Die Landwirtschaft aufgeben, auf Nebenerwerbsgrösse herunterfahren oder ein Vollerwerbsbetrieb bleiben? Daniel Steiner musste sich vor einigen Jahren entscheiden, als er aus einer Betriebsgemeinschaft mit umfangreicher Milchwirtschaft ausstieg. Er traf seine Wahl: Weitermachen – aber anders. Der Meisterlandwirt suchte nach neuen Möglichkeiten für seinen Betrieb im Aargauer Suhrental mit rund 12 Hektaren Eigenland. Der erste Schritt war die Umstellung auf biologischen Landbau.

«Die Zusammenarbeit ist super», kommentiert Daniel Steiner die Hilfsbereitschaft unter den Bio-Landwirtinnen und Bio-Landwirten, er habe von Anfang an Rat und Motivation bekommen. Erfahrungen und Maschinen werden regelmässig geteilt.

Spezialisierung mit Tieren war nicht möglich

Als Daniel Steiner den elterlichen Hof in Reitnau im Jahr 2003 übernahm, betreute er gut 20 Milchkühe, 50 Mastschweine und 10 bis 15 Mastkälber; auf dem Acker wuchsen Kartoffeln, Getreide und Mais. Von vielem etwas. Für eine Spezialisierung im Bereich der Tierhaltung bestand mitten im Dorfkern kaum Entwicklungspotenzial wegen der Emissionsabstände.

Heute duftet es bei Daniel Steiner und seiner Frau Flavia nach Zitronenthymian und Marokkanischer Minze, aus dem Boden holen sie gestreifte Randen und würzige Pastinaken. Der Anbau von Kräutern und Pro-Specie-Rara-Gemüse, das sie selber rüsten und kalibrieren, sind neue Betriebszweige geworden. Arbeit gibt es weiterhin nicht zu knapp.

Aber die Lebensqualität halte mit und das Einkommen stimme, ist sich das Ehepaar einig. Dank der gestiegenen Wertschöpfung beschäftigen sie heute zusätzlich eine Lernende und saisonale Arbeitskräfte. Flavia Steiner, die früher in der Onkologie-Pflege tätig war, trägt mit dem Verkauf von selbst gezogenem Gemüse im Selbstbedienungskühler vor dem Hof zum Einkommen bei.

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Die Hühner werden im Freiland gehalten

Nicht überall duftet es nach Kräutern. Wenn Daniel Steiner die Tür in den ehemaligen Kuhstall öffnet, riecht es strenger: Hier verbringen 2700 Küken ihre ersten drei Lebenswochen, bevor sie ins Freiland zügeln. Die mobilen Ställe sind auf der Kunstwiese in die Fruchtfolge integriert. Der Dünger ist willkommen, ebenso die zeitliche und finanzielle Kalkulierbarkeit dieses Betriebszweigs, der vor sechs Jahren dazu gekommen ist.

Betriebsspiegel Steiner

Daniel und Flavia Steiner mit Livio (8 Jahre) und Elina (5 Jahre)

Ort: Dorfstrasse, Reitnau
Fläche: 16 ha LN (2,5 ha Kartoffeln, 1 ha Urdinkel, 3 ha Weizen, 50 a Trockenkräuter, 3 a Pro-Specie-Rara-Gemüse und 1 ha Lagergemüse für Terraviva)
Tiere: Freiland-Mastgeflügel (2700 Tiere pro Umtrieb)
Weiteres Direktvermarktung: von Gemüse, Wegrandpflege im Wald
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, 1 Lernende, 2 saisonale Mitarbeitenden, Mitarbeit der Eltern Steiner, Aushilfen während der Ernte

Vor einem Jahr auf die Kräuter gekommen

Für die Feldbesichtigung muss heute das Familienauto herhalten, weil mit dem Betriebsauto die beiden saisonalen Angestellten zum Jäten unterwegs sind. Auf dem Kräuterfeld angekommen, ist von der Minze kurz nach der Ernte nicht viel zu sehen, der Thymian ist ein wolliger Teppich mit lila Blütenflecken. Zwei bis drei Mal jährlich werden die Kräuter geerntet, die Stauden bleiben bis zu vier Jahre im Boden. Der Frost kann für Ausfälle sorgen, ansonsten sind die Pflanzen robust. Striegeln und Jäten sind die Hauptarbeiten. Die Kräuter wachsen auf einer Fläche von 50 Aren, in den Anbau ist Steiner vor einem Jahr eingestiegen und liefert an die Produzentenorganisation Waldhofkräuter.

Auf den Feldern gilt: gut beobachten und rasch handeln

Auf dem Kartoffelfeld wächst in diesem Jahr unter anderem die Krautfäule-resistente Sorte Athena als Sortenversuch. Ein erfreulicher Anblick nach dem schlechten Vorjahr. Beim Gemüse sorgt seit einiger Zeit die gefrässige Erdraupe für eine neue Herausforderung. «Gut beobachten, schnell reagieren», heisst Steiners Devise im Pflanzenbau, und sie passt auch für die Betriebsstrategie. Er hält Augen und Ohren offen, um den Betrieb zu entwickeln und zu diversifizieren.

«Ich hätte schon früher umstellen sollen.»

Daniel Steiner ist vom Biolandbau überzeugt.

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Bio treu bleiben – aber gleichzeitig flexibel sein

Der Landwirt achtet darauf, flexibel zu bleiben und sich mit Investitionen nicht festzulegen, um sich den Entwicklungen von Markt und Umwelt anpassen zu können. Auf die ist er gespannt. Der Anbau von Gemüse ist beispielsweise nur dank Wasser aus der Suhre wirtschaftlich, was bei zunehmender Trockenheit ein Problem werden könnte.

Auch der Konsumentenstimmung traut Daniel Steiner bei schwindender Kaufkraft nicht so ganz. Eines weiss er hingegen: Er wird Bio treu bleiben. «Ich hätte schon früher umstellen sollen. Für mich und unseren Betrieb ist das einfach der richtige Weg.»

Mehr Infos zu Steiners Biohof

Dachorganisation für Kräuter

Trockenkräuteranbau in grösserem Rahmen ist ein Vertragsanbau und wird durch die Dachorganisation «ArGe Bergkräuter» organisiert. Für die Umsetzung zuständig sind Anbauorganisationen in den Regionen. «Wir befinden uns derzeit in einer Konsolidierungsphase mit geringem Wachstum», lautet die Einschätzung von Markus Gammeter, Geschäftsführer ArGe Bergkräuter. Neue Produzenten werden in den Anbauorganisationen nur aufgenommen, wenn der Kräuteranbau wächst, «das war in den vergangenen Jahren der Fall».