Pyrethroide und Organophosphate sind schon bei sehr geringen Konzentrationen eine schwere Belastung für die Fliessgewässer-Qualität und somit die Gewässerorganismen. Zudem überschreiten die Messwerte des Insektizids die Wasser-Qualitätskriterien teils akut oder chronisch. Zu diesem Schluss kam die sogenannte «Taskforce Pyrethroide» im letzten Jahrzehnt. Zuvor waren die Möglichkeiten zur Messung dieses Pflanzenschutzmittels im Pikoliterbereich (Milliardstel Milliliter) unzureichend, wie die Forschung heute weiss. Auch weil die Substanzen in ungekühlten Wasserproben bereits nach wenigen Tagen einem merklichen Abbau unterliegen, war es lange schwierig, diese korrekt zu ermitteln, heisst es in einem Bericht des ETH-Wasserforschungsinstituts Eawag.

Resistenzen werden häufiger

Mittlerweile musste man allerdings feststellen, dass Rapsglanzkäfer beispielsweise in ganz Mitteleuropa und in der Schweiz eine metabolische Resistenz gegen Pyrethroide der Gruppe A aufweisen. Pyrethroide zielen eigentlich darauf ab, den Natriumkanal des Zielorganismus zu hemmen und den Schädling somit unbeweglich zu machen. Entwickeln sie eine sogenannte «Knock down»-Resistenz, kommt es nicht zu dieser Lähmung und der Organismus überlebt. Dies ist im mitteleuropäischen Raum für Rapsstängelrüssler und -erdflöhe der Fall. In der Schweiz ist es zwar noch nicht dazu gekommen, es bestehe hierzulande dennoch eine grosse Gefahr einer Resistenzentwicklung, wie Forschende melden.[IMG 2]

Droht das komplette Pyrethroid-Verbot?

Aus ökotoxikologischen Gründen wurden bereits viele Wirkstoffe von der Liste der verwendbaren Produkte gestrichen. «Daher wird das Resistenzmanagement bei Rapsglanzkäfern immer komplizierter», so Stève Breitenmoser von Agroscope. Für das aktuelle Jahr hat das Bundesamt für Landwirtschaft vier weitere Wirkstoffe verboten. Als nächstes befürchten einige ein komplettes Pyrethroid-Verbot, welches die EU und danach wohl auch die Schweiz einführen wird, wie Experten vermuten. Weil es bisanhin nur Produkte mit Pyrethroiden gibt, die gegen den Rapsstängelrüssler und den Rapserdfloh wirksam sind, warnen Fachpersonen, dass ein komplettes Pyrethroid-Verbot je nach Region und Witterung zu einem Verlust von 20–30 % des Rapsertrages führen könnte.

Folgende Massnahmen oder Methoden werden ergriffen, respektive getestet, um im Rapsanbau auf Pyrethroide zu verzichten:

- Prognosemodelle verbessern

- Push-/Pull-Methode: Rübsenstreifen locken Schädlinge aus dem Rapsfeld

- Saatdichte verringern (fördert Verzweigung der Rapspflanze und stärkt somit die Bodenabdeckung)

- Parasitäre Wespen

- Silikatmehl, Tonmineralien

- Insektenparasitischen Nematoden testen

- Der entomopathogene Pilz zeigt ein gutes Potenzial als natürlicher Gegenspieler des Rapsglanzkäfers.

- Sortentoleranz erhöhen

- Rapsuntersaat mit der Ackerbohne (für die visuelle und olfaktorische Verwirrung der Schädlinge)

- Wirkung von Kieselsäure als Abwehrmittel verbessern. 

Befürchtete Verluste vermeiden

Was tun also, damit dieser Verlust bei einem plausiblen Pyrethroid-Verbot nicht eintritt? Zahlreiche Massnahmen und Methoden werden derzeit untersucht, die darauf abzielen, den Einsatz des Insektizids im Rapsanbau zu reduzieren. Denn Winterraps unterliegt mit dem Rapsstängelrüssler (Februar/März), dem Rapsglanzkäfer (April, Mai, Juni) und dem Rapserdfloh (August, September) das ganze Jahr hinweg einem starken Schädlingsdruck.

Viele Projekte laufen, alle haben dasselbe Ziel

Die Branche arbeitet bereits an langjährigen Projekten in diesem Forschungsgebiet:

Pestired: Das Agroscope-Projekt hat zum Ziel, alternative Massnahmen so zu kombinieren, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 75 % gesenkt werden kann, ohne mehr als 10 % des wirtschaftlichen Ertrags zu verlieren.

Color: Das Bio-Suisse-Projekt «Colza cultivé en agriculturebiologique et choix de variétés tolérantes aux ravageurs» hat zum Ziel, Linien- und Hybridsorten von Raps zu bewerten und die Sortentoleranz gegenüber Schädlingen zu untersuchen.

Auxi-GEN: Träger des Projekts «Auxiliaires Genève» ist das Office cantonal de l’agriculture et de la nature des Kantons Genf. Es soll zeigen, welche Techniken am effektivsten sind, um Nützlinge zu fördern.

