TG Zuckerrüben, Reben und Äpfel in Niederstammanlagen bilden den Fokus des Stähler-Tags vom 20. August in Hüttwilen TG. Dieses Jahr fand der Anlass auf dem Landwirtschaftsbetrieb «Rebguet Jäger» von Rahel und Daniel Jäger statt – einem Landwirtschaftsbetrieb mit den Schwerpunkten Ackerbau (Weizen, Gerste, Raps, Zuckerrüben, Mais) sowie fünf Hektaren Rebbau (Blauburgunder, Müller-Thurgau und etwas Merlot).
Wie jedes Jahr bot sich Gelegenheit für Austausch und Gespräche zwischen den Mitarbeitern der Stähler Suisse SA und den Kunden des Unternehmens.
Neues Fungizid in den Rüben
In den Zuckerrüben informiert Peter Künzli, Berater Bern Fribourg, über verschiedene Fungizid-Strategien und über die Bedeutung des Kupfereinsatzes bei Zuckerrüben. «Cupric Flow» lautet der Name des Kupfer-Mittels von Stähler, von dem üblicherweise zwischen drei bis fünf Liter pro Hektar appliziert werden. Neben dem Einsatz gegen die Cercospora- und Ramularia-Blattkrankheit gewinnt Cupric Flow in Rübenrüssler-Befallsgebieten (Westschweiz) an Bedeutung, weil es auch gegen Pilz-Sekundärinfektionen kämpft, die in den Frassgängen des Käfers auftreten.
«Statt zwei Spritzungen braucht es drei.»
Paul Wirth zum Apfelwickler, der von den zunehmend wärmeren Jahren profitiert.
Als positive Nachricht bei den Rüben hob dann Matthias Aebi, Berater Oberaargau, einen Spritzversuch mit dem bereits in der EU – aber noch nicht in der Schweiz – zugelassenen Fungizid Diadem von der Firma BASF. Das Fungizid enthält die Wirkstoffe Mefentrifluconazol und Fluxapyroxad, auf dem Feld zeigt es gegenüber der Kontrollparzelle eine sehr gute Wirkung gegen die Cercospora-Blattflecken.
Der Boden schützt am besten
Luzi Schneider, Geschäftsführer Schweizerische Fachstelle für Zuckerrübenbau, sprach die Befallsproblematik durch den Rübenrüssler an. Der Käfer tritt nach wie vor vermehrt in der Westschweiz auf, seine Larve verursacht Frassschäden an Stängel und der Rübe. Schneider riet den Landwirten auch dieses Jahr, die Rüben so lange wie möglich im Boden zu lassen und erst gegen Ende Oktober zu roden. Dann seien sie am besten konserviert und gegen Fäulnis geschützt.
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Allrounderin Patrizia
Dann ging es an die unterschiedlichen Sorten. «Vor sieben Jahren hatte man nur zwei zur Auswahl und heute sind es 15», sagte Luzi Schneider. Folgende Sorten wählte die Fachstelle für den Demoversuch vor Ort aus:
- Intressa: Von der deutschen Firma KWS gezüchtet, punktet diese Sorte mit einem hohen Ertrag und einer guten Bodenabdeckung der Blätter.
- Fitis: Stammt vom belgischen Züchter SES Vanderhave. Sie eignet sich sehr gut für den Anbau in den von der SBR-Krankheit befallenen Gebieten. Die grosse Schwachstelle bei dieser Rübe liege jedoch in der Blattgesundheit – diesbezüglich sei sie eine der schwächeren Sorten.
- Michelangelo: Produziert vom deutschen Züchter Strube. «Eine sehr schöne, sehr grüne, eher niedrigwachsende Sorte, die immens viel Laub produziert und mehr Zucker als Ertrag liefert», so Luzi Schneider.
- BTS 2030 und BTS 8735: Von der amerikanischen Firma Betaseed (die eigentlich zu 100 Prozent der deutschen KWS gehört) vertriebene Sorten, beide niedrig-wachsend, beide decken gut den Boden ab.
- Patrizia: Von KWS vertrieben, befindet sich dieses Jahr im dritten Prüfungsjahr. «Wir erhoffen uns viel von ihr», sagte Luzi Schneider, weil sie einerseits sehr gut für SBR-Gebiete geeignet sei und andererseits auch sehr blattgesund wachse. Sie verfüge über das Potenzial zu einer «echten Allrounderin». Schneider rechnet damit, dass sie 2026 für den Anbau zur Verfügung stehen wird.
