen Tochter Alena im mehrstöckigen Betriebsleiterhaus, wo die Eltern im unteren Stockwerk wohnen. Für das Zusammenleben gibt es Hausregeln. «Wir respektieren unsere Privatsphäre gegenseitig», sagt er.

Für die Betriebsorganisation führen Wehrles gemeinsam eine Looping-Online-Agenda. Wenn einer einen Termin einträgt, bekommt jeder eine Pop-up-Nachricht. So auch, als Urs Wehrle mit einem seiner Beerenpflanzer-Kollegen unterwegs war und alle Ostschweizer Redaktionen von Zeitungen und Zeitschriften aufsuchte. Jede Redaktion bekam einen Karton mit Erdbeerschalen. «Die Redaktion geniesst die frischen Erdbeeren und wir sind vor Ort, um Fragen zu beantworten. So machen wir nachhaltig auf die Erdbeersaison aufmerksam», sagt Urs Wehrle.

Nach den Erdbeeren geht es Schlag auf Schlag auf dem Betrieb weiter. Dann reifen die Johannisbeeren, die Heidel- und Stachelbeeren heran sowie in der zweiten Augustwoche die Zwetschgen Dabrovice-Cacaks Schöne, Fellenberg Richards Early und die späten Fellenberg-Zwetschgen.

Bei den Johannis- und Stachelbeeren besetzen Wehrles schweizweit einen grossen Marktanteil, denn es gibt nur wenige Produzenten, die sich auf diese Kulturen spezialisiert haben. «Ich bin ein Fan von Stachelbeeren», sagt Urs Wehrle. Stachelbeeren haben eine lange Tradition auf dem Betrieb, auch wenn deren Pflege und Remontierung nicht ganz einfach sind. Urs Wehrle begann damit während seiner Ausbildung als Landwirt am Arenenberg.

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Über den Tellerrand hinaus

Nach und nach dehnten Wehrles ihre Kulturen aus. Das ist weiterhin geplant. «Wir sehen unsere Zukunft in den Spezialkulturen. Das hat Potenzial», sagt Ralph Wehrle. Jede Neuinvestition in eine Anlage wird sorgfältig abgewogen. Sie tragen das unternehmerische Risiko gemeinsam, fällen Entscheide über das Anbausystem und wählen frühe und späte Sorten aus, die zum Standort passen. Sie verpassen auch keine Beerenevents – sei es die Fruit Logistica in Berlin oder die Fruchtwelt Bodensee in Friedrichshafen.

Generationengemeinschaft

Ralph, Manuela und Urs Wehrle

Ort: Freidorf
LN: 27 ha, Futterbau, Beeren und Zwetschgen, Hochstämmer
Spezialkulturen: 4,5 ha Zwetschgen, 4 ha Johannisbeeren, 1,1 ha Erdbeeren, 1,2 ha Stachelbeeren und 60 a Heidelbeeren