Fledermäuse und Schwalben gelten nicht gerade als Haustiere. Und doch sind sie den Menschen nahe. In menschengemachten Unterkünften finden sie Unterschlupf, von Menschen gehaltene Nutztiere ziehen Insekten und damit ihr Futter an. Während Schwalben als Glücksbringer gelten, gruseln sich viele vor Fledermäusen. Das macht ihr Leben nicht einfacher.

Hier sind Vögel und Fledermäuse willkommen

Auf dem Eichhof von Familie Traub in Stetten AG, einem Bio-Gemüse-Betrieb, sind Vögel wie Fledermäuse willkommen. An einem Rundgang, organisiert vom LZ Liebegg, Bio Aargau und Bird Life, zählt Erich Traub eine lange Liste an Vögeln auf, die hier hausen, neben drei Arten Schwalben und Mauerseglern noch viele weitere bis zu Turmfalken und einem Krähenpaar. Über die diskret lebenden Fledermäuse kann er weniger genau Auskunft geben. Sie wechseln im Jahresverlauf ihr Quartier, derzeit wohnen sie im Schopf beim Nachbarn in einem schmalen Spalt an der Decke. Nur der Kot unten am Boden verrät das Versteck. Er sieht ähnlich aus wie Mäusekot, lässt sich aber leicht zerkrümeln.

Fledermäuse machen keine Hausbeschädigung

Die Bewohner des Eichhofs haben kein Problem mit dem Dreck – «alles was lebt, hat einen Stoffwechsel», sagt Erich Traub. Viele andere schon. Andres Beck, der Fledermausbeauftragte des Kantons Aargau, wird regelmässig von Hausbesitzern gerufen, die sich gestört fühlen. Dabei hat der Mensch gute Gründe, Fledermäuse zu schätzen: Jede von ihnen vertilgt pro Nacht tausende Insekten. Viele Arten fressen die jeweils häufigsten Insekten und helfen dadurch, Massenauftreten von Schädlingen zu beschränken. «Auch mit dem Maiszünsler räumen sie extrem auf», verweist Beck auf eine Studie.

Den Wert dieser Ökosystemdienstleistungen beziffert die Stiftung für Fledermausschutz in der Schweiz auf mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr.

Nistplätze sind geschützt

Brutplätze von Fledermäusen und Vögeln sind geschützt. Sie zu zerstören, ist verboten. In begründeten Fällen hilft der Fachmann bei der Suche nach gleichwertigen Nistplätzen.

Grundsätzlich sind Fledermäuse angenehme Mitbewohner: Sie nagen keine Löcher, beschädigen die Isolation nicht und tragen kein Nistmaterial ein. Und auch der Kot sei nicht gefährlich im Hinblick auf Krankheitsübertragungen, beruhigt Beck. Das könnte allenfalls bei einem Biss passieren, darum dürfen Fledermäuse nicht mit blossen Händen angefasst werden (siehe Kasten). Aber auch dazu hat Beck eine gute Nachricht: Gerade dieses Jahr seien Schweizer Fledermäuse auf Viren untersucht worden, unter anderem auf das Coronavirus. Es wurde nichts gefunden.

Gefährdete Fledermäuse

Die in der Schweiz lebenden 30 Fledermausarten gelten als «potenziell gefährdet» bis «vom Aussterben bedroht». Wer bei Sanierungen und Neubauten von Häusern auf Fledermäuse Rücksicht nimmt, verzichtet auf Vergitterungen von kleinen Öffnungen am Dach und an der Fassade und verwendet Firstziegel, die einen Zugang zum Zwischendach ermöglichen. Eine weitere Fördermöglichkeit sind Fledermauskästen an Fassaden und Bäumen. Die im Handel erhältlichen Kästen sind gemäss Andres Beck allerdings meistens zu klein und werden selten besiedelt.

Das macht der Fledermaus zu schaffen

Fledermäuse haben einen Jagdradius von mehreren Kilometern. Im Dunkeln müssen sie keine Attacken durch Feinde befürchten, denn sie fliegen lautlos und orientieren sich durch Echolotung. Dennoch schwärmen sie gerne bereits in der Dämmerung aus, wenn das Futterangebot reicher ist. Künstliche Lichtquellen machen die Fledermäuse für Greifvögel angreifbar und stören ihr Jagdverhalten. Pflanzenschutzmittel reduzieren ihre Nahrungsquelle, dazu nehmen die Fledermäuse das Gift durch kontaminierte Insekten selber auf. Auch ihr Lebensraum schwindet: Bei Gebäuderenovationen verlieren sie oft ihre Schlupflöcher, und in der Landschaft fehlen ihnen Strukturen wie Hochstammbäume und Hecken.

Was der Natur gut tut

Das müsste nicht sein, findet Erich Traub. «Heute weiss jeder, was der Natur guttut: ein paar Nischen am Gebäude, einen alten Baum nicht gleich wegräumen, den übertriebenen menschlichen Ordnungssinn etwas zurückstutzen», sagt der Biobauer. Er beobachtet, dass sich Fledermäuse durchaus auch neuen Gegebenheiten anpassen: In offenen Folientunneln würden sie gerne Insekten holen. Eine total eingenetzte Obstanlage hingegen ist zwar vor der Kirschessigfliege geschützt, dafür können dort auch keine Fledermäuse mehr auf Insektenjagd gehen.

 

Umgang mit Fledermaus-Findlingen

  • Handschuhe tragen: Fledermäuse nie mit blossen Händen anfassen.
  • Fledermaus am Boden: Wenn sie nicht mehr fliegen kann, Fledermaus in einer Kartonschachtel sicherstellen (Schachtel mit Haushaltpapier auspolstern, kleine Atemlöcher in den Deckel schneiden, Wasser in einem PET-Flaschendeckel anbieten). Anschliessend beim Fledermausschutz-Nottelefon anrufen unter 079 330 60 60.
  • Fledermaus im Haus: Von Mai bis September die Zimmertüre schliessen und die Fenster während der Nacht geöffnet lassen, damit die Fledermaus ausfliegen kann. Im Winter gehören verirrte Fledermäuse in eine Pflegestation. Fledermaus erst ergreifen, wenn sie sich hingehängt hat.
  • Jungtiere am Boden: Ist das Fledermausversteck erreichbar, das Jungtier von April
    bis August sofort dorthin zurücklegen. Ansonsten das Jungtier abends der Mutter zum Abholen anbieten. Wird das Jungtier nicht abgeholt, den Fledermausschutz informieren.
  • Weiter Informationen und Notfalltelefonnummer: www.fledermausschutz.ch