Auf dem Rümlisberg der Gemeinde Vordemwald AG versammelten sich vergangene Woche in grosser Anzahl Landwirte und Landwirtinnen für den Stähler-Tag. Die Familie Moor stellt Stähler Suisse bereits seit drei Generationen einen Teil ihrer Felder für Versuche zur Verfügung. Der «Hof auf dem Rümlisberg» befindet sich 459 Meter über Meer, «hier fällt der Niederschlag sehr gut, das Gebiet ist nicht trockenheitsanfällig und eignet sich deshalb sehr gut für Versuche», so Andreas Friedl, technisches Marketing der Stähler Suisse, zu den Ausgangsbedingungen vor Ort.

Aufgrund der immer strengeren Vorschriften und Pflanzenschutzmittel-Einschränkungen im Pflanzenbau, legte der Stähler-Tag Fokus auf einen neuen herbiziden Wirkstoff und Biostimulatoren im Getreideanbau. Zudem wurden im Mais Herbizid-Strategien vorgestellt, die ohne Nicosulfuron und Terbuthylazine auskommen. Besagte Wirkstoffe sind ab 2023 nicht mehr ÖLN-konform und nur mit einer Sonderbewilligung einsetzbar.

Erstmals seit 10 Jahren wurde ein neuer Wirkstoff zugelassen

Simon Gasser, Leiter der Feldversuche, stellte das neue Herbizid «Cerelex» vor. «Es ist höchst selten in dieser Zeit, wo so viele Wirkstoffe vom Markt genommen werden, dass ein Neuer bewilligt wird. Mit Halauxifen-methyl haben wir seit 10 Jahren zum ersten Mal wieder ein neues Herbizid im Getreidebau», ist Gasser sichtlich begeistert. Das Gesuch wurde bereits 2015 eingereicht, bewilligt wurde das Getreideherbizid erst im vergangenen Jahr.

«Das neue Herbizid baut sich relativ schnell in der Umwelt ab.»

Simon Gasser, Leiter Feldversuche bei Stähler, über Cerelex, was keine Abdrift- und Abschwemmungsauflagen hat.

Cerelex kann in allen Getreidearten (ausser Hafer) angewendet werden, im Frühling wie auch im Herbst. Wegen seiner flüssigen Formulierung verspricht es eine einfache Handhabung, so Gasser. Besonders hervorzuheben sei, dass es keinerlei Auflagen und Einschränkungen bezüglich Abdrift und Abschwemmung hat, weil es sich relativ rasch in der Umwelt abbaut. «Bei Anwendung lässt es die Blätter des Unkrauts verkrüppeln. Die Photosynthese wird nicht mehr sichergestellt, die Pflanze kann nicht mehr geordnet wachsen und geht ein.» 

Es wird empfohlen, Cerelex im Stadium 11–29 (Ende Bestockung) im Herbst sowie im Stadium 13–39 (Fahnenblatt) im Frühjahr einzusetzen. 

Mischpartner empfohlen

Auf dem Versuchsfeld können sich die Teilnehmenden von dessen Wirkung überzeugen: Während sich in der unbehandelten Kontrolle Kleber, Stiefmütterchen, Ehrenpreis und vereinzelt auch Windhalm ausbreiten, zeigen sich die behandelten Getreidefelder grösstenteils sauber.

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«Cerelex wirkt vor allem stark gegen zweikeimblättrige Unkräuter, darunter auch Kleber und Ausfallrüben», führt Simon Gasser aus. Allerdings habe das Herbizid eine Schwäche bei Ehrenpreis. «Hier empfehle ich das Beimischen von Talis, einem Nachauflaufherbizid, was auch gegen Stiefmütterchen und Gräser wirkt sowie dem Netz- und Haftmittel Gondor, was die Benetzung und Verteilung von Spritzbrühen verbessert und ein schnelleres Eindringen von herbiziden Wirkstoffen in die Pflanze bewirkt.» Sind Ackerfuchsschwanz (Problem von schweren Böden), Windhalm und Raygräser ein Problem, dann sollte gemäss Gasser als Mischpartner zu Cerelex das Gräserherbizid Derux zum Einsatz kommen – ebenfalls mit dem Netzmittel Gondor. Gegen Windhalm wirke auch das Vor- und Nachauflauf-Herbizid Dancor 70 WG, vor allem, wenn es gleich nach dem Winter ausgebracht wird. «Es ist daher nicht für jeden geeignet, wenn das zeitlich nicht möglich ist», so Gasser.

