«Wir haben einfach zu bearbeitende Böden, die gut zu befahren sind», sagte Urban Dörig am Herbst-Bodentag, den die Thurgauer Kommission Zukunft Landwirtschaft VTL organisierte. 120 Interessierte aus der ganzen Schweiz fanden den Weg ins Katharinental, wo Dörigs über 100 ha grosser Pachtbetrieb schön eben und arrondiert ist.
Keine Symptombekämpfung
[IMG 2] Aber einen Nachteil haben Urban Dörigs Böden. Es sind Schwemmlandböden, die sich aus Überschwemmungssedimenten des Rheins gebildet haben. Die Durchlässigkeit ist gross und das Ertragspotenzial nicht das Beste. Im Sommer kommt man ums Bewässern nicht herum. «Aber das ist Symptombekämpfung», sagte Dörig. Wichtig sei es ihm, das Wasserspeichervermögen im Boden langfristig zu steigern – und dafür brauche es Humus. «Aber den Humusgehalt unserer Böden zu erhöhen, ist schwierig», so Dörig.
Der Anteil an Tonmineralien ist gering, so dass sich nicht einfach Ton-Humus-Komplexe für eine Krümelstruktur bilden können. Diese würden Wasser und Nährstoffe besser speichern. Dörig eilt dem Boden zu Hilfe und füttert ihn mit Gründüngungen. Entscheidend sei dabei nicht die oberirdische Biomasse, sondern die Verwurzelung.
Für kommende Generationen
«Der Humusaufbau passiert zum grössten Teil durch Wurzelarbeit», brachte es Simon Jöhr, Regenerativ Schweiz GmbH und Inforama-Berater, auf den Punkt. Zusammen mit aktiven Bodenlebewesen verbessere man so nach und nach die Bodenqualität für kommende Generationen.
Dazu kommt eine weitere Stellschraube. Urban Dörig lässt seine Gründüngung durch eine Angusherde, seine und die eines Kollegen, sowie durch Schafe im Frühling und Herbst beweiden. «Die Hälfte sollen sie fressen, die andere Hälfte einstampfen», sagte er. Die Gründüngung durchläuft den Pansenmagen, düngt und bereichert den Boden. So entwickle sich ein Kreislauf. [IMG 3]
Samenbildung verhindern
Im Sommer mulcht Urban Dörig die Grünmasse und arbeitet sie mit der Schälfräse ein. Dazu verwendet er Rottelenker. «Sobald die Pflanzen blühen, verlagert sich das Wachstum von den Wurzeln in die Samenbildung und das will man nicht», hielt der Landwirt fest. Der Tipp, Samenbildung zu verhindern, kam auch von den Beratern der Saatgutfirmen, die vor Ort waren.
Investieren in doppelte Gründüngung
Urban Dörig macht auch doppelte Gründüngungen. Er sät nach der Haupternte im Sommer eine Gründüngung ein. Lässt sie rund sieben Wochen stehen, mulcht und schält sie in die oberste Bodenschicht ein, und sät anschiessend eine überwinternde Gründüngung ein. Dies macht er, weil nur vegetative Pflanzen die Energie aus der Photosynthese in den Boden geben und dort die Mikrobiologie füttern. Der mächtige Pflanzenbestand kann in diesem System über die Flächenrotte lebend verbaut werden. Zudem bestünde die Gefahr, dass blühende Gründüngungspflanzen Samen bilden, wenn sie weiter stehen bleiben. Der Nachteil ist, dass zweimal gesät werden muss und der Boden für eine gewisse Zeit ohne Bewuchs und somit auch ohne Photosynthese sei.
Man muss schon sehr überzeugt davon sein, dass Gründüngungen die Böden verbessern, denn wirtschaftlich sind sie nicht. Auch wenn es einen Bundesbeitrag für angemessene Bedeckung des Bodens gibt, Geld verdient Dörig mit Kartoffeln, Zuckerrüben, Weizen und Chicoreewurzeln.
Artenreich passt immer
[IMG 4] Auf der Domäne St. Katharinental sind 32 Mischungen von fünf Saatgutunternehmen für den Bodentag ausgesät worden. Simon Jöhr bevorzugt Mischungen mit vielen verschiedenen Arten. Das sei von Vorteil für den Boden. Aber je mehr Arten eine Mischung enthält, desto teurer wird es. Jöhr steht vor der Dominanzmischung der Sativa Rheinau AG, die 16 Arten enthält. Er dreht sich zu dem hinter ihm liegenden Dominanzgemenge um und meint: «Dieser Bestand ist mir etwas zu lückig.» Deshalb empfiehlt er, bei sehr artenreichen Mischungen die Saatstärke zu erhöhen. Die Saatstärke-Empfehlung bei artenreichen Mischungen werde immer etwas tiefer angegeben, um beim Preis mit den anderen Gründüngungsmischungen mitzuhalten, so Jöhr von der Regenerativ Schweiz.
Der Spaten gehört auf den Traktor
[IMG 5] «Seinen Boden muss jeder Betriebsleiter kennen», sagten unisono Markus Spuhler von der Agridea und Simon Jöhr. Dafür gibt es Bodenanalysen.
Aber statt auf Laborergebnisse zu warten, solle man selbst aktiv werden und alles dafür tun, um die Böden des Betriebs mit allen Sinnen zu erfassen.
Schon wenn man den Fuss vom Traktor auf den Acker setze, solle man den Boden spüren. Der Spaten gehöre immer auf den Traktor, hielten wiederum Spuhler und Jöhr nachdrücklich fest – das sei Monitoring ohne Labor.
Gelegenheit zum Spaten zu greifen, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Bodentag. Alle konnten eine Bodenprobe unter fachkundiger Anleitung von Markus Spuhler, Tim Schmid und Serge Braun stechen.
Weitere Informationen: www.spatenprobe.ch
Gelegenheit den Boden besser kennenzulernen, zu verstehen und zu verändern bietet ein neues Weiterbildungsprogramm des Arenenbergs. Der Bodenpraktikerkurs ist modulartig aufgebaut und beginnt am 5. Oktober 2023.
Zum Kurs
