Was man beim Menschen mit der Redewendung «Ich kann dich gut riechen» kennt, findet sich auch im Tierreich. Viele Lebewesen, darunter auch Insekten, geben Gerüche ab, mit denen sie ihre Artgenossen auf sich aufmerksam machen – zum Beispiel in der Paarungszeit. Die sexuellen Geruchsstoffe, sogenannte Pheromone, macht sich der Obstbau schon seit den 1980er-Jahren zur Schädlingsüberwachung und -bekämpfung zunutze.
Die Natur imitieren
Zahlreiche weibliche Insekten geben Pheromone in die Umgebungsluft ab, so zum Beispiel Apfelwickler, Schalenwickler, Glasflügler und viele mehr. Auf diese Weise machen die Weibchen ihre männlichen Artgenossen auf sich aufmerksam. Die Männchen finden dank der Duftspur die Weibchen in den Weiten der Obstanlage und können sich mit ihnen paaren. Dabei hat jede Art ihren eigenen spezifischen Duftstoff.
Zahlreiche Pheromone lassen sich heute künstlich herstellen und für verschiedene Zwecke in der Obstanlage ausbringen. Einerseits kann so viel Lockstoff in der Obstanlage verteilt werden, dass die männlichen Tiere vor lauter künstlichem Weibchenduft die einzelnen Weibchen gar nicht mehr orten können. Sie irren ohne Paarungserfolg in der Parzelle umher. Man spricht dann von der Verwirrungstechnik. Den Lockstoff bringt man entweder einmalig vor Flugbeginn mit umgangssprachlich als «Stäbchen» oder «Spaghetti» bezeichneten dünnen Plastikstäbchen aus, die über die ganze Saison Duftstoff absondern. Oder mit automatisierten Sprühgeräten, die je nach Hersteller ähnlich einem Haarspray von Zeit zu Zeit den benötigten Duftstoff in der Parzelle versprühen.
Bedeutsam auch bei der Überwachung
Eine weitere Anwendung haben die Pheromone in der Schädlingsüberwachung. Mithilfe der Düfte lassen sich Männchen in eine Klebfalle locken. Die Männchen bleiben dann auf dem Fallenboden der Dreiecksfallen kleben. So können der Flugbeginn und -höhepunkt sowie allfällige weitere Generationen während der Saison festgestellt werden.
Die Fallen sollte man möglichst vor dem vorausgesagten Flugbeginn aufhängen und mindestens einmal pro Woche kontrollieren, um die Populationsentwicklung für den eigenen Betrieb möglichst gut zu kennen. Möchte man verschiedene Fallen für mehrere Insektenarten in der Parzelle aufhängen, sollten diese als Faustregel mindestens eineinhalb Pfahlabstände auseinander hängen. Sonst fliegen unter Umständen die Männchen anderer Arten in die Falle. Zudem funktioniert der Fallenfang in verwirrten Anlagen nicht.
Je nach Schädlingsdruck
Die oben beschriebene Verwirrung funktioniert nur in Parzellen, die keinen zu hohen Schädlingsdruck aufweisen. Dazu zieht man am besten die Resultate der letztjährigen Erntekontrolle bei. In diesem Fall muss nebst der Verwirrung zwingend mit gezielten PSM-Applikationen der Druck im «ersten Verwirrungsjahr» reduziert werden.
Bei geringem Druck hingegen ist die Strategie sehr wirksam. Bei Wicklerarten, für die zusätzlich Granuloseviren erhältlich sind, empfiehlt sich deren unterstützende Anwendung. Das ist beispielsweise für Apfelwickler und Schalenwickler der Fall. Im Obstbau bietet die Verwirrung gemeinsam mit Virenpräparaten den einzigen verlässlichen Schutz gegen resistente Apfelwicklerstämme.
Wichtiges Hilfsmittel
Die Flugüberwachung mit Fallen wird unter anderem von den kantonalen Obstfachstellen betrieben. Das Team Spezialkulturen des BBZN unterhält an mehreren Standorten in den Kantonen Zug und Luzern ein Fallenmonitoring für die wichtigsten Obstbauschädlinge. So sind bessere regionale Empfehlungen zu Behandlungszeitpunkt und Mittelwahl möglich. Ausserdem wird das Monitoring bei Bedarf um neu auftretende Schädlinge ergänzt.