Auf den Feldern von Julien Faivre wachsen ganz besondere Zuckerrüben. Sie wurden im Rahmen eines Versuchs gesetzt, anstatt gesät. Seither hat der Biolandwirt aus Montignez JU kaum mehr Probleme mit dem Raigras, stellt er fest. Eine Parzelle dahinter zeigt ein ganz anderes Bild: Grau-braun zieht sich das bereits ­vertrocknete Raigras wie ein ­Flickenteppich durch das Zuckerrübenfeld. Dies sind die Kontrollflächen, die betriebsüblich mit Zuckerrüben gesät wurden.

Im Bio-Zuckerrübenanbau ist vor allem das Unkraut ein massives Problem. Dadurch entstehende Ertragsverluste von bis zu 50 Prozent sind keine Seltenheit, weiss Milo Stoecklin. Der Bioberater von der «Fondation Rurale Interjurassienne» (FRI), dem landwirtschaftlichen Institut im Kanton Jura, betreut den dreijährigen Versuch zusammen mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), der Bio Suisse, der Schweizer Zucker AG, dem Bundesamt für Landwirtschaft sowie dem Detailhandelsunternehmen Coop. Eine verbesserte Unkrautregulierung ist einer der Vorteile, die sich bisher in den Ergebnissen zeigten.

Gesetzte Zuckerrüben unterdrücken das Unkraut

Seit mittlerweile zwei Jahren wird der Versuch auf Julien Faivres Feldern durchgeführt. Die Idee stammt aus Japan: «Dort ist das Setzen von Zuckerrüben eine weitverbreitete Anbautechnik», weiss Milo Stoecklin. Den Versuch unter Schweizer Bedingungen anzulegen, war keine Schwierigkeit: «Alle Maschinen und Geräte sind hierzulande vorhanden, die Bodenvoraussetzungen sind die gleichen wie bei der Zuckerrübensaat», sagt der Bioberater.

Mit einer Tabakpflanzmaschine, die in ein sechsreihiges Pflanzgerät umgebaut wurde, werden die Setzlinge der Biosorte Tesla in den Boden gesetzt. «Die Pflanzen befinden sich bereits im 4- bis 6-Blatt-Stadium und sind somit abgehärtet. Nicht nur das Unkraut war für die Pflanzen keine Konkurrenz um Licht, Wasser und Platz mehr, Stoecklin stellte fest, dass selbst Schädlinge, insbesondere Erdflöhe und Schnecken kein Problem mehr darstellten.

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Setzlinge wachsen auch bei Trockenheit

Aufgrund des geringen Unkrautdrucks und dem Entwicklungsvorsprung von drei bis vier ­Wochen erwartete Milo Stoecklin einen gewissen Mehrertrag. Doch dann kam die Trockenheit im Frühjahr. Die Bedingungen waren für die Zuckerrüben-Pflanzen anfänglich also nicht ideal. Stoecklins Sorge: Werden sich die Pflanzen gut entwickeln können? Denn normalerweise brauchen Setzlinge, wie es bei Gemüse der Fall ist, nach dem Pflanzen ausreichend Wasser. Bei den Zuckerrüben mache das Bewässern allerdings aufgrund der hohen Produktionskosten keinen Sinn.

Auch im Sommer blieb es trocken. Im Juli fielen nur sechs Liter Wasser, «normalerweise ist das Doppelte in diesem Monat zu erwarten», so der Bioberater. Der August zeigte sich nicht anders.

Mehrertrag wurde trotz Trockenheit erreicht

Zur Freude Stoecklins gingen die Zuckerrüben nicht ein. Er stellt eine gewisse Trockenheitstoleranz der Setzlinge fest. ­Zudem wurde trotz geringer ­Niederschläge ein Mehrertrag erreicht: «Wir haben zwar nicht die erhofften 80 Tonnen erhalten. Dennoch konnten sich die Pflanzen positiv entwickeln und wir liegen mit 60 Tonnen pro Hektare über dem nötigen Mindestertrag von 31 Tonnen.»

Im Vergleich dazu konnten mit der «gesäten» Variante etwa nur 43 Tonnen pro Hektaren erzeugt werden. «Das zeigt, dass die Trockenheit ein entscheidender limitierender Faktor bei der betriebsüblichen Saat ist», stellt Stoecklin fest. Der Zuckergehalt liegt bei beiden Varianten bei guten 20 Prozent. Für eindeutige Ergebnisse werde das dritte Jahr weiter Aufschluss geben.

Und was kostet der Spass?

Bisher generiert die «gesetzte» Variante hohe Produktionskosten. Milo Stoecklin rechnet vor: Die Setzlinge müssen aktuell noch aus Frankreich importiert werden. Hierzulande werden sie bisher nicht produziert. Mit 3000 Franken pro Hektare kosten sie damit das Elffache des Saatgutes (siehe Kasten). Hinzu kommen die Kosten für die Arbeitszeit. Ein Ertrag von mindestens 31 Tonnen pro Hektaren sollte deshalb erreicht werden, um die Anbaukosten decken zu können, sagt er.

Für die Unkrautregulierung reduzieren sich die Kosten im Gegensatz zur «gesäten» Variante deutlich: «Während der Vegetationszeit muss das Feld nur mit dem Präzisionsstriegel sauber gehalten werden. Das Hacken und die Handarbeit fallen ganz weg. Dadurch reduzieren sich die Kosten auf 100 Franken pro Hektare», betont Stoecklin. Im Vergleich dazu: In den gesäten Beständen muss neben dem Striegeln und Hacken (650 Franken pro Hektare) das Unkraut teilweise auch per Hand gejätet werden. Gemäss FiBL macht dies zirka 150 bis 180 Stunden Handarbeit aus. Dies kann von Feld zu Feld aber stark variieren, sagt er. Faivre beispielsweise habe in diesem Jahr nur 90 Stunden benötigt.

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Der Ertrag ist mit den Setzlingen immer gesichert

Neben den genannten Vorteilen betont Milo Stoecklin die Ertragssicherheit, die durch die «gesetzte» Variante zustande kommt: «Bei der betriebsüblichen Variante müssen 110'000 bis 120'000 Samen pro Hektare gesät werden, weil mit einem gewissen Verlust durch Unkraut und Schädlinge sowie schwankenden Witterungsbedingungen gerechnet werden muss. In der ‹gesetzten› Variante reichen bereits 80'000 Pflanzen, da wir von einem geringfügigen Verlust von 0,1 Prozent ausgehen können.» Dies haben die Versuche der letzten beiden Jahre mit unterschiedlichen Pflanzdichten ergeben, so Stoecklin.

Ob Zuckerrüben-Setzlinge eine Lösung für die derzeitige Problematik mit der Virösen Vergilbung im konventionellen Anbau wären, kann Stoecklin nicht einschätzen: «Es war nicht das Ziel zu untersuchen, welchen Einfluss diese Anbauvariante auf diese Krankheit hat. Auch waren die Viröse Vergilbung sowie SBR in diesem Jahr kein Problem auf den Versuchsparzellen. Dazu müssten erst Versuche mit Setzlingen durchgeführt werden, um dazu eine Aussage machen zu können.» Zu den derzeitigen Zuckerpreisen im konventionellen Anbau würde sich laut Stoecklin die «gesetzte» Variante mit ihren hohen Kosten aber auch nicht lohnen.