«Seit Jahren nimmt der Unkraut- und Ungräserdruck in den Feldbeständen für Futterpflanzensaatgut zu», schreibt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf Anfrage. Das habe zu Mängeln geführt, die aber dank der Aufbereitung «in gewisser Weise» kompensiert worden seien. Die Aktualisierungen in der Vermehrungsmaterialverordnung im Rahmen des Verordnungspakets 2024 trage dieser Gesamtsituation Rechnung.
Zusammen mit Experten
«Wir haben den Eindruck, dass der Unkrautdruck in den Vermehrungsflächen und der Bedarf zur Nachreinigung des Ernteguts zugenommen hat», bestätigt Christian Ochsenbein von der Delley Samen und Pflanzen AG (DSP). Eine Statistik dazu gebe es aktuell allerdings nicht. Die angepasste Tabelle zum Auszählen fremder Arten in den Vermehrungsflächen reflektiert laut BLW die heutigen Problemunkräuter, d. h. jene Pflanzen, die bei der Aufbereitung schwer auszureinigen sind. «Die Anpassungen haben sich aus der Praxis der Feldbestandsprüfungen und Saatgutaufbereitungen der vergangenen Jahre ergeben», so BLW-Sprecherin Florie Marion. Man habe die Aktualisierung der technischen Anforderungen an die Feldbestandsprüfung von Futterpflanzen-Saatgut zusammen mit den Experten des Schweizer Saatgutproduzentenverbands (Swisssem) erarbeitet und die Verordnung gelte nur für die hiesige Produktion.
Tiefere Toleranz
Die Vermehrung von Gräsern und Leguminosen aus Schweizer Basissaatgut geschieht laut Swisssem mehrheitlich im Ausland. «In der Schweiz wird vor allem das Saatgut für ausdauernden Rotklee (Mattenklee), frühe Englisch Raigräser und Wiesenfuchsschwanz vermehrt», erläutert Christian Ochsenbein. Das seien Arten, die sich für die Vermehrung hierzulande eignen.
«Die Grassamenvermehrer in der Schweiz sind absolute Fachleute und produzieren hohe Qualität», versichert Christoph Gämperli von der St. Gallischen Saatzuchtgenossenschaft. Allerdings könne das Auftreten von Ackerfuchsschwanz zur Aberkennung von Vermehrungsflächen führen. «Deshalb kann Wiesenfuchsschwanz nur in ackerfuchsschwanzfreien Parzellen vermehrt werden.» Um die einheimische Produktion dieser Art nicht zu gefährden, habe das BLW die maximal tolerierte Anzahl Ackerfuchsschwanzpflanzen bei Prebasis- und Basis-Saatgut gesenkt.
5 bis 10 Prozent des Bedarfs
Über alle Futterpflanzenarten decke die hiesige Vermehrung etwa 5 bis 10 Prozent des Bedarfs. «Es bleibt ein Ziel der Branche, diese Mengen in der Schweiz zu vermehren», hält Christian Ochsenbein fest und fügt hinzu: «Zurzeit ist es anspruchsvoll, die Produzenten hierfür zu finden.»
Man könne indes nicht sagen, dass die Qualität von im Ausland produziertem Futterpflanzen-Saatgut besser oder schlechter wäre. Schliesslich müssten alle die hohen Schweizer Qualitätsstandards einhalten. «Die übrigen Arten lassen sich im Ausland aber tatsächlich häufig besser vermehren», bemerkt der DSP-Geschäftsleiter. Als mögliche Gründe erwähnt er klimatische Bedingungen, Bodeneigenschaften oder die Spezialisierung ausländischer Betriebe auf diesen Produktionszweig. «Entsprechend sind sie mechanisiert, verfügen über hohes Know-how und sie richten ihre ganze Fruchtfolge auf die Produktion von Futterpflanzen-Saatgut aus.»
Warum mehr Unkraut?
Dass der Unkrautdruck in der Futterpflanzenvermehrung zunimmt, hat laut Christian Ochsenbein verschiedene Ursachen. «Die Produktion von Gräsern bedingt eine gewisse Feldhygiene über die ganze Fruchtfolge», sagt er. Mit der Extensivierung in verschiedenen Ackerkulturen dürfte diese ihm zufolge tendenziell abgenommen haben. «Zudem dürften die zunehmenden Trockenperioden zu lückigeren Beständen und mehr Unkrautdruck führen», so Ochsenbein. Auch erschwere die Reduktion der Anzahl zugelassener Herbizide die Bekämpfung im Feld.