HAFL-Projekt: «Rapsanbau ohne Pyrethroide». Das Projekt hat zum Ziel, die Wirkung von Untersaaten und Rübsenstreifen zu unter-suchen. «Damit könnte auf die für Oberflächengewässer stark schädlichen Pyrethroide verzichtet werden», so die Fachhochschule.

«Es ist ein langer Weg»

Fragt man Stève Breitenmoser und Ivan Hiltpold, zwei führende Forscher bei Agroscope in diesem Gebiet, was nebst den laufenden Projekten sonst noch gehen sollte, antworten sie: «Man müsste noch weiter gehen, um mehr Daten und eine nachhaltige Bekämpfung über die gesamte Saison hinweg erreichen zu können. Es ist noch ein langer Weg, denn die Resultate müssen nach der Validierung erst mal kommuniziert werden. Zudem müssen die Landwirt(innen) ein neues Konzept für den Umgang mit Schädlingen erlernen», so die Forscher.

Alternative Bekämpfungsmethoden kosten mehr als die chemischen

«Ein weiterer Parameter ist unserer Meinung nach der Preis und der Mehrwert von Raps, der ohne Insektizide angebaut wird. Denn im Verhältnis zum Aufwand und den umgesetzten Massnahmen (teurer als Pyrethroide, aber nachhaltiger) sollte auch der Preis entsprechend höher sein». Auf die Frage, wie realistisch es ist, dass die biologischen Bekämpfungsmethoden auch im konventionellen Anbau grossflächig angewendet werden, entgegnen sie: «Wir glauben, dass dies grossflächig machbar ist, sofern sich die verschiedenen oben genannten Parameter gleichzeitig entwickeln und von den verschiedenen Akteuren realisiert werden. Sprich, wenn Ent-wicklung der Massnahmenzur Schädlingsbekämpfung undzum Schädlingsmanagement, Preisanpassungen, Beratung und Kommunikation auch gegenüber der Bevölkerung stattfinden», so Hiltpold und Breitenmoser.

Ergebnisse geben Hoffnung

Als wie wirksam stellen sich nun die untersuchten biologischen Methoden heraus? Eine Studie aus dem Jahr 2020 beweist, dass einige dieser Alternativen bereits positive Ergebnisse zeigen. So zum Beispiel die Verringerung der Schäden durch den adulten Rapserdfloh mittels Untersaaten im Raps. Andere Methoden sind schon seit den 90er-Jahren bekannt, so Stève Breitenmoser.Dabei handelt es sich um Rübsenstreifen, die aufgrund des erhöhten Glucosinolat-Gehaltes den Rapsglanzkäfer anziehen, und somit vom Rapsfeld ablenken sollen. «Seit zwei Jahren verzeichnen wir gute Ergebnisse mit Rübsenstreifen gegen den Rapsglanzkäfer», so Stève Breitenmoser. In Kürze steht die Publikation der vielversprechenden Ergebnisse der Untersaat mit Ackerbohnen im Raps an. Hinsichtlich der Bekämpfungder drei Hauptschädlinge Rapserdfloh, Rapsstängelrüssler und Rapsglanzkäfer und des Ertrags seien die Resultate sehr gut, so die Forschenden.

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In der Politik regt sich was

Nicht nur im Rapsfeld, sondern auch in der Politik regt sich bezüglich Pyrethroide etwas. So stellte die Genfer Nationalrätin Delphine Klopfenstein dem Bundesrat vor zwei Jahren die Frage, wann Pyrethroide und Organophosphate in der Schweiz komplett verboten würden. Der Bundesrat antwortete damals, dass die sieben zugelassenen synthetischen Pyrethroide noch überprüft würden. Mittlerweile sind folgende Wirkstoffe zurückgezogen worden:

  • Bifenthrin: Frist für die Verwendung läuft 2022 aus
  • Zeta-Cypermethrin: Frist für Verwendung läuft 2022 aus
  • Alpha-Cypermethrin: Frist für Verwendung läuft 2023 aus
  • Dimethoat
  • Chlorpyrifos
  • Chlorpyrifosmethyl

Auf die Frage, welche Pyrethroide noch zugelassen sind, antwortet das BLV (welches seit Jahres-beginn für PSM-Zulassungenzuständig ist): «Die gezielten Überprüfungen der Pyrethroide Cypermethrin, Deltamethrin, Etofenprox und Lambda-Cyhalothrin sind nach wie vor in Gang», so das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.

Schnell gelesen

Angesichts der Resistenzentwicklung der wichtigsten Schädlinge im Raps ist die Branche gefordert, alternative Bekämpfungsmethoden anzuwenden. Schon lange forschen Institutionen und Organisationen an biologischen Techniken, um den Rapsstängelrüssler, den Rapsglanzkäfer oder den Rapserdfloh aus den Rapsfeldern zu locken und somit auch weniger Insektizide einsetzen zu müssen. Denn diese sind bekanntlich nicht nur für die Ziel-, sondern eben auch für die Nicht-Zielorganismen schädlich, wie die Gewässerforschung heute weiss. Alternativen wie Push-and-Pull oder Untersaaten versprechen bereits Gutes.