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Auf den Versuchsparzellen kamen im Frühjahr die Mittel mit folgenden Konzentrationen zur Anwendung:

  • 1 l/ha Cerelex + 200 g/ha Talis + 0,5 l/ha Gondor
  • 1 l/ha Cerelex + 1,2 l/ha Derux + 0,5 l/ha Gondor
  • 1 l/ha Cerelex + 200 g/ha Dancor 70 WG + 0,5 l/ha Gondor.

Schnellerer Wirkstoffabbau als bei Sulfonylharnstoff

Ally Power (Sulfonylharnstoff) habe bisher sehr gut gegen ein- und mehrjährige Unkräuter, auch gegen Ehrenpreis, gewirkt. «Wir gehen aber davon aus, dass sein Wirkstoff mit der Zeit mehr Auflagen erhalten und vermutlich seine Bewilligung verlieren wird, weil das Risiko der Grundwasserverschmutzung bestehe», so Simon Gasser.

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Cerelex könnte nach Gasser eine gute Ablösung von Sulfonylharnstoff sein. Denn Halauxifen-methyl werde im Vergleich schneller im Boden (Halbzeit zirka 40 Tage) und im Wasser (Halbzeit zirka 3 Tage) abgebaut. Allerdings sehe Gasser ein Problem mit Blacken in der Zukunft. «Wir werden keine befriedigende Lösung im Getreide mehr dafür haben, wenn einmal Sulfonylharnstoff verboten wird. Blacken werden dann zunehmend zum Problem», warnt er. Cerelex habe keine ausreichende Wirkung gegen das Problemunkraut.

Neue Strategien im Mais

Auch im Mais ist ab nächstem Jahr mit «massiven Einschränkungen» zu rechnen, sagt Benjamin Kramer, ebenfalls Berater bei Stähler Suisse. Aufgrund dessen testet das Unternehmen verschiedene Strategien ohne den Einsatz der Wirkstoffe Nicosulfuron und Terbuthylazin – Mittel, die ab 2023 nur noch mit einer Sonderbewilligung eingesetzt werden dürfen.  

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In den Versuchen kamen zum einen die Standard-Herbizide Principal (Nicosulfuron) + Successor T (Terbuthylazin) sowie Mazil + Hector Max (Nicosulfuron) zum Einsatz – jeweils mit dem Netz- und Haftungsmittel Gondor. 

Zukünftig ist ein früherer Einsatz besser

Als Ersatzstrategie wurden mit folgendem Ergebnis getestet:

  • 1,4 l /ha Mazil + 40 g/ha Titus + 0,5 l/ha Dicazin 4S + 0,5 l/ha Gondor – Nachtschatten und Ehrenpreis nicht erfasst.
  • 3 l /ha Sitradol Micro + 40 g/ha Titus +  0,8 l/ha Callisto + 0,5 l/ha Gondor – Weisser Klee und Ehrenpreis nicht erfasst.
  • 40 g/ha Titus + 0,8 l/ha Versuchsprodukt + 0,5 l/ha Gondor – zeigen eine gute, vertretbare Wirkung gegen alle? Unkräuter.

Das Versuchsprodukt ist bisher im Mais noch nicht bewilligt, sei aber laut Kramer im Gemüsebau zugelassen. Bis zur möglichen Bewilligung möchte sich Stähler mit dem Produktnamen noch bedeckt halten. 

Die beste Wirkung zeigte die Strategie: 1,4 l /ha Mazil + 40 g/ha Titus + 0,8 l/ha Callisto + 0,5 l/ha Gondor. «Eine Komplettlösung, so wie es sein sollte», nennt Kramer sie.

