Jetzt, wo sich die Lage kurzfristig entspannt hat, denkt niemand mehr an den überdurchschnittlich nassen und trüben Frühling. Doch Fakt ist, dass der erste Schnitt in den allermeisten Regionen unter suboptimalen Bedingungen gemacht worden ist – und sich die Konsequenzen davon erst im Winter zeigen werden.

Es sei viel Futter gewachsen, man habe grosse Mengen einfahren können, aber die Qualität ist je nach Höhenlage unterschiedlich, beobachtet Daniel Vetterli, Bioproduzent und Präsident der Thurgauer Milchproduzenten. Die Bestände waren vielerorts überaltert, so der Landwirt. Aber das Jahr sei noch nicht verloren. «Jetzt kommt es auf die weiteren Schnitte an», so Vetterli.

Grosse Schwierigkeiten

Markus Leumann, Leiter Milchbeschaffung bei der Produzentengenossenschaft Mooh, hat die Schwierigkeit erkannt: «Wir stellen in der täglichen Beratung mit den Landwirten gerade in diesem Frühling fest, dass viele sich Fragen zur Futterqualität stellen. Das war in den letzten Jahren so nicht mehr aufgetreten – und zwar in der ganzen Schweiz», so Leumann. Der Experte betont, dass wahrscheinlich bereits heute gemutmasst werden kann, dass im nächsten Winter vom ersten Schnitt weniger Milch erwartet werden muss. Das antizipiert auch Daniel Vetterli.

Mooh will auf die herausfordernden Bedingungen reagieren und wird die Entwicklungen deshalb aktiv verfolgen. Die Schweizerische Vereinigung für Silowirtschaft wird für diese Bestrebungen Hand anbieten, wie dessen Geschäftsleiter René Bünter anmerkt.

Spielt erst im Winter eine Rolle

Auch bei der Branchenorganisation Milch ist die Futterernte ein Thema. So soll diese laut Geschäftsführer Stefan Kohler bei den Richtpreisverhandlungen vom 24. Mai oder bei der Beurteilung der zukünftigen Butterproduktion in der Kommission Butterimporte thematisiert worden sein. «Die jetzt eingebrachte Ernte wird erst in der kommenden Winterfütterung eine Rolle spielen. Ich rechne aber damit, dass die Marktsituation dann von weiteren Faktoren überlagert werden wird. Deshalb sollte man sich jetzt wegen den Einbussen in der Qualität noch nicht den Kopf zerbrechen», bilanziert Kohler.

Heu-Erträge sind vielerorts überdurchschnittlich

Die Ernteerträge beim Heu sei vielerorts tendenziell zwar überdurchschnittlich, zur Qualität würden aktuell aber noch keine Analysen vorliegen, erklärt Jonas Salzmann von der UFA AG, gefragt nach den Auswirkungen im Bereich der Fütterung. «Es ist davon auszugehen, dass die Protein-, Zucker- und Mineralstoffgehalte eher tiefer sein werden, was bei der Fütterung zu berücksichtigen sein wird. Die Verdaulichkeit wird ebenfalls eher tiefer sein», erklärt er. Analysen vor Beginn der Winterfütterung seien sicherlich angezeigt, um eine möglichst optimale Winterfütterung zu gestalten.

Mehr Essigsäure im Silo

Beim Silo könnten die tiefen TS-Gehalte (20 bis 25 % TS) zu einem anderen Gärsäuremuster führen. Das hiesse zu viel Milchsäure, wenig Zucker und mehr Essigsäure. Beim Heu sei die Verdaulichkeit sicher zu beachten. «Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Heu auf dem Heustock darauf achten müssen, dass die Passagerate nicht zu tief ist und der Verzehr somit hoch bleibt. Bei reinen Dürrfutterrationen spielt es sicher noch eine Rolle, wie die folgenden Schnitte ausfallen», sagt Salzmann.

«Die meisten nehmen den Brandschutz ernst»

Die Bauernfamilien haben in den vergangenen Tagen viel Heu eingebracht. Dank des schönen Wetters ist es in der Regel gut getrocknet und eher ältere Ware, beide Faktoren senken das Risiko von Heustockbrand. Dennoch gilt die Messpflicht: Die Temperatur des gelagerten Heus – ob lose oder in Ballen – muss regel-mässig kontrolliert werden. Die Landwirt(innen) tun das, die Gebäudeversicherung Luzern stellt im Moment jedenfalls eine erhöhte Nachfrage nach Heustock-Messsonden fest.

Bauern tun ihre Pflicht
«Wir stellen fest, dass die meisten Landwirte die Sicherheit und den Brandschutz ernst nehmen», sagt Boris Camenzind von der Gebäudeversicherung Luzern (GVL). Entsprechend ist die Anzahl von Heustockbränden derzeit auf tiefem Niveau und nimmt weiter ab. Das hat eine Um-frage bei einigen Gebäude-versicherungen ergeben.
Die Gebäudeversicherung des Kantons St. Gallen beispielsweise verbuchte in den vergangenen drei Jahren keinen einzigen Fall und bis ins Jahr 2013 zurück fünf Brandfälle mit Gebäudeschäden. Im Kanton Luzern ereigneten sich die letzten grossen Brandfälle in den Jahren 2022 und 2020. Regelmässig aufgeboten wird die Feuerwehr dennoch: zur notfallmässigen Belüftung von Futterstöcken und zur Vehinderung von Bränden.

Diesel korrekt lagern
«Ein Punkt, auf den die Betriebe besser achten sollten, ist die korrekte Lagerung von Diesel und anderen Brenn-stoffen», mahnt Camenzind. Andernfalls können die Ver-sicherungen im Ernstfall ihre Leistungen kürzen, wie es bei den letzten beiden Brandfällen im Kanton Luzern der Fall war. Grund für Kürzungen sind Grobfahrlässigkeit sowie eine strafrechtliche Verurteilung. Wenn also beispielsweise ein Landwirt die Temperatur des Heulagers nicht überwacht hat, oder Motorfahrzeuge in feuergefährlichen Räumen parkiert.