Seit Tagen ist es sonniges Wetter, die Temperaturen steigen auf beinahe sommerliche Höhen. Auf dem Feld über dem Hüttwilersee recken die Spargeln ihre Köpfe täglich ein paar Zentimeter weiter aus der Erde. Das Besondere daran: Neben den bekannten grünen wachsen hier überwiegend violette Spargeln. Dabei handelt es sich um die Sorte mit dem bezeichnenden Namen «Violetta», die auch roh bekömmlich ist.
Anbau wie bei Grünspargeln
Beat Striegl aus dem thurgauischen Nussbaumen begann 2011 mit dem Spargelanbau. Die Landi im benachbarten Hüttwilen hatte Produzenten speziell für den violetten Spargel gesucht. Striegl, der ein freies Feld in leichter Hanglage hatte, das für andere Kulturen wie etwa Kartoffeln nicht optimal ist, meldete sich: «Ich war bereit, etwas Neues auszuprobieren. Zudem wurde der Spargelanbau damals vom Bund gefördert, es war eine gute Zeit, um einzusteigen.» Daraufhin pflanzte er eine Fläche von 1,5 ha mit Spargeln an, zu etwa vier Fünfteln Violetta, dazwischen auch grüne der Sorte Avalin.
Beim Kochen wird aus violett grün
Ihre Färbung verdankt Violetta dem Farbstoff Anthocyan, welcher sich durch die Lichteinwirkung bildet. Werden die violetten Spargeln erhitzt, beispielsweise durch Kochen oder Anbraten, geht der Farbzauber allerdings verloren, sie werden grün.
Vom Anbau her unterscheiden sich grüne und violette Spargeln nicht: Anders als die Bleichspargeln benötigen sie keinen Damm, weil die Stengel oberirdisch heranwachsen. Dennoch hat Beat Striegl leicht angehäufte Reihen angelegt, um auf dem etwas abschüssigen Feld einer Abschwemmung vorzubeugen. Der Boden sollte nicht zu schwer sein, auch vertragen Spargeln keine Staunässe. Hingegen schadet ihnen die aktuelle Trockenheit kaum, da ihre Wurzeln tief reichen. Auch der Frost kürzlich konnte ihnen nichts anhaben. Bei stärkeren Frösten, besonders, wenn die Stengel bereits aus der Erde ragen, wäre hingegen mit Schäden zu rechnen gewesen.
Die ersten zwei Jahre benötigt die Spargelpflanze, um ein ausreichendes Wurzelsystem zu bilden. Ab dem dritten Jahr kann geerntet werden. Etwa nach vier Jahren werden die höchsten Erträge erreicht, nach 8 bis 10 Jahren verliert die Pflanze an Kraft und muss erneuert werden.
Im Winter gibt es eine Gründüngung
Spargeln benötigen vergleichsweise wenig Bearbeitung. Nebst dem Unkraut müssen jeweils auch die Stoppeln, die nach der Ernte übrig bleiben, entfernt werden. Zudem sät Striegl im Spätsommer eine Gründüngung an, die er Ende Winter mulcht. Was Schädlinge betrifft, gab es in manchen Jahren Probleme mit dem Spargelhähnchen. Dieser Blattkäfer deponiert seine Larven in den Spargelspross, bei einem Befall müssen die Stengel zurückgeschnitten werden.
Die Ernte begann dieses Jahr früher
An einem warmen Tag wachsen die Spargelstangen bis zu 12 cm. Dieses Jahr begann die Ernte – aufgrund der wärmeren Temperaturen etwas früher als sonst – bereits in der ersten Aprilwoche und dauert bis Ende Mai. «Bleibt es weiterhin so warm, wird es eine gute Saison», so Beat Striegl. Er rechnet mit etwa 2,5 bis 3 Tonnen Violetta. Deren Ertrag fällt jeweils um einen Drittel geringer aus als derjenige der grünen Sorte. Dafür erhält er einen Franken pro Kilo mehr. Zudem stellt der Landwirt fest: «Violetta-Spargeln haben den Vorteil, dass sie gerader wachsen. Dadurch entsteht weniger Sortierausfall.» Die Stengel werden knapp über der Erde abgeschnitten. Nebst Beat Striegl und seiner Frau Doris arbeiten dabei jeweils vier Saisonniers mit, die ihnen ein grösserer Gemüsebaubetrieb vermittelt und die auch dieses Jahr zur Verfügung stehen. Derzeit helfen zudem zwei Kantischüler aus.
Nachfrage vor allem in der Region Zürich
Beat Striegl ist der einzige Landwirt in der Region, der grössere Mengen des violetten Spargels produziert und sie via Landi Hüttwilen an Grossverteiler vermarktet. Hauptabnehmerin ist seit Jahren die Migros Zürich, in deren Absatzgebiet eine kontinuierliche Nachfrage für diese Spezialkultur besteht. Inzwischen, so der Gemüsebauer, wird Violetta auch von weiteren Betrieben in der Umgebung angebaut, jedoch nur in kleineren Mengen und direkt vermarktet. Die Familie Striegl selbst führt keinen Hofladen, weil ihr Betrieb etwas abseits liegt. Nebst Spargeln baut sie Kartoffeln, Zwiebeln, Salat sowie Ackerkulturen an. Einzig die Kartoffeln werden teilweise direkt vermarktet, via Hofladen eines benachbarten Betriebs. Diese sind jedoch bereits ausverkauft, zwei Monate früher als sonst. «Es ist ein positiver Effekt der Corona-Zeit, dass Hofläden gefragter sind denn je», sagt Striegl. «Auch steht die Landwirtschaft in einem besseren Licht da als auch schon. Die Konsumenten haben gemerkt, wie sehr es uns braucht.»
Gesundes und vielseitiges Gemüse
Spargeln gelten als gesundes, kalorienarmes Nahrungsmittel: Sie bestehen zu über 90 Prozent aus Wasser und sind reich an Nährstoffen. So enthalten sie Vitamine wie Folsäure, Beta-Carotin und Vitamin C, zudem Mineralstoffe wie Kalium.
Violetter Spargel weist einen etwas süsslichen und nussigen Geschmack auf. In der Küche wird er grundsätzlich wie Grünspargel verwendet und kann darüber hinaus roh verspeist werden. Er braucht nicht geschält zu werden, ausser vielleicht ein wenig an den Enden. Vorschläge für die Zubereitung:
Angebraten: Spargeln in kurze Stücke schneiden, mit wenig Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker würzen, ein paar Minuten anbraten.
Im Speckmantel: Spargeln würzen, je 2 bis 3 Stangen mit einer Specktranche umwickeln und zirka 20 Minuten im Backofen backen (zirka 200 Grad).
Als Rohkost: Spargeln in Stücke schneiden und mit einem Dressing nach Wahl oder einer passenden Dip-Sauce servieren.