In Zukunft werde es laut Benjamin Kramer wichtig werden, bereits schon früh mit Herbiziden ins Feld zu gehen: «Wahrscheinlich sind Spritzungen bereits bis zum 10-Blattstadium im Mais vonnöten, damit die Bodenmittel besser wirken können.»

Biostimulatoren sollen Stress bei Pflanzen reduzieren

Biostimulatoren sind momentan noch als Dünger gelistet. Zukünftig sollen sie aber gemäss Julia Bommer, Beraterin bei Stähler Suisse SA, eine eigene Gruppe erhalten. 

Die aus Humin- und Aminosäuren, Algen, Mikroorganismen, organischen und weiteren Substanzen bestehenden Mittel «beeinflussen die Pflanzenhormone und lösen gewisse Stoffwechselprozesse in ihr aus», erklärt Bommer ihre Funktionsweise. Die Toleranz gegenüber abiotischen Stressfaktoren werde verbessert, die Qualitätsmerkmale des Ernteguts erhöht oder die Nährstoffaufnahme in den Wurzeln gesteigert. «Biostimulatoren helfen damit den Produzenten in gewissen Stressituationen den Ertrag zu stabilisieren.» 

Potenzielle Alternative
Im Feldversuch der Stähler Suisse im vergangenen Jahr wurden die Biostimulatoren Sulfo S (5 l/ha) + Iodus 40 (1 l /ha) sowie in einem weiteren Durchgang Sulfo S (5 l/ha) + Vitaly (2 l/ha) in der Weizensorte Arina getestet. Gegenüber gestellt wurden unbehandelte Kontrollparzellen sowie Parzellen, die mit dem Fungizid Variano Xpro (2 x 1,5 l/ha) behandelt wurden. Es zeigt sich, dass Sulfo S eine «gewisse Wirkung» gegen Fusarien auf dem Blatt hat und Fungizide teilweise ersetzen oder ergänzen könnte.

«Im Extenso sprechen wir von Fr. 73.- pro Hektare und 10 kg Mehrertrag», eine überzeugende Tatsache, so Bommer. Die Wirkung wird verstärkt durch die Zugabe von Iodus 40 und Vitaly (siehe Bild). [IMG 6]

Effekte auf die Pflanze
Sulfo S: Ein Flüssigschwefel mit Netzmitteleffekt. Es wird über die Blätter aufgenommen. Wegen der sehr guten Haftfähigkeit ist eine bessere Regenbeständigkeit und längere Dauerwirkung gegeben. Es beugt einen latenten Schwefelmangel vor und optimiert die Stickstoff-Effizienz, erhöht die Qualität sowie die Frosthärte.

Vitaly: Unterstützt die Kultur während gewissen Stress-situationen (z. B. Trockenheit, Hitze, UV-Strahlung, Frost, starke Bise; versalzende oder verdichtete Böden; Nährstoffmangel) und macht sie widerstandsfähiger.

Iodus 40 (mit W-Nummer): Ein Extrakt aus Meeralgen, was die pflanzeneigenen Abwehrkräfte gegen pilzliche, virale und bakterielle Erreger aktiviert. Die Pflanze ist damit gegen einen nachfolgenden Pilzbefall bereits geschützt – kann mit einer Impfung verglichen werden (vorbeugend). Die Wirkdauer beträgt bis zu 40 Tage. 

Neues Mittel
Seit diesem Jahr ist zusätzlich der Biostimulator «Naturamin» auf dem Markt, ein feines Granulat aus Peptiden und Aminosäuren. Es wird vorbeugend vor Stresssituationen eingesetzt, um der Pflanze zu helfen, den Stress zu überwinden. 

Julia Bommer empfiehlt: In der Praxis sollten Biostimulatoren  ergänzend zu Fungiziden eingesetzt werden oder bei Stresssituationen, welche ein langsames Wachstum verursachen (Frost, Herbizidstress, Hitze, Trockenheit).