«Fantastische Wirkung»
Die Bekämpfung von Schadpilzen bildete bei den Rebenposten das grosse Thema. «Die Wirkung ist fantastisch», lautete das Fazit von Thomas Steiner, Versuchstechniker Stähler, zum neuen Fungizid Zorvec-Vinabel. Dieses von Corteva produzierte Mittel besteht aus den beiden Wirkstoffen Oxathiapiprolin und Zoxamide. Die beiden neuen Resistenzgruppen wirken gegen die Oomycota-Pilze, besser bekannt als falscher Mehltau. Das Fungizid wirkt systemisch: Es wird nach Applikation auf die Pflanze innert 20 Minuten von dieser aufgenommen, schützt zwei Wochen lang das behandelte Blatt sowie sämtlichen Neuzuwachs in Wuchsrichtung. Allgemein ist dieses Jahr laut Steiner jedoch ein gutes Rebjahr gewesen, der Pilzdruck lag deutlich tiefer als im Vorjahr.
Zu sehen gab es bei den Reben auch einen Applikationsversuch. Hier zeigten Jan Rubin, Berater Schaffhausen, und Stefan Hodler, Berater Graubünden und Rheintal, einen Versuch, bei dem auf die Traubenzone jeweils 24 kg Surround und Sticker mit 400 Liter Wasser pro Hektare appliziert wurden. Für den Versuch variierte man den Druck (zwischen 6 und 10 Bar) sowie die Düsen (Hohlkegel- und Injektor). Die schönste «Weisselung» resultierte bei der Kombination von 10 Bar Druck bei Verwendung der Hohlkegeldüse.
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Verwirrtechnik statt Spritzungen
«Als ich in die Lehre ging, sprach man von acht Wochen Wicklerflug und zwei Spritzungen, jetzt sprechen wir von 16 Wochen und drei Spritzungen», sagte Paul Wirth, Berater Thurgau, neben einer Apfel-Niederstammanlage stehend. Er verwies auf das klimatisch gewachsene Fenster, dass dem Apfelwickler mit der zunehmenden Erwärmung nun für seine Fortpflanzung zur Verfügung stehe.
Mit zwei Dispensern in den Händen appellierte er an die Landwirte, ihre Anlagen zu schützen. Zwei Dispenser schützen effektiv eine Hektare, sie hinterlassen, im Gegensatz zu den «Plastik-Spaghetti», keinen Abfall und wirken konzentrierter, weil sie ihren Duftstoff nachts abgeben. Jeweils zwischen 5 Uhr abends und 5 Uhr morgens sondern sie jede Viertelstunde einen «Pfupf» eines Duftstoffs ab, der das natürliche Pheromon des Weibchens imitiert.
Die Obstanlage wird so in eine Duftwolke gehüllt und das nachtaktive Männchen des Wicklers, das normalerweise der Pheromonspur wie einer Autobahn folgt, um zum Weibchen zu gelangen, befindet sich plötzlich gefühlt auf einem gigantischen Parkplatz. Die Folge davon: Es findet das Weibchen nicht und die Begattung und Eiablage findet nicht statt.
Trotzdem muss man die Population mit Fallen überwachen. Fängt man mehr als 30 Falter in der Falle, liegt die Population zu hoch und dann spritzt man ein Kontaktinsektizid wie zum Beispiel Atac mit dem Wirkstoff Emamectinbenzoat.
Austauschen, um dranzubleiben
Der Stähler-Tag in Hüttwilen machte deutlich: Pflanzenschutz wird komplexer – das zunehmend wärmere Klima bringt neue Schädlinge oder verlängert die Aktivitätszeit bestehender. Paul Wirths Beobachtung zeigt es konkret: Aus acht Wochen Wicklerflug wurden 16 Wochen, aus zwei Spritzungen drei.
Solche Feldtage gewinnen deshalb an Bedeutung. Der direkte Austausch zwischen Praktikern und Beratern, das Sehen der Versuche vor Ort – das bringt mehr als Broschüren. Von den Rübenrüssler-Problemen in der Westschweiz bis zur Verwirrtechnik im Obstbau: Nur wer die Erfahrungen anderer kennt, kann auf die wachsenden Herausforderungen reagieren.