«Es wird immer prekärer», sagt Thomas Wyssa zur aktuellen Situation. Der Gemüseproduzent aus Galmiz im Kanton Freiburg ist Präsident der Kommission Anbautechnik und Labels des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). «Schweizer Salat wird es bereits nächste Woche sehr wenig haben, auch Blumenkohl ist bald Mangelware.»
Karotten verfaulen
«Die Rüebli faulen im hohen Wasser oder wurden wegen der Nässe gar nicht gesät. Die Zwiebeln sehen teilweise schlimm aus und der Kabis hat in einigen Orten am Wochenende bereits das zweite Mal Hagel erwischt», fährt Wyssa fort. Betroffen sei nicht nur das Seeland, sondern die ganze Schweiz. «Am besten sieht es noch im Aargau und im Rheintal aus, habe ich gehört.»
Nicht mehr genug Arbeit
Die Betriebe seien teilweise hart getroffen worden: «Es gibt Produzenten, die ihre ausländischen Arbeitskräfte nach Hause schicken mussten, weil sie keine Arbeit mehr für sie haben», sagt Thomas Wyssa.
Bei der Qualität mache der Detailhandel aktuell Abstriche: «In der Migros in Murten habe ich Kopfsalat fast ohne Umblatt gesehen. Die Abnehmer müssen nehmen, was sie bekommen.»
Lange Importliste
Was aus der Schweiz fehlt, müssen die Detailhändler mit Importen überbrücken. «Beim Salat merkt man es deutlich. Aktuell müssen pro Woche mehrere 100 Tonnen Importkontingente gesprochen werden», sagt Markus Waber, Stellvertretender Direktor des VSGP, auf Anfrage. «Generell ist die Importliste im Sommer länger als in anderen Jahren.»
Gemüseproduzent Thomas Wyssa fügt an: «Beim Fenchel wird allerdings schon wieder etwas viel importiert, so dass die Schweizer Produzenten ihre Ware schlecht verkaufen können.»
Fast alle Kulturen betroffen
Dass viel Gemüse aus der Schweiz fehlt, bestätigt Migros-Mediensprecher Marcel Schlatter. Betroffen seien fast alle Kulturen, auch solche aus dem Gewächshaus. «Aufgrund des Hagels am meisten gelitten haben die Salate. Aber auch bei Kohl müssen wir grössere Mengen importieren, was für die Jahreszeit eher ungewöhnlich ist. Lagergemüse ist ebenfalls stark betroffen, weil nicht geerntet werden kann und die Ware im Boden verfault.»
Weniger lange haltbar
Zur Qualität der angelieferten Ware heisst es von Coop-Mediensprecherin Rebecca Veiga: «Die betroffenen Früchte und Gemüse entsprechen in den meisten Fällen zwar weiterhin den Normen, zeigen sich aber teilweise geschwächt, was deren Haltbarkeit stark verkürzt.»
Wie sich die Situation beim Lagergemüse präsentiere, wisse man erst im Herbst richtig, sagt Markus Waber vom VSGP: «Einige Kulturen erholen sich vielleicht noch. Bei anderen konnten Pflanzenschutzmassnahmen oder Arbeiten gegen das Unkraut nicht richtig durchgeführt werden.» Bei den Lagerkarotten sei es möglich, dass die Saison für Schweizer Ware einige Wochen früher ende, sprich, auch früher importiert werden müsse.
Toleranz bei den Normen?
Die BauernZeitung wollte von den Detailhändlern wissen, ob man im Herbst Toleranz bei den Qualitätsnormen des Lagergemüses erwarten könne. «Coop trägt, unabhängig von der aktuellen Situation, dazu bei, dass die gesamte Ernte genutzt wird», sagt Rebecca Veiga.
Die Mediensprecherin verweist auf die Eigenmarke Ünique für Früchte und Gemüse, die aus der Norm fallen. «Wir werden die Situation beim Lagergemüse im Herbst mit unseren Produzenten analysieren und konstruktive Lösungen finden», verspricht sie.
Kaliber bei Kartoffeln angepasst
Die Migros hält fest, man habe kürzlich aufgrund der anspruchsvollen Situation bereits eine Kaliberanpassung bei den Kartoffeln vorgenommen. Für weitere temporäre Anpassungen der Produktanforderungen sei man offen.